Akasha 03 - Das Exil der Messianer
Erfahrung gebracht?
DeTschenri fühlte sich hilfloser als je zuvor in seinem Leben. Er glaubte, solange einigermaßen sicher sein zu können, wie die sechs anderen Mitglieder des Magistrats wähnten, nur er wäre eine Lösung der Erbrechtsfrage zu finden imstande. Wenn sie jedoch entdeckten, was er mit dem Egotransfer eigentlich beabsichtigte, wenn sie zu der Erkenntnis gelangten, daß auch jemand anders die Experimente zu einem erfolgreichen Abschluß bringen konnte, konnte es irgendwann zu einem ›Unfall‹ kommen, dem er zum Opfer fiel; wie sein Vorgänger.
Achtundsechzig Stunden ohne Schlaf. Achtundsechzig Stunden Anspannung und Streß.
Patric DeTschenri justierte den Projektor neu, und eine Sekunde später befand er sich im Laboratorium. Während der letzten Zeit hatte er es sich zur Angewohnheit gemacht, seine privaten Räumlichkeiten in der Zitadelle kaum noch zu verlassen und statt dessen als sensitives Simulacrum umzugehen; auf diese Weise wurde er nicht dauernd von den Biotikern kontrolliert.
Im einen der beiden wannenartigen Behälter jenseits der Fensterwand lag der nackte Körper Ergestius Shryders, und kobaltblaues Licht hüllte ihn ein. Vergeblich kämpfte der ehemalige Laborchef gegen das Stasisfeld an.
»Oh«, machte eine piepsige Stimme. »Ohohohoh! Sie sind es.« DeTschenri drehte sich um und musterte den Ascar, der nun die Testreihe leitete. Der einige Normtonnen schwere Ballonkörper wurde von einem Mikrogravitator abgestützt, denn sonst hätten ihn die zwei Dutzend dünnen Beinchen unmöglich tragen können. An den vielen knospenartigen Auswüchsen klebten Dutzende von elektronischen und mechanischen Bausteinen, die Servoarme und filigrane Stahlelemente steuerten. Der Ascar war einer der fähigsten Genetiker in den Diensten DeTschenris – und loyal. Als ausgeprägter Einzelgänger neigte er dazu, den Kontakt mit anderen intelligenten Wesenheiten zu scheuen und langatmige Selbstgespräche zu führen. DeTschenri hatte ihm versprochen, nach einem erfolgreichen Abschluß der Experimente einige Ichkopien von ihm herzustellen, und der Ascar war ganz versessen darauf, sich in sein Refugium zurückzuziehen, um sich mit seinen fleischlichen Abbildern zu unterhalten.
(Jemand betrat die Projektionskammer, und außer DeTschenri selbst gab es nur eine Person mit Zugangserlaubnis. Die Übertragungseinheit übermittelte ein Dringlichkeitssignal.)
»Die Arbeiten müssen weiter beschleunigt werden«, wandte sich DeTschenri an den Ascar.
»Hast verursacht Fehler«, gab der Ballon zu bedenken, während die von den elektronischen Bausteinen gesteuerten Greifarme Schaltungen vornahmen. Hinter der Fensterwand verstärkte sich der kobaltblaue Glanz, und im nackten Körper Shryders zuckten die Muskeln.
»Und Fehler werden zur Folge haben, daß ich Sie zur Rechenschaft ziehe!« erwiderte DeTschenri. (Ein zweites Dringlichkeitssignal.) »Fordern Sie die Mittel an, die Sie brauchen, um innerhalb von zwei Tagen einen ersten vollständig erfolgreichen Egotransfer durchzuführen.« Er deutete auf die Gestalt des ehemaligen Laborchefs. Trotz des Stasisfeldes zitterten die beiden gezwirbelten Enden des langen Oberlippenbartes. »Sollte Shryder während dieses Tests nicht den Tod finden, so lassen Sie ihn eliminieren.« Ein leichter Druck auf eine Sensorfläche, und Patric DeTschenri befand sich wieder in der Projektorkammer. Vor dem Pneumosessel stand Piter Vandenbrecht und gestikulierte aufgeregt. Er rückte die Nickelbrille zurecht und raufte sich das Haar.
»Er macht es schon wieder«, beklagte sich der Sekretär DeTschenris, »jawohl, er hat wieder angefangen, läßt sich einfach nicht belehren, bringt uns in Schwierigkeiten, bereitet uns Probleme und ...«
»Vom wem sprechen Sie?«
»Von Loyer fran Brigge. Er sabotiert unsere Geschäfte, und wenn es so weitergeht, muß ich bald rote Zahlen schreiben, und dann bekommen wir Probleme mit dem Magistrat, droht Ihnen vielleicht eine Rückstufung, er behindert die ökonomische Restrukturierung im Demos der Demarkatoren, läßt von seinen Vertrauten in den Verwaltungszentren elektronische Akten manipulieren und ganze Datenbanken löschen, hat sogar versucht, meine Journale zu vernichten, und außerdem veranstaltet er konspirative Treffen mit Wallmond, der auf fran Brigges Betreiben hin den Musencomputer lahmgelegt hat, und er versucht, die Ciristin Djamenah Shara zu lokalisieren, um mit ihrer Hilfe das Exil der Messianer zu finden, und durch einen entsprechenden
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