Aina - Herzorgasmus
tödlicheMischung.
»Pass nur auf«, sagte sie jetzt knurrend vor Wut, »dass es nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Denn je mehr Glück die Menschen empfinden, umso schwächer wirst du.«
Er spürte, dass sie sich dieses Szenario herbeisehnte, um ihn leiden zu sehen, doch damit entfachte sie nur noch ein stärkeres Feuer in ihm. Mehr Leidenschaft. Mehr Stolz. Er hatte sie wirklich gut ausgewählt. Sie war eine gefährliche Waffe. Und nur er hatte sie unter Kontrolle. »Dein Plan geht nicht auf, Liebes«, sagte er lächelnd und erfreute sich für einen Moment an ihrer eiskalten Schönheit. »Wir leben in einer polaren Welt und es wird immer beide Seiten geben. Je mehr Glück die Menschen also empfinden, umso mehr Unglück muss geschehen. Es ist also egal, was ich erschaffe. Ob ich sie Glück erleben lasse oder Unglück. Es wird mich in beiden Fällen stärken. Weil sie sich im Glück immer vor Unglück fürchten und im Unglück immer nach Glück sehnen werden. Und so lange sie das tun und beide Pole aufrechterhalten, kann ich mich zurücklehnen.« Er ging zufrieden an ihr vorbei, zwinkerte ihr zu und lachte leise.
Emilia blieb wütend da stehen und sah ihm nach, als wollte sie ihm ein Messer in den Rücken rammen. Und gleichzeitig spürte sie immer noch die Faszination, die sie schon vor 20 Jahren erfasst und sie an ihn gekettet hatte. Doch sie war nichts im Vergleich zu der Verbindung, die sie mit ihm eingegangen war, als er sie erschaffen hatte. Eine Verbindung, die sie – trotz ihres Hasses – Loyalität fühlen ließ.
»Selbst du, Emilia«, fügte er noch hinzu, als er sich an der Bar einen Drink eingoss, »kommst aus dieser Polarität nicht heraus.« Er nahm einen Schluck und sah sie dann an. »Du hast Angst davor deine Tochter zu verlieren und sehnst dich nach ihrem Glück. Zwei Pole, die dich verletzlich und manipulierbar machen.« Jetzt kam er langsamen Schrittes auf sie zu. »Und diedich dazu gebracht haben einen Pakt mit mir zu schließen. Hättest du dich nicht vor dem Tod deiner Tochter gefürchtet und ihre Unversehrtheit gewünscht, wäre das alles nicht passiert. Du kannst es also drehen und wenden wie du willst. Solange es die Polarität gibt, gibt es auch mich. Denn, ich bin die Polarität.«
Emilia bebte innerlich vor Zorn und spürte, wie ihr die Mordlust zu Kopf stieg und das tödliche Wesen weckte, das sie nun war. »Du hast dich nicht an diesen Pakt gehalten«, knurrte sie, wobei ihre Eckzähne langsam hervortraten. Ihre Augen färbten sich rot und schärften ihren Blick. Ebenso schärften sich auch ihre anderen Sinne um ein Vielfaches.
Angor knallte jetzt sein Glas auf den Tisch, wobei es zersprang und schrie sie dabei an: »Nein, DU hast dich nicht an den Pakt gehalten!« Sein schönes Gesicht war vor Wut verzerrt. Er fühlte sich von ihr verraten und hintergangen.
»Ich habe ihr nichts gesagt, Angor!«, schrie Emilia zurück.
Er ging jetzt wieder zur Tür, drehte sich noch einmal um und sagte: »Es spielt ohnehin keine Rolle mehr. Sie ist tot.«
Emilia blieb das Herz stehen. Zumindest für ein oder zwei Schläge setzte es aus. Die Wut in ihrem Gesicht zerfiel unter einem Schrecken, der ihr eiskalt durch die Adern zog. Und gleichsam fiel auch all ihre Kraft in sich zusammen. »Nein«, hauchte sie. »Nein.« Ihr schossen Tränen in die Augen und ein unerträglicher Schmerz breitete sich in ihr aus. »Rece«, flüsterte sie, »er hat sie nicht umgebracht.«
»Oh doch, das hat er«, sagte er mit einem provokanten Funkeln in den Augen. »Und jetzt sieh dich an. Mit all dem Schmerz, dem Hass und der Mordlust in deinem Gesicht, gibt es dennoch nichts, was du gegen mich tun kannst. Denn jeder hasserfüllte Gedanke und jeder Funke Schmerz erhält nur die Polarität aufrecht, die meine Existenz sichert. Sieh es ein, Emilia. Diese polare Welt ist mein. Und du gehörst dazu.«
20
Ekstase
Als Aina die Augen öffnete, lag sie wieder im Bett und Rece stand wieder in der Tür. Es war dunkel, doch von irgendwo her strahlte eine angenehme Wärme aus und ein sanftes, flackerndes Licht. Er hatte den Kamin angezündet, der nun leise vor sich hin knisterte.
»Wieder wach?«, sagte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah wunderschön aus in dem warmen, roten Licht des Feuers.
Aina seufzte. »Diese Sache«, sagte sie leise, »dass du die ganze Welt kontrollierst… hat mich wohl überfordert.«
Er schmunzelte. »Du bist noch benommen. Das geht vorbei.«
Aina hob leicht den Kopf an.
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