Airframe
heraus, um den Sicherheitsdienst anzurufen.
Aber das Telefon funktionierte nicht. Sie erhielt kein Signal. Dann fiel ihr ein, daß sie mitten in einem Gebäude stand, dessen Decke mit einem Maschengeflecht aus Kupferdraht verhängt war, um beim Testen der Flugzeugsysteme Funksignale von außen zu blockieren.
Das Telefon würde sie erst wieder am anderen Ende des Gebäudes benutzen können.
Eine halbe Meile entfernt.
Sie ging schneller. Ihre Absätze klapperten über den Beton. Das Geräusch hallte durchs Gebäude. Konnte es wirklich sein, daß sie hier ganz allein war? Nein, dachte sie, natürlich nicht. Wahrscheinlich befanden sich jetzt in diesem Augenblick neben ihr einige hundert Leute in der Halle. Sie konnte sie nur nicht sehen. Sie waren in den Rümpfen oder standen hinter den großen Montagegerüsten um die Flugzeuge herum. Hunderte von Leuten, überall um sie herum. Jeden Augenblick würde sie jemand sehen.
Sie sah über die Schulter.
Die Männer holten auf.
Sie beschleunigte und fing fast an zu laufen. Ihre Absätze behinderten sie. Und plötzlich dachte sie, das ist ja lächerlich. Ich bin leitende Angestellte von Norton Aircraft und renne hier am hellichten Tag durch die Halle.
Sie ging wieder normal.
Sie atmete tief durch.
Und sah sich um: Die Männer kamen näher.
Sollte sie sie zur Rede stellen? Nein, dachte sie, nicht, wenn niemand in der Nähe ist.
Sie ging wieder schneller.
Links von ihr befanden sich die Teilelager. Normalerweise arbeiteten da drin Dutzende von Männern, die Teile auslieferten oder abholten. Aber jetzt waren die Drahtkäfige leer.
Verlassen.
Sie sah sich um. Die Männer waren fünfzig Meter entfernt und kamen immer näher.
Sie wußte, wenn sie jetzt anfinge zu schreien, würde sie sofort von einem Dutzend Mechanikern umringt sein. Die Schläger würden sich verdrücken, hinter Gerüsten und Vorrichtungen verschwinden. Aber sie würde dastehen wie ein Trottel. Und diesen Ruf würde sie nie wieder loswerden. Die Kleine, die damals in der Montagehalle Schiß bekommen hatte.
Sie würde nicht schreien.
Nein.
Wo zum Teufel waren bloß die Feuermelder? Der Unfallmelder? Der Gefahrengutmelder? Sie wußte, daß sie über das ganze Gebäude verteilt waren. Sie hatte Jahre in dieser Halle gearbeitet. Sie sollte eigentlich noch wissen, wo die Alarmanlagen plaziert waren.
Sie könnte einen Melder betätigen und dann behaupten, es sei ein Versehen gewesen…
Aber sie sah keinen einzigen.
Die Männer waren jetzt noch dreißig Meter hinter ihr. Wenn sie anfingen zu laufen, hätten sie sie in wenigen Sekunden erreicht. Aber auch sie waren vorsichtig - offensichtlich rechneten auch sie damit, jeden Augenblick jemanden zu sehen.
Aber Casey sah niemanden.
Rechts von ihr tauchte ein dichtes Gewirr blauer Träger und Kreuzverstrebungen auf-die riesigen Vorrichtungen, die den Rumpf stützten und auf denen die Arbeiter die Teile zusammennieteten.
Das war der letzte Abschnitt, wo sie sich verstecken konnte.
Ich bin eine leitende Angestellte von Norton Aircraft. Und es ist…
Zum Teufel damit.
Sie bog nach rechts ab und zwängte sich zwischen den Stangen und unter den Querverstrebungen hindurch. Sie kam an Treppen und Hängelampen vorbei. Hinter sich hörte sie, wie die Männer erstaunt aufschrien und ihr dann folgten. Inzwischen bewegte sie sich in fast völliger Dunkelheit durch die Gerüste. Und sie bewegte sich schnell.
Casey kannte sich hier aus. Ihre Bewegungen waren rasch und sicher, und immer wieder schaute sie nach oben, weil sie hoffte, jemanden zu finden. Normalerweise befanden sich an jeder Position der Montagegerüste zehn oder zwanzig Männer, die im hellen Schein von Neonröhren den Rumpf zusammennieteten. Doch jetzt sah sie niemanden.
Hinter sich hörte sie die Männer schnaufen, hörte, wie sie sich die Köpfe an Querbalken stießen und fluchten.
Sie fing an zu laufen, duckte sich unter tiefhängende Teile, sprang über Kabelstränge und Kisten und kam plötzlich auf einer Lichtung heraus. Montageposition vierzehn eines Großraumjets: Das Flugzeug stand auf seinem Fahrwerk hoch über dem Boden. Und noch weiter oben, am Schwanz, sah sie die sogenannten hängenden Gärten, die in zwanzig Meter Höhe schwebten.
Sie hob den Kopf und sah durch die Fenster des Großraumjets eine Gestalt.
In dem Flugzeug war jemand.
Endlich! Casey eilte mit hallenden Schritten die Stahlstufen zum Flugzeug hoch. Auf der zweiten Ebene blieb sie stehen, um sich umzusehen. Über sich
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