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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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sie dort stand, um mit einem Feldstecher Troms0 aus der Ferne zu betrachten. Offenbar war sie auch nicht gewillt gewesen, Tromsø im Landgang einen Besuch abzustatten.
    Vinzi rollte zu ihr hin, zeigte auf das Fernglas und fragte brav: »Verzeihung, dürfte ich ganz kurz...«
    Die Frau sah aus, als ob sie nichts, aber auch rein gar nichts, an wen auch immer verleihen wollte. Erst recht nicht ihren Feldstecher. Normalerweise. Da aber Vinzi nun mal im Rollstuhl saß und auch noch hilflos mit seinen Beinstümpfen wackelte, blieb ihr einfach nichts anderes übrig, als das Ding rauszurücken; aus Mitleid, oder um den Vorwurf der Behindertenfeindlichkeit erst gar nicht aufkommen zu lassen.
    »Danke!« Vinzi fuhr mit dem Rollstuhl zurück zum rauchenden Plotek. Er hielt sich das Fernglas an die Augen und sah zur anderen Uferseite hinüber. Wo das Polizeiaufgebot auf mittlerweile sieben Fahrzeuge angewachsen war.
    »Scheiße!«
    »Was ist?«
    »Du glaubst es nicht!«
    »Was?«
    »Schau selber.«
    Das machte Plotek dann auch - und schien schlagartig wieder nüchtern zu werden. Afghane dahin, THC verpufft! »Kuhlbrodt!«, kam es aus Ploteks Mund wie zur Vergewisserung. Es klang wie: »Weltuntergang.«
    Genau am gegenüberliegenden Ufer, ein paar Meter abwärts jenseits einer Böschung, lag der tote und nackte Lars Kuhlbrodt. Zugerichtet wie auf dem Polaroid. Drumherum standen jetzt Kriminalbeamte, Polizisten, Sanitäter, Ärzte und ein paar Schaulustige. Sie alle sahen angesichts der nackten Leiche hilflos, überflüssig und sinnlos aus. Vor allem die Sanitäter und Ärzte.
    »Wie angeschwemmt«, sagte Plotek, der das Treiben am Ufer weiter beobachtete.
    »Quatsch, wie hingelegt«, widersprach Vinzi. »Der wurde nicht angeschwemmt, nicht an dieser Stelle! Den hat jemand da abgelegt, damit es aussehen soll, als ob er...«
    »Wer?«, fragte Plotek und wusste es auch so.
    »Neptun und seine Meeresarmee!« Vinzi sprach es aus.
    »Scheiße!«
    »Es wird nicht leicht sein, ihn zu identifizieren. Schon gar nicht auf die Schnelle.« Vinzi überlegte und fügte hinzu: »Und die Verbindung der Leiche zur MS Finnmarken wird den Kommissaren auch nicht gleich einfallen.« Er schüttelte den Kopf: »Wie auch?«
    Plotek beobachtete die Szenerie weiter und sagte plötzlich: »Der Schwanz!« - so wie man sagt: »Der UN-Sonderbeauftragte«.
    »Was?«
    »Penis, Pimmel, Glied, Rute, Schniepel, Zipfel, Johannes!«
    »Ja, schon, aber was ist mit dem...«
    »Ist da!«, ging Plotek schroff dazwischen. Das hätte Kuhlbrodt sicher gefreut, wenn er noch gelebt hätte. Jetzt war es ihm womöglich egal. Vinzi nicht.
    »Was?«
    »Der Schwanz von Kuhlbrodt scheint noch dran zu sein.« Plotek schien es nicht egal zu sein. Sonst hätte er bestimmt nicht darauf bestanden.
    »Aber auf dem Polaroid hat er doch eindeutig gefehlt«, versuchte Vinzi einzuwenden.
    »Sah auf jeden Fall so aus. Aber der hier ist, wenn mich nicht alles täuscht, noch dran.«
    »Das glaub ich nicht.« Vinzi schüttelte vehement den Kopf.
    »Wir werden es wohl nie rauskriegen. Bei dem Auftrieb dort kommen wir niemals näher an die Leiche dran. Schau halt selber mal!«
    Hätte Vinzi auch ganz gerne. Aber keine Chance.
    »Hallo Sie!« Neben den beiden stand jetzt die Alte. Mit einem Sommerhut aus Cord auf dem Kopf. Sie sah die zwei beleidigt an. »So war das aber nicht gedacht. Ich habe Ihnen das Fernglas geliehen!« Sie zeigte mit ihrem knorrigen Zeigefinger auf Vinzi. Anschließend, als wär’s ein Pistolenlauf, auf Plotek: »Und nicht Ihnenl« Soll heißen: Krüppelbonus. »Ich möchte mein Fernglas sofort wieder zurück!« Betonung auf »sofort«.
    Und wenn nicht, dachte Plotek, holt sie dann ihre Heckler & Koch aus der Handtasche und mäht mich nieder? Er lächelte. Er zögerte. Ein Versuch wäre es wert. Dann reichte er ihr das Fernglas doch. Sie grapschte es, machte auf dem Absatz kehrt und zog beleidigt ab, leicht humpelnd, als verursachte ihr das Titan-Gelenk Schwierigkeiten.
    Plotek und Vinzi sahen ihr hinterher. Dann wieder auf die Festlandseite der Stadt.
    »Was wird als Nächstes passieren?«, fragte Plotek, so wie man fragt: »Wann sind wir dran?«
    »IM Broiler; IM Herz.« Vinzi sagte es, als könnte es nicht mehr lange dauern.
    »Bruchmeier und ...!« Plotek stockte.
    »Ich!«
    »Das müssen wir verhindern.« Plotek wirkte entschlossener als je zuvor. Was wiederum umso aussichtsloser klang. »Aber wie?«
    Wieder Schweigen, Rauchen, Nachdenken. Und schließlich ein »Hmm«

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