Airborn 01 - Wolkenpanther
das Gefühl, ich würde nicht vom Fleck kommen. Ich kann es nicht leiden, still zu stehen. Ich bin wie ein Hai – wenn ich mich nicht vorwärts bewege, kriege ich keine Luft mehr.«
»Ein Hai«, sagte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ein gewagter Vergleich. Ich finde allerdings nicht, dass du einem Hai ähnelst. Du wirkst gar nicht wie ein gefährlicher, Fleisch fressender, Menschen mordender Mr Cruse!«
»Vermutlich nicht, nein.« Ich wurde rot. »Ich meinte ja auch nur den Teil mit dem Fortbewegen.«
Wir marschierten weiter und erreichten nach einer halben Stunde eine Art Hochebene. Hier drang etwas mehr Licht durch das Blätterdach des Waldes und es gab sehr viele Vögel. Mittlerweile war ich daran gewöhnt, sie so dicht über mir zu spüren, während ihre schnellen Schatten über mich hinwegsausten und immer wieder kurz die Sonne verdeckten.
Kate seufzte und wirkte zum ersten Mal mutlos.
»Nichts«, sagte sie.
»Die Insel ist groß. Es dauert Jahre, sie gründlich zu durchsuchen.«
»Und so lange werden wir nicht hier sein.«
»Vielleicht haben wir ja Zeit, uns noch mal umzusehen.«
Ich konnte es nicht fassen, dass ich das tatsächlich gesagt hatte. Aber sie sah einfach so niedergeschlagen aus, dass ich sie aufheitern wollte. Nun lächelte sie mich wieder an, und ich hatte das ungute Gefühl, hereingelegt worden zu sein.
»Ehrlich?«, fragte sie. »Du würdest noch mal mit mir auf die Suche gehen?«
»Wenn ich Zeit habe«, murmelte ich. »Vielleicht. Ich kann nichts versprechen.«
»Vielen, vielen Dank. Ich weiß, dass du dein Bestes tun wirst. Tja, vermutlich sollten wir uns demnächst auf den Rückweg machen. Ich möchte dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Oh, das liegt dir im Moment bestimmt am meisten am Herzen«, spottete ich.
Etwas schlängelte sich an meinem Fuß vorbei. Ich trat blitzschnell zur Seite.
»Ich dachte, hier gibt es keine Schlangen.«
Das Reptil lag unschuldig zusammengerollt unter einem großen Farnwedel, klein und harmlos, nur wenige Zentimeter lang. Es hatte eine leuchtend rote Farbe, eine ziemlich auffällige Tarnung inmitten des Grüns. Man konnte sie nicht übersehen, jeder Raubvogel würde die Schlange aus zehn Kilometern Entfernung erkennen. Eine schmale, kleine Zunge züngelte aus dem Maul des Reptils hervor. Jedenfalls war es keine Anakonda, Königskobra oder Boa – diese Schlangen kannte ich, und allein ihr Anblick reichte aus, um einen in die Flucht zu schlagen.
»Beweg dich nicht«, sagte Kate. Sie war ganz blass.
»Was?«
»Ich glaube, die ist giftig.«
»Dieses kleine Ding?«
Da tat die Schlange auf höchst unfreundliche Weise einen Satz. Sie warf sich zur Seite und schnellte in hohem Bogen durch die Luft, direkt auf mein Gesicht zu. Kate kreischte, ich fluchte laut und wich stolpernd zurück. Die Schlange landete keinen halben Meter von meinen Schuhen entfernt. Kate und ich taumelten einige Schritte zurück, und der kleine, rote Dämon setzte erneut zum Sprung an, als sei er eine Sprungfeder und bräuchte die Erde fast gar nicht zu berühren. Ich wollte mich nicht umdrehen und losrennen, aus Angst, das Reptil könnte auf meinem Rücken landen, ohne dass ich es merkte. Also lief ich rückwärts davon und scheuchte dabei Kate vor mir her. Die Schlange sprang wieder und landete diesmal auf meiner Schuhspitze. Ich vollführte einen gewaltigen Fußballertritt und schleuderte sie in hohem Bogen weit weg ins Gestrüpp.
»Sie ist weg. Schon gut«, keuchte ich, während ich die Hände auf die Knie stützte und dem kleinen Monster nachschaute. Es war nichts zu sehen, nicht einmal die Blätter rührten sich.
»War das nicht ein süßes, kleines Geschöpf?«, sagte ich und begann zu kichern.
»Sie wollte uns bestimmt nur Hallo sagen«, fügte Kate hinzu und kicherte ebenfalls. »Ich darf nicht vergessen, Miss Simpkins eine mitzubringen.«
»Übrigens gibt es hier keine Schlangen«, erklärte ich ihr. »Da bin ich mir ganz sicher.«
»Zumindest dürfte es hier keine geben«, beharrte sie eigensinnig.
»Woher weißt du dann, dass diese hier giftig war?«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sie mal in einem Buch gesehen habe«, sagte Kate. Dann fing sie an zu schreien.
Ich wirbelte herum und sah, wie die Schlange aus den Farnen hervorschoss und rasend schnell auf uns zu hüpfte. Diesmal drehten wir uns um und rannten. Kate zog ihr Kleid hoch und hielt es fest, damit sie größere Schritte machen konnte. Jedes Mal, wenn ich mich umdrehte, war die
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