Aina - Herzorgasmus
verwickelt war, das ein schlechtes Licht auf sie warf. Er fragte sich nur, warum sie ihn allein herbestellt hatte, um es ihm zu sagen, anstatt es sofort groß in die Welt hinauszuposaunen. Vermutlich war es nur eine Taktik, dachte er. Sie wollte als die Gute dastehen. Wenigstens einmal in ihrem Leben.
Andi nahm wieder sein Handy und wählte jetzt Ainas Nummer, während er den Raum verließ. Doch sie ging nicht ran.
»Verflucht«, raunte er und rief sie noch zwei Mal auf dem Weg nach draußen an. Aber es erklang nur ihre Mailbox. Draußen auf der Straße wählte er dann die Nummer ihres Vaters. Er nahm sofort ab.
»Walt? Wo ist Aina?«
»Wieso? Ist etwas passiert?«, fragte Walter am anderen Ende sofort besorgt.
»Ich muss sie einfach nur sprechen«, sagte er mit beruhigender Stimme.
Doch Walter hörte deutlich heraus, dass etwas nicht stimmte. »Ich kann sie nicht erreichen«, berichtete er. »Schon den ganzenTag nicht. Keine Ahnung, wo sie steckt. In der Redaktion ist wohl immer noch die Hölle los. Alle Leitungen sind besetzt.«
»Na gut«, seufzte Andi. »Ich melde mich, wenn ich etwas von ihr höre.« Er ging vom Hinterausgang des Gebäudes durch eine Gasse in Richtung Straße und steckte sein Handy wieder ein. Als er den Kopf hob, bemerkte er einen Mann, der noch vor dem Ende der Gasse an der kahlen Wand lehnte und ihn anstarrte. Andi ging direkt auf ihn zu und versuchte lässig zu wirken, obwohl ihn der Anblick des Mannes in Alarmbereitschaft versetzte. Er wusste nicht genau, wieso. Vielleicht lag es an seinem überheblichen Blick, an seinem eiskalten Gesichtsausdruck oder an seinen unheimlichen, pechschwarzen Augen, die so gar nicht zu seinem Gesicht passten. Er war blond und sehr hellhäutig. Seine Augen wirkten wie zwei tiefschwarze Löcher in seinem bleichen Gesicht.
»Ich kann dir sagen, wer sie ermordet hat«, erklang es plötzlich aus seinem grinsenden Mund. Seine Stimme klang wie Stahl. Aalglatt und durchdringend. Er stützte sich mit einem Bein von der Wand ab und kam langsam auf Andi zu. »Das willst du doch wissen, nicht wahr?«
Andi blieb stehen und legte seine Hand an seinen Revolver. »Wer sind Sie?«
Der Mann lachte, wobei seine weißen Zähne blendend schön und gefährlich aufblitzten. Irgendetwas daran war seltsam. »Spielt keine Rolle«, sagte er und gab jemandem hinter Andreas ein Zeichen.
Andi fuhr sofort herum und sah, wie jemand unnatürlich schnell in das Gebäude lief, aus dem er gerade gekommen war. Er traute seinen Augen kaum. Als er sich wieder umwandte, stand der seltsame blonde Typ direkt vor ihm. Andreas riss reflexartig seinen Revolver aus der Halterung, sprang einen Schritt zurück und zielte mit dem Lauf auf seine Brust. »Händenach oben!«, schrie er ihn an.
Wieder lachte der Mann. Und jetzt bemerkte Andi auch die Eigenart seiner Zähne, die ihn zuvor stutzig gemacht hatte. Sie war jetzt nur viel ausgeprägter, als noch vor wenigen Sekunden. Seine Eckzähne traten ungewöhnlich weit aus seinem Kiefer heraus. Und ihm war, als wüchsen sie mit jeder Sekunde weiter. Ihm fiel sofort die Bisswunde an der Leiche der Frau ein. »Sie!«, hauchte er.
»Oh nein«, lachte der Mann. »Nicht ich. Der Mann, den Sie suchen, heißt Peter. Hieß«, berichtigte er sich redefreudig. »Er ist nicht mehr gesehen worden, seit Er eingetroffen ist. Vermutlich hat er ihn vernichtet. Der Hölle sei Dank. Er war ein Nichtsnutz. Hat nur Probleme gemacht. Spuren hinterlassen, die wir jetzt verwischen müssen.«
Andi sah ihn verständnislos an und wollte gerade noch einmal seine Zähne betrachten, um sicherzugehen, dass er sich die wachsenden Eckzähne nicht eingebildet hatte, da bemerkte er, dass er seinen Blick nicht von seinen Augen lösen konnte. Er war wie gefesselt. Gefangen in dieser schwarzen, endlosen Tiefe.
»Wir wussten, dass es irgendwann dazu kommen würde. Er hat sich sein eigenes Grab geschaufelt mit seinem respektlosen, dümmlichen Gehabe. Aber was rede ich…«
Es war faszinierend in seine Augen zu sehen. Ja, geradezu berauschend. Er wollte gar nicht mehr wegsehen. Er wollte seinen Blick nie wieder von dieser Leere lösen. Was war los mit ihm?
»Du wirst dich damit nicht befassen. Das ist 'ne Nummer zu groß für dich.«
In seinem Kopf wurde es auf einmal still. So angenehm still. Alles trat in den Hintergrund. Geräusche, Gerüche, Farben, Gefühle, Gedanken, Sorgen… Alles war verschwunden. Ertrunken in diesem Nichts. Nein, er wollte nie wiederwegsehen. Allein der
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