Ahoi Polaroid
sich wieder zurecht. Womöglich gar nicht wegen des Auftrags. Vielmehr wegen des Bildes, wegen der Person, der Frau. »Ist das deine ...«
Plotek schüttelte entschieden den Kopf. Und: Fehler! Hätte er lieber mal nicken sollen. Andererseits schien Herlinde dadurch immerhin nicht nur erleichtert zu sein, sondern auch gleich motiviert. »Klar, mache ich!«
»Danke.« Plotek stand auf und wollte schon wieder gehen. Auftrag erfüllt, umgehender Rückzug.
»Moment!« Wieder mehr Kommando als Anweisung. Sie griff nach seiner Schulter. »Bleib doch.« Dann sanfter Druck auf selbige. »Das ist ruck, zuck gemacht.«
Schon saß Plotek wieder auf dem Bett. Also nichts mit Rückzug. Herlinde nahm ein paar Stifte und ein Blatt Papier zur Hand und legte los, während Plotek ihr dabei zusah und die Panflötenscheiße im Hintergrund noch immer auf seinen Nervenbahnen herumträllerte. Herlinde redete unentwegt beim Zeichnen. Als wären Mund und Hand völlig unabhängig voneinander und nicht vom selben Hirn gesteuert. Das Geplapper wurde wahrscheinlich überhaupt nicht gesteuert. »Schöne Frau«, sagte sie und meinte die Liebermann. »Dieser Mund, die Stirn, vor allem die Augen... also ich muss schon sagen...« Sagte es dann doch nicht, sondern fragte: »Wer ist denn das?«
»Vinzi!«
»Was?«
»Nein, ich meine Vinzis Frau.«
»Hätte ich jetzt nicht gedacht.«
»Ich auch nicht.«
Fünf Minuten später, während denen Herlinde ausgiebig und bis in die kleinsten Details über Beziehungen im Allgemeinen und über ihre missratenen im Speziellen referierte, während Plotek auf absoluten Durchzug stellte und nur hin und wieder mit »Hmm«, »Oh« und »Aha« reagierte, war das Bild fertig. Es sah zwar nicht unbedingt genauso aus wie das Gesicht auf dem Amulett, aber die Person war eindeutig wiederzuerkennen.
»Danke, sehr schön«, log Plotek. Er nahm das Bild, stand erneut auf und wollte schon wieder Richtung Tür. Ein erneuter Rückzugsversuch. Aber keine Chance.
»Moment noch!« Wieder krallte sich Herlinde in seine Schulter. Wie Dracula. Gleichzeitig trat sie neben ihn und versperrte ihm den Weg. Folge: Rückzug futsch. Flucht gescheitert. Dracula hatte Durst. Aber dann: »Mein Gott, bist du verspannt«, sagte Herlinde und fing sogleich an, dies ändern zu wollen. Sie knetete an Ploteks Schulterpartie herum, wobei sie ihre Arme rhythmisch bewegte, so dass aus dem wallenden Poncho ihr pikanter Geruch geradezu herausgepumpt wurde. »Leg dich doch mal hin!« Kaum gesagt, lag er schon bäuchlings auf dem Bett, während Herlinde über ihm hockte und weiterlaberte. »Du weißt ja, Malen ist nur mein Hobby. Physiotherapie ist meine eigentliche Passion.« Sie lachte wieder mehrdeutig, so dass es Plotek ganz mulmig wurde, paralysiert von ihren Händen, der Stimme, dem ganzen Wesen. »Also, runter mit dem Hemd!« Der Befehl hatte nun schon Truppenübungsplatzqualitäten. »Diese Verkrampfungen und Verspannungen sind ja katastrophal! Da ist irgendetwas in dir völlig blockiert!«
Schon lag Plotek mit entblößtem Oberkörper auf dem Bauch. Herlinde Vogler-Huth machte sich mit ihren muskulösen Händen über ihn her. Wobei sie nach wie vor und ununterbrochen auf ihn einredete, als wäre er eine ADAC-Notrufsäule und sie irgendwo im Nirgendwo, allein nachts um halb eins im Regen und mitten im Wald.
»Das kriegen wir schon hin! Diese Blockade massieren wir dir aus dem Leib! Damit das Qi wieder zirkulieren kann und alle Energien harmonisch durch dich hindurchströmen, damit der Atem kommen und gehen und der innere Atem mit dem äußeren korrespondieren kann, so dass dein neurohormonales System wieder zurück in Einklang mit dir selbst findet und ...« Seine Muskeln schrien, als sähe sein neurohormonales System jetzt ziemlich alt aus und wäre gerade dabei zu kollabieren. Hals, Nacken, Trapez-, Rauten-, unterer sowie oberer Sägemuskel, und alles was sonst noch auf dem Rücken an den Knochen pappt, schmerzte, als würden kleine Rasierklingen darin tanzen. Die gesprochenen Worte von Vogler-Huth ergaben dazu eine Melodie, die mit der Panflötenscheiße zusammen einen bisweilen ekstatischen akustischen Flow aufbaute, der Plotek zuerst ganz dusselig machte. Dann mit zunehmender Zeit auch schläfrig, während Herlinde auf seinem Rücken hockte und anfing, mit dem ganzen Körper zu massieren. Body to Body quasi. Er spürte jetzt nicht nur ihre durchtrainierten Hände, sondern auch ihre festen Brüste auf seinem Rücken. Und noch mehr: Der
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