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Aina - Herzorgasmus

Aina - Herzorgasmus

Titel: Aina - Herzorgasmus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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ganz still. Sie sahen sich nur an. Aina ging einige plausible Erklärungen, wie die, dass sie einfach nicht fest genug zugeschlagen hatte, durch. Sie hatte ihn offenbar nicht stark genug verletzt. Es hatte wohl schlimmer ausgesehen, als es tatsächlich gewesen war. Irgendeine Erklärung musste es ja geben. Das sagte ihr ihr gesunder Menschenverstand. Kein Mensch steht einfach wieder auf, nachdem ihm die Halsschlagader aufgerissen worden war. Jetzt wurde ihr wieder schlecht. Als Aina einfach nur blass wurde und nichts entgegnete, ließ die Frau resignierend ihre Hand sinken und wurde wieder ernst. Der gequälte Ausdruck blieb dabei in ihrem Gesicht haften.
    »Du kannst nicht zur Polizei gehen«, sagte sie dann ruhig. »Die lassen sich nicht finden.« Jetzt hauchte sie wieder ein verzweifeltes Lachen aus. »Die existieren nicht einmal.«
    Aina sah sie skeptisch an. »Was soll das heißen, sie existieren nicht?«
    Die Frau schien eine Weile zu überlegen, ob sie ihr anvertrauen sollte, was sie wusste. Dabei spiegelte sich in ihrem Blick eine tiefe Verzweiflung wider, die sich bald in völlige Resignation verwandelte. »Die werden mich sowieso von der Bildfläche verschwinden lassen, also tut es nichts mehr zur Sache«, sagte sie seufzend zum Fußboden. Als sie wieder aufsah, wirkte sie fast ein wenig erleichtert und auf eine erschreckende Weise friedlich. »Und du wirst mit diesem Wissen nichts anfangen können, weil es nicht in dein Weltbild passt. Also«, sie lachte wieder, wobei ihr eine Träne über die Wange lief, »vergissfür einen Moment einmal alles, was du über diese Welt zu wissen glaubst«, bat sie und hob beschwichtigend die Hände, als sich Aina mit einem abwehrenden, skeptischen Blick zu wehren begann. »Nur für einen Moment!«, bat sie. »Und stell dir den Hass, die Wut, die Verzweiflung, die Angst, den Kummer und den Schmerz… stell dir alles Böse und Schlechte, all die Dunkelheit auf dieser Welt als ein Wesen vor. Kannst du dir so ein Wesen vorstellen?«, fragte sie und kam einen Schritt näher auf Aina zu.
    Aina sah sie nur erschrocken an.
    »Dann weißt du, was die sind. Und dann weißt du auch, warum du verschwinden solltest, bevor sie dich finden. Ruh dich nicht auf dem Glück aus, das du vorhin gehabt hast. Die machen keine Fehler«, sagte sie wieder. Mit diesen Worten drehte sie sich einfach um, ging humpelnd aus dem Badezimmer und verschwand, ohne noch ein Wort zu sagen, aus ihrer Wohnung.
    Aina lief ihr nicht hinterher. Sie blieb erstarrt stehen, berührte die Gänsehaut an ihren Armen und blickte noch lange mit erschrockenem Gesicht und rasendem Herzen die Haustür an, die die Fremde hinter sich zugeschlagen hatte. Der laute Knall, der immer noch in ihrem Kopf widerhallte, weckte sie einfach nicht. Sie wachte aus diesem fürchterlichen Albtraum einfach nicht auf.

2
Traum und Wirklichkeit
     
    Als Aina die Augen öffnete, sah sie winzige Staubpartikel in dem Sonnenstrahl tanzen, der durch das Fenster fiel. Kleine, leuchtende Punkte, wie Glitzer, den eine Fee zurückgelassen hatte, die durch den Raum geflogen war. Sie war fasziniert von diesem Anblick. Fasziniert davon, dass sie dieses kleine Schauspiel sehen konnte. Sie hob die Hand und hielt sie in den Strahl. Es fühlte sich warm an. So schön warm. Und es erfasste sie ein Glücksgefühl darüber, dass sie in der Lage war zu fühlen. Einen Körper zu haben, der all dies wahrnehmen konnte. Wärme, Kälte, Helligkeit, Dunkelheit. Es war ein Wunder. Als jedoch ihr Verstand langsam erwachte, kniff sie die Augen zu und tastete ihren Nachtschrank nach ihren Medikamenten ab. Sie kannte den Ablauf dieses Gedankenspiels schon. Nach der Faszination über ihre Wahrnehmungsfähigkeit, kamen andere Gedanken. Andere Gefühle. Abnorme Sehnsüchte, verrückte, dunkle Leidenschaften, aggressive Gelüste… Denn ihre Faszination darüber, fühlen zu können, beschränkte sich nicht nur auf positive Gefühle. Und ihre einzige Möglichkeit die Kontrolle darüber zu behalten, war, ihre Gefühle völlig zuunterdrücken. Wenn sie es nicht tat, würden sie einfach aus ihr herausbrechen wie ein unkontrollierbarer Vulkan.
    Plötzlich fiel ihr die letzte Nacht ein. Sie sickerte in ihr Bewusstsein zurück wie Eiswasser und erfasste sie mit einem ebensolchen Schauer. Sie sprang sofort aus dem Bett, rannte um die Ecke und sah sich in ihrer Wohnung um. Alles sah normal aus. Aina hielt sich die Hand an den schmerzenden Kopf und seufzte. Sie wusste selbst nicht, was sie

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