Airborn 01 - Wolkenpanther
Er wiegte sich beim Bügeln in den Hüften und summte irgendeinen Ohrwurm. Ich hatte Glück, dass Baz Hilcock die Kabine mit mir teilte. Er war achtzehn, stammte aus Australien und war freundlich, lustig und immer gut gelaunt. Nach unserer Ankunft in Sydney würde er einen Monat lang auf Landurlaub sein.
»Noch drei Tage, dann sehe ich endlich Teresa wieder«, sagte er und zwinkerte mir zu. Teresa war seine Freundin, ihr Bild hing neben seiner Koje. Es zeigte sie in einem knappen Badeanzug, lachend und am ganzen Körper braun gebrannt. Sie sah darauf so weiblich aus, dass es mir peinlich war, das Bild längere Zeit anzuschauen – auch wenn ich es gern getan hätte. Aber es kam mir immer so vor, als sei dieses Bild nicht für mich bestimmt. Baz sprach gerne über sie, und ich hörte meistens auch gerne zu, wenn er mir aus ihren Briefen vorlas, und freute mich über sein Vertrauen.
Baz schaute von seiner Bügelarbeit auf und grinste mich an.
»Weißt du was, Kumpel? Ich werde ihr einen Heiratsantrag machen.«
»Wirklich?«, entgegnete ich erstaunt. Eine Heirat schien mir eine ziemlich große Sache zu sein, etwas so Erwachsenes, dass ich darüber gar nicht nachdenken wollte. Ich fühlte einen Stich von Traurigkeit, als hätte Baz sich gerade für immer von mir verabschiedet und wäre auf dem Weg zu einem Ort, an den ich ihm niemals folgen könnte.
»Klar«, nickte er. Dann knöpfte er sein Jackett zu und prüfte seine Frisur in dem winzigen Spiegel an unserer Tür. »Wir haben schon darüber geredet, und ich finde, es wird langsam Zeit. Ich habe eine gute Stelle und werde wahrscheinlich in ein oder zwei Jahren zum Zweiten Steward befördert, wenn Cleaves endlich über Bord gesprungen ist. Vermutlich sogar noch früher, so fix und fertig wie der aussieht.«
Ich lachte und zog meine blaue Hose an. Meine Schuhe sahen so aus, als könnten sie noch eine Nacht ohne Putzen überstehen. Ich schlüpfte hinein.
»Und was ist mit dir los?«, fragte Baz. »Du hast ziemlich fertig ausgesehen, als du vorhin reingekommen bist.«
»Ich bin nicht Segelmachergehilfe geworden«, sagte ich und erzählte ihm von meinem Gespräch mit dem Kapitän.
»Ich glaube, ich hab den Kerl schon gesehen«, sagte Baz. »Ich wette zehn zu eins mit dir, dass er vom Schiff fällt, ehe wir Land sichten. Tut mir echt Leid für dich, Matt. Schlimmer hätt's echt nicht kommen können.«
»Der Kapitän sagt, er sei auf der Akademie gewesen.«
»Ooooh, ja, die tolle Akademie«, flötete Baz mit hoher Stimme. »Die Akademie, wo man lernt, beim Fliegen auch schön artig Bitte und Danke zu sagen.«
Ich kicherte, aber tatsächlich wünschte ich mir insgeheim, ebenfalls die Akademie besuchen zu können, eine Schule, wo man zum Steuermann oder Höhensteuerer ausgebildet wurde und hinterher ein Diplom dafür erhielt. Aber es war zu teuer. Den Großteil meines Gehalts schickte ich meiner Mutter nach Hause. Meine Schwestern und sie benötigten das Geld dringender als ich. Hier oben in der Luft brauchte ich kein Geld – mein Essen und meine Kleidung wurden mir von der Schifffahrtsgesellschaft zur Verfügung gestellt.
Baz zwinkerte mir zu. »Mach dir keine Sorgen, Matt. Du bist durch und durch ein Luftmann. Dich wird nichts aufhalten können. Ich wette meine Backenzähne und mein Bein darauf, dass du innerhalb von zehn Jahren auf der Kommandobrücke der Aurora stehen wirst. Und denk daran: Du bist noch sehr jung! Unser Schiffsküken! Ich erinnere mich noch daran, wie wir dich zum ersten Mal an Bord getragen haben, damals, als du noch in den Windeln gelegen hast. Ach, das waren noch Zeiten, als ich dir die Flasche gab und …«
»Halt den Mund!« Ich lachte.
»Wir sind ja alle so stolz darauf, wie groß du geworden bist, kleiner Matt«, sagte er und wich mir tänzelnd aus, als ich mit meiner Krawatte nach ihm schlug. Doch seine gute Laune und seine Zuversicht munterten mich wieder auf.
»Komm schon«, sagte er und reichte mir mein warmes, frisch gebügeltes Hemd. »Bind dir den Schlips um, dann holen wir uns was zum Abendessen.«
Die Mannschaftsmesse befand sich auf dem Unterdeck, neben der unteren Kombüse und der Bäckerei. Es war ein gemütlicher Raum mit sechs großen Sitzecken, in denen etwa ein Drittel der Besatzung Platz fand. Die Offiziere hatten ihre eigene Messe, dort gab es größere Tische und Porzellangedecke und Leinenservietten, aber genau das gleiche Essen. Die Mahlzeiten an Bord der Aurora waren einfach himmlisch. Die Besatzung und die
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