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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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überwältigt vom Glücklichsein: »Nie mehr ein Hotel. Nie mehr ein Flugzeug. Nie mehr eine Klinik!«
    Sie waren bei Evis Tragkorb angekommen. Sein Blick fiel auf die Zeitung.
    »Willst du das wirklich lesen? Es ist die ›Frankfurter‹. Von gestern.«
    »Von wollen kann keine Rede sein. Aber ich sollte … Steht was drin?«
    Sie nickte.
    »Und was?«
    »Ich hab's nicht gelesen. Nur die Inhaltsangabe auf der ersten Seite.«
    Er setzte sich neben den Korb, und sie kauerte sich neben ihn und ließ Sandkörner über die Handfläche rieseln.
    Der Wind schlug gegen das Papier.
    Es war eine Arbeit, die Zeitung zu bändigen. Und dann fand er den Artikel.
    Er stand auf der Seite sechs im lokalen Teil. Seit der Frankfurt Airport-Katastrophe waren erst zwei Wochen vergangen, doch das Interesse der Menschen flachte bereits ab; die Nachrichten wanderten von den Frontseiten in den Innenteil.
    »Flugplatz-Attentäter begeht Selbstmord«, lautete die Überschrift.
    Roser …? Der arme Hund. Hansen versuchte sich Rosers Gesicht zu vergegenwärtigen, dieses von Haß erstarrte Gesicht. Es gelang ihm nicht. Er erinnerte sich nur an den Mund; an einen zuckenden Mundwinkel, in dem sich Speichelbläschen gebildet hatten.
    »Der 49jährige Frankfurter Elektrotechniker Karl Roser, der sich in der vergangenen Woche als Urheber eines im letzten Augenblick vereitelten Bombenanschlages selbst der Polizei stellte, hat in einer Zelle des Untersuchungsgefängnisses Selbstmord durch Erhängen verübt.
    Die Vollzugsbeamten fanden den leblosen Körper Rosers bei ihrem Morgenrundgang. Zu den vielen merkwürdigen Begleitumständen der Frankfurter Flughafen-Katastrophe gehört es, daß zwei Beamte des Bundeskriminalamtes gerade bei der Entschärfung des von Roser gelegten Sprengkörpers waren, als draußen vor den Flugsteigen B und C die ungarische Düsenmaschine explodierte. Einer der Beamten fand dabei den Tod.
    Die Polizei schließt einen Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen als absolut unwahrscheinlich aus. Was die Auslösung der Tupolev-Detonation angeht, wird von der Pressestelle des Frankfurter Polizei-Präsidiums der Leiter der Untersuchungs-Kommission, Flughafen-Kriminaldirektor Alfred Meisel, zitiert:
    DIE WAHRE URSACHE DIESES UNGLÜCKS, DEM 24 JUNGE MENSCHENLEBEN ZUM OPFER FIELEN, WIRD WOHL NIE ERGRÜNDET WERDEN KÖNNEN. UNTERSUCHUNGSTECHNISCH ZUMINDEST SCHEINT DIES AUSGESCHLOSSEN, OB ES SICH NUN UM SCHLAMPEREI HANDELTE – UNTER DEN DDR-SPRENGKÖRPERN KÖNNTE SICH JA EINE UNGESICHERTE MINE BEFUNDEN HABEN –, OB UM EIN UNSACHGEMÄSSES VORGEHEN BEIM STAUEN DER LADUNG, ODER OB DIE EXPLOSION SABOTAGE WAR – ES WIRD WOHL IM DUNKEL BLEIBEN MÜSSEN. ALS GESICHERT KANN NUR EINE EINZIGE URSACHE GELTEN: KRIEG UND HASS, DIE NOCH IMMER MITTEN IN EUROPA DIE KÖPFE DER MENSCHEN VERWIRREN.
    Roser jedenfalls hatte mit der Sache nichts zu tun. Er galt nach Aussagen seiner Angehörigen schon seit längerer Zeit als depressiv und zu unkontrollierten Handlungen fähig …«
    Roser? Nein, ich will mich nicht an ihn erinnern, dachte Hansen – aber die Zahl bleibt:
    VIERUNDZWANZIG …
    Nein, gegen diese Zahl konnte Hansen sich nicht wehren. Und auch nicht gegen das, was sich damit verband, was sie für ihn bedeutete: Stöhnen, Flüstern, flehende Augen in verbrannten Gesichtern, das Klirren der Instrumente, das Blasebalg-Geräusch des Beatmers …
    Vierundzwanzig!
    Jeder dieser Menschen könnte neben dir sitzen, könnte über den Sand laufen, zum Fischen hinausfahren, sich ins Meer werfen, tauchen … Jeder.
    »Es hätten mehr sterben können, Fritz«, hatte Rolf Gräfe gesagt, als er ihn vor der Abreise nach Korfu besuchte. »Viel mehr … Was willst du eigentlich? Es hat sich gelohnt, was wir taten. Und ob! – Und deshalb mach ich auch weiter und bleib euch erhalten …«
    Hansen blickte über die Schaumstreifen am Strand.
    Die Wellen kamen, gingen, kamen. Und jedesmal, wenn sie den Sand freigaben, bildeten sich kleine Deltas, in denen das Wasser zurückfloß, um sie dann wieder zu füllen …
    Evi schwieg.
    Er legte die Hand auf ihre Hand. Es war gut, sie zu spüren.
    Und dann fiel sein Blick auf ihren schmalen, gebräunten Nacken.
    »Da fehlt was, Ev. Die Kette?«
    »Es fehlt nichts …« Sie drehte sich ihm zu, lächelte. Und der Wind warf ihr die Haare über das Gesicht. »Ich brauche sie nicht länger.«
    »Aber ich brauch dich«, sagte er und legte den Arm um ihre Schultern …

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