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Airborn 01 - Wolkenpanther

Airborn 01 - Wolkenpanther

Titel: Airborn 01 - Wolkenpanther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Kate und ich hatten mitten in einem Baum das Skelett eines seltsamen Tieres gefunden. Es hatte die Flügel einer Fledermaus, die Hohlknochen eines Vogels und den Kopf eines Panthers. Niemand hatte je so ein Tier gesehen. Ich berührte den trockenen, harten Schädelknochen. Ich hatte keine Ahnung, was es war oder wie man es nennen sollte.
    »Das ist eine dieser Kreaturen«, sagte Kate. »Sie sieht genauso aus, wie er sie in seinem Logbuch beschrieben hat. Das siehst du doch auch so, nicht wahr?«
    Ich erinnerte mich an die sorgfältigen Zeichnungen, die ihr Großvater von verschiedenen Skeletten gefertigt hatte. Der Mensch. Die Fledermaus. Und dann dieses seltsame Mischwesen. Es sah genauso aus, wie er es sich vorgestellt hatte.
    »Ja«, sagte ich.
    »Es ist echt, nicht wahr?«, sagte Kate.
    Ich nickte.
    »Es gibt sie also. Es gibt sie also wirklich.« Sie starrte auf das Skelett und weinte.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Er hatte Recht«, sagte sie. »Großvater hatte Recht.«
    Ich nickte überrascht. Hatte sie etwa an ihm gezweifelt? Sie schien sich immer so sicher zu sein. Vielleicht weinte sie auch vor Erleichterung, Aufregung oder Erschöpfung, oder alles zusammen. Fast kamen mir ebenfalls die Tränen. Kate wischte sich die Augen und schniefte. Ich hätte sie gerne berührt, traute mich aber nicht.
    »Es kommt mir irgendwie nicht richtig vor, es zu stören«, sagte sie. »Es sieht so perfekt aus. Aber ich will die Knochen haben. Zuerst muss ich allerdings einige Fotos davon machen. So wie es da lag, als wir es gefunden haben. Dann werden wir auch wissen, wie wir die Knochen wieder zusammenfügen müssen. Wir könnten sie auch nummerieren.« Sie nickte, zufrieden mit ihrer Idee. »Genau, wir werden sie nummerieren. Ich habe einen speziellen Wachsstift dabei, mit dem das gehen sollte.«
    »Hast du?«
    »Ja.«
    Sie schien einen unerschöpflichen Vorrat an wissenschaftlicher Ausrüstung mit sich zu führen. Ich wun derte mich, wie all diese Sachen in den Ornithopter gepasst hatten, mit dem sie zur Aurora geflogen war.
    »Du wirst doch wieder hierher zurückfinden, oder?«, fragte sie mich.
    Ich musste grinsen. »Naja, ich hab eigentlich nicht wirklich aufgepasst, in welche Richtung …«
    »Oh, bitte, nimm mich nicht auf den Arm!«, sagte sie und packte mein Handgelenk.
    »Ja«, sagte ich, »ja, ich kann dich wieder hierher führen.«
    Sie ließ mich los. Es war ein schönes Gefühl, ihren Griff zu spüren.
    »Es wird allerdings eine ganz schöne Plackerei werden, deine Kamera und deine Ausrüstung hier hoch zu schleppen. Vielleicht könnten wir jemanden bitten, uns zu helfen.«
    »Nein.«
    Sie sagte das sehr entschieden. Ich begriff nicht, warum.
    »Wir werden niemandem davon erzählen.«
    »Und was ist mit dem Kapitän?«
    Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    Ich lachte. »Wenigstens dem Kapitän müssen wir davon erzählen!«
    »Warum? Was hat das mit dem Schiff zu tun?«
    »Naja …«
    »Es hat überhaupt nichts mit dem Schiff zu tun.«
    »Nein, das nicht, aber warum sollten wir es geheim halten?«
    Ihr Gesicht zeigte eine Härte, die ich zuvor noch nie gesehen hatte. »Du weißt genau, was passiert, wenn wir zurückgehen und dem Kapitän davon erzählen. Er wird uns verbieten, hierher zu kommen und Fotos zu machen.«
    »Das glaub ich nicht.«
    »Er wird bestenfalls einige von der Mannschaft hierher schicken, um die Knochen einzusammeln, und dann wird man sie mir wegnehmen. Sie werden sa gen, dass man sie in die richtigen Hände geben muss. Dass sich die Experten darum kümmern sollen.«
    »Der Kapitän ist ein gerechter Mann.«
    »Das bezweifle ich auch nicht. Aber erinnerst du dich an den Brief, den diese ach so wichtigen Herren von der Zoologischen Gesellschaft mir geschickt haben? ›Daher möchten wir Ihnen raten, sich Aktivitäten zuzuwenden, die den Interessen einer jungen Dame eher entsprechen.‹ Sie werden mir das Skelett wegnehmen, und das werde ich nicht zulassen. Das hier ist unsere Entdeckung, Matt. Wenn wir ihnen davon erzählen, werden sie sie uns klauen. Sie werden uns wie kleine Kinder behandeln.«
    Ihr Einwand klang überzeugend.
    »Versprich mir, dass du niemandem davon erzählst.«
    Ich schwieg einen Moment. Mir war nicht wohl in meiner Haut. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich zwang, zwischen ihr und dem Kapitän, zwischen ihr und meinem Schiff zu wählen. Aber vielleicht hatte sie Recht; genau genommen hatte das hier nichts mit der Aurora zu tun. Es war etwas gänzlich

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