Aina - Herzorgasmus
Bewegungen, als zögen unsichtbare Bänder an ihren Gliedern, oder als seien ihre Glieder unmittelbar mit seinen verbunden. Als er sich nach rechts drehte, drehte sie sich nach links und als er mit langsamen Schritten einen Halbkreis um sie herum zog, zog ihr Körper einen ebensolchen Kreis in die entgegengesetzte Richtung. Es war fast, als würden sie sich spiegeln. Und es geschah von ganz allein. Er blieb erst dann wieder stehen, alssein Gesicht im Mondlicht aufleuchtete. Erst dann blieb auch Aina stehen und wich fassungslos ein paar Schritte zurück, bis sie gegen ihren Schrank stieß. Seine Haut schimmerte so hell und makellos wie feinstes Porzellan und seine dunklen Augen stachen daraus hervor wie zwei pechschwarze Edelsteine. Er war schön. Atemberaubend schön. Markant, männlich und von unbeschreiblicher Perfektion. Doch sein Blick war kalt und sein Gesicht wirkte trotz seiner leuchtenden Schönheit finster und unheimlich. Und doch war sie in seiner Gegenwart und angesichts der Tatsache, dass hier ein Einbrecher in ihrem Wohnzimmer stand, seltsam ruhig und entspannt. Nur ihr Herz hämmerte wie wild geworden gegen ihre Brust. Vor Aufregung. Vor Faszination. Vor… Glück. Sie war ihre verrückten Gefühle schon seit langem gewohnt, doch in einer solchen Situation Glück zu fühlen, ging selbst für ihre Verhältnisse zu weit. Sie versuchte sich zur Vernunft zu rufen, aber sie suchte vergeblich ihr Gehirn. Es war wie betäubt.
Als sie jedoch bemerkte, wie seine pechschwarzen Augen an ihr hinunter sahen, schaltete sich endlich ihr Verstand ein. Ihr wurde mit Schrecken klar, dass sie in Unterwäsche vor ihm stand und geriet sofort in Panik. Schnell hob sie die Arme, um sie vor ihrem Brustkorb zu verschließen, woraufhin seine Augen wieder hinauf zu ihrem Gesicht wanderten. Langsam und gemächlich. Dann suchte sie nach Fluchtmöglichkeiten und nach Gegenständen, die sie zur Verteidigung einsetzen konnte. Ihr fiel sofort die große Glasvase ein, die immer auf dem Wohnzimmertisch gestanden hatte. Doch sie war fort. Und auf einmal erinnerte sie sich wieder an die Nacht, die aus ihrem Gedächtnis gelöscht gewesen war, wie eine überflüssige Szene aus einem Film. Ihr fielen die Männer ein, die sie beobachtet hatten und von denen einer vor ihrem Haus gestanden hatte. Sie sah sofort wieder die unwirklich schnellen Bewegungen vor sich.Sie waren ebenso unwirklich gewesen, wie die langsamen Bewegungen dieses Einbrechers. Nur anders. Schnell. So unfassbar schnell. Sie hatte vor Schreck die Vase vom Tisch geschmissen und war direkt hineingefallen. Sie berührte ihren Arm, doch er war unversehrt. Sie hatte doch das Blut gesehen! Ihr Pullover war voller Blut gewesen! Auf einmal wurde ich auch klar, was sie so sehr an Andis Beinverletzung irritiert hatte. Sie hatte sie an ihre eigene Verletzung erinnert. An eine Verletzung, die nicht mehr da war. Und plötzlich kehrte der Mann in ihr Bewusstsein zurück, der kurz darauf in ihrem Wohnzimmer gestanden hatte. Sie hatte ihn schon an seinem Aftershave erkannt, bevor sie überhaupt sein Gesicht gesehen hatte. Es war der Peiniger der Frau gewesen, die sie in ihrem Traum gerettet hatte. Es gab ihn also wirklich?! Dieses Scheusal, das…
Aina stockte der Atem. Wenn es ihn wirklich gab, hatte sich dann auch diese Nacht wirklich ereignet? Die Nacht, in der sie ihn mit ihren Schlüsseln attackiert hatte? Aber warum hatte sie keine Beweise mehr vorfinden können? Aina fasste sich verzweifelt an den Kopf. Sie wusste nicht mehr, was Realität und was Traum war. Ihre Gedanken verhedderten sich und ließen sich nicht mehr ordnen. Wenn sie alles nur geträumt hatte, wo war dann die Vase?
»Vor einigen Nächten… «, sprach der Mann vor ihr plötzlich.
Seine Stimme jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper und ging ihr durch Mark und Bein. Sie klang so vertraut. Seltsam vertraut. Und warm. Und sie löste eine bekannte Sehnsucht in ihr aus, die ihr Verstand jedoch sofort versuchte abzuschütteln. Eine Sehnsucht, die sie des Nachts, wenn der Mond in ihr Schlafzimmer schien, immer wach liegen ließ. Eine Sehnsucht, die sie so oft mit einem solchen Feuer ergriff, dass sie sie nur noch mit ihren Medikamenten löschen konnte. Sie war verboten,denn sie verwandelte sie in einen Menschen, der sie nicht sein wollte.
»… hast du jemanden angegriffen«, fuhr er mit ruhiger Stimme fort.
Aina fuhr ein eiskalter Schrecken durch den Leib. Sie sah den Mann sofort wieder vor sich und spürte erneut
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