Airborn 02 - Wolkenpiraten
Gewohnheiten?«
Er goss sich selbst ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein und setzte sich mir gegenüber auf ein Sofa. »Es ist wirklich ungeheuer nett, dass Sie gekommen sind. Ich nehme an, Mr Pruss hat Ihnen erklärt, warum wir hier sind?«
»Ja, hat er.«
»Sicher können Sie verstehen, wie gern wir, unsere Familie, das Eigentum unseres Großvaters wiedererlangen würden.«
»Natürlich.«
»Mr Pruss sagte, Sie wären einer seiner Spitzenstudenten.«
»Wenn er das gesagt hat, war er sehr freundlich«, gab ich zur Antwort.
»Sie haben als Navigator an Bord der Treibgut gearbeitet, nicht wahr?«
»Mr Domville assistiert.«
»Ich habe gehört, es war eine ziemlich harte Reise.«
»Stimmt. Das war es.«
»Aber es muss doch etwas ganz Besonderes gewesen sein, die Hyperion zu sehen.«
»Es war wirklich sehr außergewöhnlich.«
Seine Ärmel waren ein kleines bisschen zu kurz. Ich hätte es wahrscheinlich nicht bemerkt, wenn er nicht erstaunlich viele Haare auf den Handrücken und Unterarmen gehabt hätte. Immer wenn er seine Zigarette zum Mund hob oder nach seinem Glas auf dem Beistelltisch griff, rutschten die Ärmel hoch und brachten seine Behaarung zum Vorschein. Matthias Grunel war reich wie die Sünde, warum in aller Welt trug er dann eine teure Jacke, die zu klein für ihn war? Ich hatte drei Jahre auf einem Luxusliner-Luftschiff gearbeitet und eines war mir an den Reichen aufgefallen: Ihre Kleidung saß immer wie maßgeschneidert. Ich überlegte, ob Matthias Grunel bereits das Vermögen der Familie verschleudert hatte, heruntergekommen war und jetzt nur versuchte, eine gute Schau abzuziehen.
»Nach allem, was man so hört, sind Sie ein einfallsreicher junger Mann«, sagte Grunel. »Ihr Dekan war sich nicht sicher, an wie viel Sie sich erinnern, aber natürlich wären wir schon sehr dankbar für jede Information, die Sie uns geben könnten. Und die Familie ist sich darüber einig, dass Sie, sollten wir die Hyperion zurückerlangen, mit vollen fünf Prozent an ihrem Wert beteiligt werden.«
»Das ist zu großzügig, Sir.«
Die Zeitung hatte den Inhalt des Schiffs auf fünfzig Millionen Europas geschätzt. Ob das nun eine berechtigte Vermutung war oder auf reiner Phantasie beruhte, konnte ich nicht beurteilen. Aber das würde zweieinhalb Millionen für mich bedeuten. Die Summe war zu irrsinnig, um darüber nachzudenken. Das wäre genug für fünf Leben.
»Wir würden darauf bestehen«, sagte Grunel mit einem Lächeln. »Denn wer könnte schon hoffen, ohne Ihre Koordinaten das Schiff zu finden? Es hat mich immer bedrückt, dass mein Großvater nicht mehr in der Lage war, seine letzten Wünsche zu verwirklichen. Er war ein sehr liebenswerter Mann, Mr Cruse.«
Vielleicht von Gefühlen überwältigt, kam Matthias Grunel für einen Moment ins Stocken. Er stand auf, kehrte mir den Rücken zu und starrte aus dem Fenster.
»Der Gedanke, dass sein geliebter Sohn und seine hoch geschätzte Tochter – und alle ihre Nachkommen – nie in den Genuss der Früchte seines großen Ruhmes und seines Fleißes gekommen sind, hätte ihn zutiefst betrübt. Sollten wir die Hyperion – und die Überreste meines Großvaters – bergen, würde seine Seele endlich in Frieden ruhen können.«
Er drehte sich wieder zu mir um und stieß den Zigarettenrauch wie eine lange Degenklinge aus. Ich schluckte. Mir war übel.
Dieser Mann war nicht Matthias Grunel.
Als ich seine Ärmel hochgleiten sah, war ich misstrauisch geworden. Nun wusste ich es mit bedrückender Gewissheit. Es war die Erwähnung von Grunels »hoch geschätzter Tochter«. Kate hatte mir doch vom Streit Theodore Grunels mit seiner einzigen Tochter erzählt. Er hatte sie ohne einen Cent hinausgeworfen. Kate würde sich in so etwas niemals irren, dazu war sie eine viel zu unersättliche und aufmerksame Leserin. Ich vertraute ihr vollkommen. Dieser Rotbart hier war ein Betrüger.
Vom Tisch mit den Getränken nahm er einen Notizblock und einen Bleistift und brachte mir beides.
»Da Sie an der Karte gearbeitet haben, haben Sie wahrscheinlich eine recht gute Vorstellung von den Koordinaten der Hyperion .«
Ich nahm den Stift und fing an, ein paar Zahlen hinzuschreiben, dann strich ich sie durch und spielte den Nachdenklichen, biss mir auf die Lippen und runzelte die Stirn.
»Wie war das denn jetzt?«, murmelte ich. »Sehen Sie, wir hatten es gerade durch die Faust des Teufels geschafft und waren mächtig von unserm Kurs ab…«
Ich würde diesem
Weitere Kostenlose Bücher