Airborn 01 - Wolkenpanther
vor. Ich kauerte mich nieder, versuchte zu Atem zu kommen, und musterte die anderen Mannschaftsmitglieder, die bleich vor Erschöpfung um mich herumsaßen. Lunardi nickte mir zu, zu müde zum Sprechen.
Auf dem Axialsteg wartete Mr Riddihoff auf uns.
»Wir müssen die Passagiere zu den Sammelplätzen bringen und die Rettungswesten verteilen«, sagte er. »Ihr wisst ja von den Übungsmanövern, wie das geht.«
Nur, dass es sich diesmal nicht um eine Übung handelte.
»Müssen wir auf dem Wasser notlanden?«, fragte Lunardi.
»Wir haben zu viel Hydrium verloren«, sagte Mr Riddihoff. Seine Haut war wächsern. »Wir können nicht in der Luft bleiben.«
»Ist kein Land in der Nähe?«, fragte ein anderer.
»Wir befinden uns mitten über dem Pazifikus. Die Piraten haben uns weit vom Kurs abgebracht. Die nächste in den Karten verzeichnete Insel ist mindestens tausendfünfhundert Kilometer weit entfernt. Das heißt, wir müssen eine Wasserlandung wagen, meine Herren.«
Mehr gab es nicht zu sagen. Alle Besatzungsmitglieder eilten in verschiedene Richtungen davon, während sie versuchten, ihre eigene Angst zu verdrängen. In der Luft fürchtete ich mich vor nichts. Doch die Vorstellung, auf dem Meer notzulanden, wo Wasser ins Schiff strömen würde, drehte mir den Magen herum. Die Aurora war mein Zuhause, und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, sie den Wellen auszuliefern.
Hastig streifte ich Gurt und Werkzeugtasche ab und ging auf schnellstem Weg zu den Passagierunterkünften. Bei jedem Schritt prüften meine Sinne den Neigungswinkel des Schiffs. Jede seiner Bewegungen drang durch meine Füße zu meinem Gehirn vor. Im Moment lag die Aurora noch gerade in der Luft, aber der Druck in meinem Magen und die Spannung in meinem Trommelfell verrieten mir, dass wir langsam, aber stetig an Höhe verloren. Ich musste mich beeilen.
Ich stürmte die große Treppe hinauf, klopfte an sämtliche Türen und vergewisserte mich, dass niemand mehr in den Kabinen war. Die meisten Passagiere waren immer noch im Salon des Oberdecks versammelt, viele hielten ein Glas in der Hand.
»Meine Damen und Herren«, verkündete der Chefsteward, »der Kapitän hat mir soeben mitgeteilt, dass wir in Kürze eine Wasserlandung vornehmen werden …«
Ich begann Rettungswesten zu verteilen und versuchte, die restlichen Worte des Stewards und die entsetzten, ängstlichen Rufe der Passagiere auszublenden. Ich sah Kate und Miss Simpkins auf der anderen Seite des Raums und arbeitete mich zu ihnen vor. Kate saß mit einem Buch auf dem Schoß da; es war das Logbuch ihres Großvaters. Sie wirkte blass, aber gefasst.
»Geht es Ihnen gut?«, fragte ich Kate leise.
»Natürlich geht es uns nicht gut«, entgegnete Miss Simpkins, die mit den Bändern ihrer Rettungsweste kämpfte. »Wir werden jeden Moment im Ozean versinken!«
»Wir werden nicht sinken, Miss«, sagte ich beruhigend und half ihr, die Riemen festzuziehen. »Die Motoren und das Steuer sind nicht beschädigt worden und es bläst nur ein ganz leichter Wind. Der Kapitän wird uns sanft auf dem Wasser aufsetzen und dann müssen Sie sich nur noch in eines der Rettungsboote begeben. Wir werden uns um alles kümmern.«
Ich hoffte, dass ich Recht behielt. Die Aurora war nicht wasserdicht. Kapitän Walken musste sie mit der Nase in den Wind setzen und so lange wie möglich dicht über der Meeresoberfläche schweben lassen. Sobald das Schiff auf dem Ozean aufsetzte und Wasser eindrang, würde es unseren Befehlen nicht mehr gehorchen. Es würde hin und her schaukeln, sich im Kreis drehen und voller Wasser laufen, bis es schließlich irgendwann sank.
Ich prüfte, ob Kates Schwimmweste fest genug saß, und wandte mich dann der nächsten Gruppe von Passagieren zu.
»Sie kommen doch zurück, nicht wahr?«, fragte Kate.
»Ja. Sie gehören zu meiner Gruppe. Wir werden im gleichen Boot sitzen.«
Neben uns weinte ein kleiner Junge. »Keine Angst«, tröstete ich ihn. »Unser Kapitän wird uns alle wieder heil zurück nach Hause bringen. Ich segle schon seit drei Jahren unter seinem Befehl und es gibt keinen besseren Kapitän als ihn. Er hat schon weit schlimmere Situationen erlebt.«
Eine Frau, der ich beim Anlegen der Rettungsweste half, schaute mich mit ängstlichen Augen an und sagte: »Ich kann nicht schwimmen.«
»Das brauchen Sie auch gar nicht, Ma'am«, beruhigte ich sie lächelnd. »Es gibt mehr als genug Rettungsboote für alle. Glauben Sie mir, die Boote sind sehr geräumig und mit genügend
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