Airport-Klinik
standen und starrten. Und alle hatten sie denselben Gesichtsausdruck.
Außerdem kam auch noch Wilms' Fahrer angerannt.
Eva Maria aber? Sie saß noch immer. Geisterblaß. Nun, das war uninteressant. Die ganze Eva Maria war es bereits. Sie existierte nicht mehr. Sie wußte es nur noch nicht.
Kanitz drehte sich um und rieb die schmerzenden Knöchel.
»Sind Sie eigentlich verheiratet?« fragte er den Fahrer.
»Wie bitte?« stotterte der. »Ja, Herr Doktor … jawohl.«
»Nun, ich war es mal. Und Ihnen, mein Lieber, würde ich raten … Aber lassen wir's! Bringen Sie mich zu Herrn Dr. Wilms. Der hat es wirklich nicht verdient, daß ich ihn warten lasse.«
Das erste, was Peter Straub erkannte, als er einigermaßen wieder zu sich kam, waren Tischbeine. Dann Männerbeine, Hosen …
Benommen versuchte er sich klarzuwerden, was eigentlich geschehen war. Doch es gelang ihm nicht, der Schmerz drohte seinen Mund zu zerreißen. Und es war nicht der Schmerz allein, es war auch diese grauenhafte Übelkeit, das Würgen im Magen, in der Speiseröhre … Alles, was die rebellierenden Nerven verlangten, war: Luft, Luft! Ich muß atmen, Luft, Hilfe … ich ersticke!
Es wurde schwarz vor Peter Straubs Augen.
Seine Hand zuckte, riß ein Tischtuch herunter. Mit letzter Kraft versuchte er sich zu erheben, doch sein Körper schien schwer wie Blei, es ging nicht … Nichts ging mehr … alles schwarz! In einem letzten Aufflammen seines Bewußtseins sah er ein Mädchengesicht über sich. Fühlte eine Hand, die ihm den Kopf zurückriß; eine andere Hand, die seinen Mund öffnete, den Kiefer auseinander schob.
Er konnte jetzt atmen – ja!
Wie ein silberner Strom drang Sauerstoff in seine Lungen, machte ihn einige Herzschläge lang blind vor Glück. Doch dann kam die Übelkeit zurück, der Magen revoltierte, krampfte sich zusammen.
Bloß nicht! – Er dachte es und versuchte den Brechreiz niederzukämpfen: Der Straub – der große Straub … da liegt er im Dreck, hat einen k.o. verpaßt bekommen … da liegt er und kotzt Tischbeine an … Und warum, warum nur?
Es war ihm sowas von übel. Und mit einem Rest von Klarheit sah er sich wie immer: von anderen beobachtet und angestarrt. Und das Stück war so mies, die Inszenierung eine einzige Katastrophe …
Vorhang!
Doch es gab hier ja keinen Vorhang.
Peter Straub wußte nur noch einen einzigen Abgang: Eine gnädige, nein, eine gekonnte Ohnmacht …
»Was soll denn das mit deiner ›Sensation‹?« protestierte Britte Happel. »Du kannst mich doch nicht auf den Arm nehmen! Ich sitze da, trinke meinen Milk-Shake – und da kommt so 'ne aufgemotzte Schickimicki-Tante herein und ein Typ mit Locken …«
»Was heißt hier Typ mit Locken?« Lukrezia Bonellis Augen wurden rund wie nie: »Ja, Britte! Hast du ihn nicht sofort erkannt?« Sie starrte Britte Happel an, als hätte sie ein seltenes Tier im Zoo vor sich.
»Ja, wie denn? Erst mal hab ich gar nicht hingeguckt. Mein Milk-Shake war mir wichtiger. Und dann, als es rund ging …«
Oberpfleger Fritz Wullemann kam an den Tisch in der Kantine der Airport-Klinik, das Tablett mit Bier für sich und den jungen Arzt Fred Wicke und Kaffee für Lukrezia und Britte in den Händen. »Dein Kaffee, Brittchen. Jeht auf Kosten des Hauses. Oder vielmehr: Det iss 'ne Wullemann-Spende. Airport-Schwester rettet in Kaffee-Pause Welt-Star! Iss det nischt? Haste wenigstens 'n Autogramm?«
Britte schüttelte den Kopf.
»Icke schon!« Triumphierend griff Fritz Wullemann in die Tasche seines Pflegermantels und zog ein Foto hervor.
Auf dem Bild ein strahlendes Gesicht, und darunter stand schräg, bis zur Brusthöhe: PETER STRAUB.
»Wat sagste nun?« fragte er stolz.
Britte sagte gar nichts. Sie riß die Zuckertüte auf und schüttete den Inhalt in ihren Kaffee. Am liebsten wäre sie aufgestanden und hätte den Kaffee gleich mitgenommen. Diese idiotischen Sprüche. Was ging sie ein Peter Straub an? Ihr wurde es einfach zuviel …
»Er wird dich einladen, hat er jesagt. Der war ja richtig besoffen vor Dankbarkeit. Und wo du steckst, wollte er wissen. Aber da warste ja im OP, nich?«
Britte nickte.
»Na schön. Morjen kriegste Karten. Für Salzburg. Da muß er nämlich hin. Hat sich jerade noch seine Millionen-Visage abjewischt, wollt von mir 'nen Kamm und iss losjerannt, zu seinem Fliejer.«
»Ja, und die Frau? Und überhaupt, Britte, warum erzählst du denn nicht endlich?« Lukrezia Bonellis Augen fieberten vor Aufregung: »Der Straub! Mein Gott,
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