Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Airborn 01 - Wolkenpanther

Airborn 01 - Wolkenpanther

Titel: Airborn 01 - Wolkenpanther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
Vom Netzwerk:
war ich mir nicht so sicher, denn sie waren in einem merkwürdigen Winkel neben dem Körper zusammengefaltet und vermischten sich mit den anderen Knochen.
    »Die Vorderbeine«, sagte ich stirnrunzelnd.
    Irgendwas stimmte mit ihnen nicht. Sie waren zu lang, vor allem am unteren Teil. Die Knochen zogen sich endlos dahin und endeten nicht in einem richtigen Fuß, sondern in einem Zweig aus dünnen Knochen, die sich fächerförmig über dem Ast ausbreiteten und seitlich an ihm herabhingen. So etwas hatte ich noch nie gesehen.
    »Das sind keine Beine«, sagte Kate. »Das sind Flügel.«
    Sie schaute mich an, das Gesicht rot und glänzend vor Schweiß. Ihr Atem ging in kleinen, zittrigen Stößen.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich. »Woher weißt du, dass das Flügel sind? Jetzt sind es nur noch Knochen.«
    Sie krabbelte näher an das Skelett heran. »Das da sind die Finger«, sagte sie und deutete auf die langen, dünnen Knochen. »Sie helfen dabei, den Flügel zu stützen. Hast du schon mal das Skelett einer Fledermaus gesehen? Es sieht ein bisschen so aus wie das hier. Das sind Flügel.«
    Ich nickte, weil mir die Zeichnungen in Benjamin Molloys Logbuch wieder in den Sinn kamen. Ich hatte schon Exemplare der riesigen Fliegenden Füchse in Holländisch-Ostindien gesehen. Manche von ihnen hatten eine Flügelspanne von fast zwei Metern, aber ihr Körper war nur so klein wie der einer Ratte. Dieses Geschöpf hier war viel, viel größer.
    »Das ist keine Fledermaus«, sagte ich und schluckte.
    »Nein.«
    Wir dachten beide das Gleiche, aber ich war noch nicht bereit, es laut auszusprechen.
    »Aber wie kann ein so großes Tier fliegen?«, fragte ich.
    Kate beugte sich vor und hob behutsam ein großes Stück von einem zerbrochenen Rippenknochen auf. Sie lächelte und reichte ihn mir. Weil ich ein viel größeres Gewicht erwartet hatte, flog meine Hand bei der Berührung regelrecht nach oben. Der Knochen war federleicht. Ich balancierte ihn auf meiner Handfläche und konnte sein Gewicht kaum spüren.
    Kate nahm ihn wieder zurück.
    »Schau mal«, sagte sie und hielt das geborstene Ende in die Höhe. In dem Licht, das durch die Blätter drang, konnte ich sehen, dass der Knochen nicht massiv war. Er hatte Hohlräume und zersplitterte Zwischenwände wie eine Bienenwabe.
    »Wie bei einem Vogel«, sagte sie. »Damit sie leichter sind. Überleg doch mal – wenn alle seine Knochen hohl wären, würde er nicht viel wiegen. Und diese Flügel. Ich versuche, sie mir ganz ausgebreitet vorzustellen. Jeder von ihnen ist über einen Meter lang, glaubst du nicht auch? Er muss also eine Flügelspanne von etwa drei Metern haben.«
    »Mehr. Eher dreieinhalb bis vier.«
    »Reicht das, um zu fliegen?«
    Ich nickte. »Das wäre sicherlich genug Segelfläche, um ihn in die Luft aufsteigen zu lassen.«
    Ihre Augen wurden groß. »Und schau dir das an.« Sie zeigte auf den Brustkorb des Tieres. »Schau dir mal das Brustbein an. Siehst du, dass es eine Art Kiel hat?«
    »Das hält die Rippen zusammen, damit sie stärker sind«, sagte ich. Schließlich wusste ich genau, wozu der Kiel eines Schiffs diente.
    »Und um den Flügeln mehr Kraft zu verleihen«, fügte Kate hinzu. »Sämtliche Muskeln sind daran befestigt. Vögel sind die einzigen Geschöpfe, die das haben.«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Aus Büchern«, sagte sie.
    Ich schaute wieder auf das Skelett. »Dann meinst du also, dass es sich um eine Art Vogel handelt?«
    »Ganz und gar nicht. In einem Vogelflügel sind die Mittelhandknochen alle irgendwie zusammengewachsen, sodass es aussieht, als hätten sie nur einen Finger. Dieses Wesen hier hat eindeutig fünf.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich begriff nicht, was sie meinte.
    »Es spielt keine Rolle«, sagte sie. »Du brauchst dir nur den Schädel anzuschauen. Wenn es ein Vogel sein soll, wo ist dann der Schnabel? Oder kennst du einen Vogel, der solche Kieferknochen oder Zähne hat?«
    »Oder so einen langen Schwanz«, sagte ich und betrachtete die dünne Wirbelkette, die sich über den Ast zog. Ich musste es noch einmal anfassen. Als ich den zerbrochenen Rippenknochen in die Hand nahm, spürte ich wieder seine Schwerelosigkeit und fühlte mich auf einmal ebenfalls schwerelos und noch dazu sehr hungrig. Bald würde ich einfach von diesem Ast abheben und in den Himmel aufsteigen.
    Seit ich das letzte Mal geschlafen hatte, war die Aurora von Piraten geentert und versenkt worden. Wir waren auf einer einsamen Insel notgelandet und

Weitere Kostenlose Bücher