Airborn 02 - Wolkenpiraten

sie sehen?«
    »Vermutlich nur hell und dunkel.«
    »Können sie uns hören?«, fragte Hal.
    »Quallen nehmen Vibrationen wahr. Bei Geschmack und Geruch verlassen sie sich auf ihre Tentakel.«
    »Wenn wir uns also ganz vorsichtig bewegen, bemerken sie uns vielleicht nicht«, sagte Nadira.
    »Du und Nadira, ihr stellt Grunels Maschine ab und sucht die Pläne«, bestimmte Hal. »Kate und ich holen unsere Sachen.«
    »Ganz langsam«, sagte ich und bewegte mich, den Rücken an die Wand gedrückt, vorsichtig vorwärts. Die anderen folgten. Das Aerozoon behielten wir fest im Blick.
    Es bewegte sich nicht. Ich hoffte, dass Kate Recht hatte und es nicht wusste, dass wir hier waren. Als wir uns weiter vorgearbeitet hatten, war das Aerozoon fast nicht mehr zu sehen, nur noch ein Teil seines Ballonsacks war zu erkennen.
    Wir kauerten uns hinter Grunels riesigen Sarg. Zur Maschine und zu den Rucksäcken und Sauerstoffbehältern war es jetzt gleich weit. Kate und Hal stürmten los, um unsere Ausrüstung zu schnappen, Nadira und ich eilten zu Grunels Generator.
    An der Schalttafel stieß Nadira den Schlüssel in das Loch. Abschalten war einfacher als anschalten. Eine halbe Umdrehung gegen den Uhrzeigersinn war genug. Sofort gingen die Lichter der Schalttafel aus, die Lichter, die das Ingenierium von oben beleuchteten, verloschen, und das Gurgeln des Wassers verebbte.
    »Cruse, fang!« Hal warf mir eine ausgeschaltete Lampe zu.
    Die Heizdrähte entlang der Fußleiste knackten beim Abkühlen, und ich spürte bereits, wie die Temperatur sank. Nun mussten wir noch die Rohrpoströhren finden.
    »Die müssen irgendwo an der Wand sein«, sagte ich zu Nadira. »Ich schau mal hier nach.« Wir trennten uns. Den Lichtstrahl der Lampen hielten wir auf den Boden gerichtet, damit das Aerozoon das Licht nicht wahrnahm.
    Zu meiner großen Erleichterung brauchte ich nicht lange zu suchen. Nicht weit von Grunels Maschine, halb hinter einem kleinen Tisch verborgen, fand ich sie. Auf der Eingangsröhre zeigte die kleine grüne Flagge nach oben.
    »Gefunden«, rief ich Nadira leise zu. Ich bemerkte, wie atemlos sie war, und schickte sie Kate und Hal hinterher, die mit unseren Sachen zum Ausgang eilten. »Geh schon, ich komme gleich nach.«
    Ich hob den Deckel und sah das Ende der Kapsel. Gerade als ich danach langte, rüttelte und schwankte das Schiff, und direkt bevor meine Finger die Kapsel greifen konnten, wurde sie in die Röhre gesaugt.
    »Nein!«
    Ich hockte mich hin und leuchtete in die Röhre, doch die Kapsel war längst weg, geisterte irgendwo in dem pfeifenden pneumatischen Irrgarten herum. Das ganze System funktionierte nicht mehr, die Luft strömte je nach Bewegung und Laune des Schiffs in alle Richtungen.
    Ich schlug gegen die Wand, ich drückte Knöpfe und zog an der Kordel mit der Quaste in der vergeblichen Hoffnung, die Kapsel käme mir wieder in die Hand geschossen. Dann war Kate neben mir, den Rucksack über die Schulter gehängt.
    »Was ist?«
    »Sie war hier und ist wieder verschluckt worden. Sie kann jetzt überall sein!«
    Ich blickte über die Schulter und sah Nadira und Hal schon halb beim Ausgang. Ungeduldig machte er uns Zeichen, dass wir auch kommen sollten. Ich spähte noch einmal in die leere Röhre, dann setzte ich mich in Bewegung. Doch nach zwei Schritten hielt ich an.
    »Stimmt was nicht?«, fragte Kate.
    »Es ist nicht mehr da.« Ich starrte auf die Stelle, wo wir das Aerozoon zum letzten Mal gesehen hatten.
    »O nein!«, keuchte Kate.
    Hal und Nadira waren schon durch die Tür gegangen und in Sicherheit. Stocksteif stand ich mit Kate da, ließ meinen Blick durch den ganzen Raum schweifen und versuchte, die Kreatur zu entdecken.
    »Lauf!«, sagte Kate, doch ich zog sie zurück.
    »Nein«, zischte ich. »Sieh doch.«
    Direkt vor uns trieben ein paar Tentakel zwischen den Ketten und Seilen. Ich sah nach oben. Nahe der Decke hing das Aerozoon im Schatten. Aus Angst, das Licht würde als Richtsignal wirken, schaltete ich die Lampe aus.
    Ich ergriff Kates Hand und trat mit ihr zurück bis an die Wand.
    »Cruse!«, rief Hal von der Tür her. »Komm schon!«
    Ich zeigte auf das Aerozoon und er schwieg. Dann deutete ich mit der Hand einen Kreis an, was ihm sagen sollte, dass wir einen Bogen machen würden. Wir hatten schon den halben Weg bis zur Tür hinter uns und das Aerozoon schien uns noch immer nicht bemerkt zu haben. Vielleicht hatte es den Luftzug vom Steg gespürt und dachte, es könnte zurück in den Himmel