Airframe
in den hängenden Gärten sah sie drei kräftige Arbeiter mit Schutzhelmen. Sie waren nur drei
Meter unter der Decke und arbeiteten am obersten Scharnier des Ruders; deutlich konnte Casey das Sirren ihrer Motorwerkzeuge hören.
Sie schaute nach unten und sah ihre Verfolger noch auf dem Boden. Sie traten aus dem Wald blauen Gestänges, schauten nach oben, entdeckten sie und rannten hinter ihr her. Sie stieg weiter hoch.
Nun hatte sie die Hecktür des Flugzeugs erreicht und rannte ins Innere. Der noch unfertige Rumpf war riesig und leer, eine Abfolge mattglänzender Rundungen, wie der Bauch eines metallenen Wals. Etwa auf halber Höhe entdeckte sie eine einzelne Asiatin, die silbriges Isoliermaterial an den Seitenwänden befestigte. Die Frau sah Casey furchtsam an.
»Arbeitet sonst noch jemand hier drinnen?« fragte sie.
Die Frau schüttelte den Kopf. Nein. Sie sah verängstigt aus, als hätte Casey sie bei etwas Unrechtem ertappt.
Casey drehte sich um und rannte wieder zur Tür hinaus.
Die Männer waren nur noch eine Ebene unter ihr.
Sie drehte sich um und rannte die nächste Treppe hoch.
In die hängenden Gärten.
Unten auf dem Boden war die Metalltreppe drei Meter breit gewesen. Jetzt war sie nur noch sechzig Zentimeter schmal. Und sie war steiler, eher wie eine Leiter, die inmitten eines Gewirrs aus Stangen und Streben in die Luft führte. Stromkabel hingen wie Lianen an allen Seiten herab; im Hochklettern stieß Casey sich an metallenen Verteilerkästen die Schulter. Die Treppe schwankte unter ihren Tritten. Und alle zehn Schritte änderte sie im Neunzig-Grad-Winkel die Richtung. Casey war jetzt zwölf Meter über dem Boden und sah hinunter auf den breiten Rücken des Rumpfes. Und hoch zum Schwanz, der noch immer weit über ihr aufragte.
In dieser Höhe strömte plötzlich Panik durch ihren Körper. Sie schaute zu den Männern hoch, die oben am Ruder arbeiteten, und schrie ihnen zu: He! He!«
Die Männer achteten nicht auf sie.
Unter sich sah sie ihre Verfolger, deren Körper im Hochsteigen immer wieder zwischen den Gerüststangen und -platten aufblitzten.
»He! He!«
Aber die Männer achteten immer noch nicht auf sie. Beim Höherklettern sah sie, warum sie nicht reagierten. Sie trugen Ohrenschützer, schwarze, becherförmige Gebilde, die sie gegen den Lärm abschirmten.
Sie konnten gar nichts hören.
Casey kletterte weiter.
Fünfzehn Meter über dem Boden knickte die Treppe abrupt nach rechts und führte um die schwarze horizontale Fläche des Höhenruders herum, das aus dem senkrechten Seitenleitwerk herausragte und Casey den Blick auf die oben arbeitenden Männer verstellte. Während sie um das Höhenruder herumkletterte, dachte sie daran, daß es schwarz war, weil es aus einem Verbundwerkstoff bestand, und daß sie es besser nicht mit bloßen Händen berührte.
Denn sie hätte es gern berührt, um sich abzustützen. Die Treppen in dieser Höhe waren nicht zum Laufen konstruiert; sie schwankten heftig. Caseys Füße glitten von den Stufen, und sie rutschte eineinhalb Meter in die Tiefe, bevor sie, sich mit schweißfeuchten Händen am Geländer festklammernd, wieder zum Stehen kam.
Sie kletterte weiter nach oben.
Durch die vielen Gerüstebenen unter sich konnte sie den Boden nicht mehr richtig erkennen. So wußte sie auch nicht, ob die nächste Schicht schon eingetroffen war oder nicht.
Sie kletterte und kletterte.
In dieser Höhe spürte sie nun die heiße, stickige Luft, die sich unter der Decke von Gebäude 64 staute, und ihr fiel wieder ein, wie dieser Arbeitsplatz genannt wurde: der Schwitzkasten.
Schließlich hatte sie das Höhenruder hinter sich gelassen. Die Treppen führten nun an der breiten Vertikale des Seitenleitwerks in die Höhe. Die Männer arbeiteten auf der anderen Seite, wieder war Casey die Sicht auf sie versperrt. Sie wollte nun nicht mehr nach unten sehen und richtete statt dessen den Blick auf die Holzbalken der Deckenkonstruktion. Nur noch eineinhalb Meter - um das Ruder herum - und dann wäre sie …
Sie blieb verblüfft stehen.
Die Männer, die ihre Rettung gewesen wären, waren verschwunden.
Sie schaute nach unten und sah drei gelbe Schutzhelme. Die Männer standen auf der Plattform einer Hebebühne, die sie wieder hinunter auf den Boden brachte.
»He! He!«
Die Arbeiter schauten nicht hoch.
Casey drehte sich um, als sie die Schritte ihrer Verfolger auf den Metallstufen hörte. Sie spürte die Vibration ihrer Schritte und wußte, daß sie sehr nahe
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