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Airframe

Airframe

Titel: Airframe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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waren.
    Und sie konnte nirgendwohin ausweichen.
    Direkt vor ihr endete die Treppe in einer gut einen Quadratmeter großen Plattform dicht am Seitenruder. Die Plattform war umgeben von einem Geländer. Und dahinter war nichts.
    Sie war achtzehn Meter hoch in der Luft, vor sich nichts als eine winzige Plattform an der riesigen breiten Fläche des Leitwerks.
    Die Männer kamen immer näher.
    Und sie konnte nirgendwohin.
    Sie hätte nie in die Höhe steigen dürfen, hätte auf dem Boden bleiben müssen. Aber jetzt hatte sie keine andere Wahl mehr.
    Casey hob einen Fuß über das Geländer der Plattform. Sie griff nach dem Gestänge des Gerüsts. Das Metall war warm von der stickigen Luft in dieser Höhe. Sie schwang auch das zweite Bein über das Geländer.
    Und dann begann sie, sich von einer Stange zur anderen hangelnd, auf der Außenseite des Gerüsts nach unten zu klettern.
    Fast sofort erkannte Casey ihren Fehler. Das Gerüst bestand aus x-förmigen Verstrebungen. Wo sie sich auch festhielt, immer glitten ihre Hände nach unten, bis die Finger sich äußerst schmerzhaft an den Kreuzungspunkten verklemmten. Ihre Füße rutschten an den schrägen Stangen ab. Die Streben waren scharfkantig, sie konnte sich kaum richtig festhalten. Schon nach wenigen Augenblicken des Kletterns war sie außer Atem. Sie hakte die Arme über eine der Querstangen, klammerte sich mit den Ellbogen fest und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
    Nach unten sah sie nicht.
    Als sie nach links schaute, erblickte sie die beiden Männer auf der kleinen Plattform. Den Mann im roten Hemd und den Mann mit der Baseballmütze. Sie standen da, starrten zu ihr herunter und überlegten offensichtlich, was sie tun sollten. Sie hing etwa einen Meter fünfzig unter ihnen an der Außenseite des Gerüsts.
    Dann sah sie, daß einer der Männer derbe Arbeitshandschuhe anzog.
    Ihr war sofort klar, daß sie hier nicht bleiben konnte. Vorsichtig löste sie die Arme von der Querstange und kletterte weiter nach unten. Einen Meter fünfzig. Dann noch einmal einsfünfzig. Nun hatte sie fast wieder die Ebene der Höhenruder erreicht, die sie durch die X-Verstrebungen erkennen konnte.
    Aber das Gerüst schwankte.
    Sie hob den Kopf und sah den Mann im roten Hemd hinter ihr her klettern. Er war stark, er trug Handschuhe, und er bewegte sich schnell. Sie wußte, in wenigen Augenblicken würde er sie erreicht haben.
    Der zweite Mann stieg die Treppe wieder nach unten und blieb ab und zu stehen, um sie durch das Gestänge hinweg anzustarren.
    Der Mann im roten Hemd war nur noch drei Meter über ihr.
    Casey kletterte weiter.
    Ihre Arme brannten. Ihr Atem kam in abgehackten Stößen. Das Gerüst war an unerwarteten Stellen schmierig, ihre Hände rutschten immer wieder ab. Sie spürte, daß der Mann über ihr immer näher kam. Als sie hochschaute, sah sie seine großen, orangefarbenen Arbeitsstiefel. Dicke Kreppsohlen.
    In wenigen Augenblicken würde er ihr auf die Finger treten.
    Als sie weiterkletterte, stieß plötzlich etwas gegen ihre linke Schulter. Sie drehte den Kopf und sah ein Stromkabel, das von der Decke baumelte. Es war etwa fünf Zentimeter dick und mit grauer Plastikisolierung ummantelt. Wieviel Gewicht würde es aushalten?
    Der Mann kam immer näher.
    Was soll’s.
    Sie griff nach dem Kabel und zog daran. Es hielt. Sie hob den Kopf, sah über sich keinen Klemmenkasten. Sie zog das Kabel zu sich, schlang die Arme darum. Dann die Beine. Kurz bevor die Stiefel des Mannes ihr auf die Finger traten, ließ sie das Gerüst los und schwang sich am Kabel hängend davon weg.
    Und fing an zu rutschen.
    Sie versuchte es mit Übergreifen, aber ihre Arme waren zu schwach. Sie rutschte, ihre Handflächen brannten. Sie kniff die Beine zusammen.
    Sie sauste zu schnell nach unten.
    Sie konnte nicht abbremsen.
    Die Reibungshitze versengte ihr die Haut. Sie rutschte drei Meter, noch einmal drei Meter. Danach verlor sie jegliches Gefühl für die Höhe. Ihre Füße stießen gegen einen Klemmenkasten, sie kam unvermittelt zum Stehen und schwang am Kabel in der Luft. Sie tastete mit den Füßen um den Kasten herum, klemmte sich dann das untere Kabel zwischen die Füße und verlagerte ihr Gewicht darauf…
    Sie spürte, wie das Kabel sich löste.
    Funken stoben aus dem Kasten, und Sirenen gelten durch die Halle. Das Kabel schwang hin und her. Von unten hörte sie Schreie.
    Als sie nach unten sah, merkte sie, beinahe schockiert, daß sie nur noch etwa zwei Meter über dem Boden hing.

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