Aina - Herzorgasmus
schwarzen Augen über seinem Arm hervorlugten.
»Sie… hat sich damals auf dich eingelassen, oder?«, fragte sie zittrig. »Und du… hast sie zerstört.«
Jetzt stieß er sich schwungvoll von dem Kamin ab und kam mit einem eiskalten Blick auf sie zu. »Deine Mutter«, sagte er, »ist eine von uns. Das war sie schon, bevor mein Bruder sie sich geholt hat. Sie war ein Rädchen in unserem Getriebe. Sehr loyal.«
Aina wich mit Tränen in den Augen von ihm zurück. »Nein«, hauchte sie. »Das glaube ich nicht.«
»Was ist mir dir, Aina?«, fragte er provozierend. »Hast du sie nicht immer selbst als böse, verrückt und krank bezeichnet? Als eine Mörderin? Nun, sie war eine Mörderin! Sie war böse. Aber jetzt, wo du die Wahrheit erfährst, willst du es plötzlich nicht mehr wahrhaben?«
»Hör auf!«, sagte sie. Ihr liefen unablässig Tränen über das Gesicht, die Rece sichtlich verstörten.
Jetzt nahm er plötzlich ihre Hand und zog sie unsanft zur Treppe, wobei sie mehrmals stolperte. Dann hob er sie auf seinen Arm, lief die Stufen in einem unsagbaren Tempo hinauf und trug sie bis ins oberste Stockwerk des Schlosses. Dort stellte er sie vor ein Fenster und zerrte die Vorhänge zur Seite. »Sieh hinaus«, sagte er. »Sieh dir die Welt an, in der du lebst.«
Aina blickte hinaus und sah über den Wald hinweg die kleine Stadt in der sie lebte. Sie lag friedlich da. Eingebettet in eine Hügellandschaft und umrahmt von dunklen Wäldern. Idyllisch und wunderschön.
»Ja«, hauchte er in ihr Ohr. »Sie ist friedlich, deine Welt. Voll mit Menschen, die nach Glück und Zufriedenheit streben. Sie leben ihr Leben und arbeiten jeden Tag dafür, ein Stück davon abzubekommen. Sie wollen sich ihre Wünsche erfüllen, Wohlstand erleben, geliebt werden und glücklich sein und bekämpfen alles, was diesem Lebensziel im Weg steht. Armut, Hass, Wut, Traurigkeit, Pech, Mangel. Sie leben in dieser polaren Welt der Gegensätze in der sie streben und kämpfen und merken nicht, dass sie von etwas kontrolliert werden. Etwas, das diese Welt bewegt. Jemand hält die Fäden in der Hand und sorgt dafür, dass sie weiterhin etwas haben, das sie anstreben und bekämpfen können. Jemand, der für ihr Glück sorgt, damit sie weiterhin Unglück fühlen können und jemand, der sie Angst spüren lässt und gleichzeitig Liebe für sie bereit hält. Denn ohne Liebe gibt es keine Angst und ohne Unglück kein Glück. Diese schöne Welt, in der du lebst, wird von einer Macht gelenkt, die schon so lange existiert, wie die Menschen selbst. Eine Macht, die alle Fäden in der Hand hält und alles lenkt.« Er hielt einen Moment inne und berührte ihr Ohr mit seinen Lippen. »Mich«, hauchte er dann.
Ainas Herz raste und ihre Tränen fielen auf die Fensterbank. Was sagte er da? Es konnte unmöglich sein, dass er die ganzeWelt in den Händen hielt. Plötzlich zog er etwas aus seiner Tasche und schlug es vor ihr auf die Fensterbank. Direkt auf ihre Tränen. Es war ein Foto von ihrer Mutter. Abgegriffen und zerknickt. Sie griff danach und brach jetzt erst richtig in Tränen aus.
»Was… habt ihr mit ihr gemacht??« Sie sah verändert aus. Blass und geschminkt. Ihr Blick war kalt und ihre Gesichtszüge hart.
»Sie hat diese Welt durchschaut, Aina«, sagte er jetzt. »Sie hat gewusst, wie die Sache läuft und wer die Fäden in der Hand hält. Deswegen hat sie sich auf unsere Seite geschlagen, um dich zu schützen.«
Aina drehte sich sofort zu ihm um und sah ihn mit großen Augen an. »Was?«
Er erwiderte ihren Blick sehr lange und innig, bevor er weitersprach. »Von wem würdest du deine Tochter beschützen lassen, in einer Welt, in der das Böse regiert und die größte Macht die Dunkelheit ist?«
Sie konnte nicht glauben, was er da sagte. Ihre Mutter hatte sie beschützen wollen?
»Du hast also Recht«, sagte Rece jetzt wieder kühl. »Sie hat sich auf den Teufel eingelassen. Und sie hat einen Deal ausgehandelt, der deinen Schutz vorsah. Doch dieser Deal ist geplatzt, als du einen deiner Beschützer angegriffen hast. Und jetzt will mein Bruder deinen Tod.«
19
Emilia
Sie ist tot.
Gut. Angor spürte, wie Rece die Verbindung kappte und wandte sich wieder seinen Geschäften zu. Es waren nur sieben Nox anwesend. Nox, so bezeichnete er seine Art. Oder seine Unterarten. Sie alle waren Nox. Egal, um welchen Rang es sich handelte. Doch die unterste Schicht seiner Schöpfungen waren diejenigen, die einen menschlichen Körper besaßen und sich von
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