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Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love

Titel: Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Schweiß -
Es ist alles da!
    - DANA
     
     
Es gibt so etwas wie den Zwang der Dunkelheit.
    - VICTOR HUGO
     
     
Hacken in Stücke in Blut …
    - Aus dem Ägyptischen Buch des Todes

KAPITEL 1

FREITAG ♦ 18.30 Uhr
    Er schloss die Tür zu seinem Apartment auf und betrat Dunkelheit und Einsamkeit. Der Lichtschalter konnte Finsternis vertreiben, aber was konnte Einsamkeit vertreiben? Bis jetzt gab es für ihn nur ein Mittel: Blut zu vergießen, Fleisch zu zerfetzen. Das war es irgendwie. Tief in den Eingeweiden verschaffte es ihm Befriedigung, wie eine Ejakulation. Es trieb ihn an weiterzumachen, verlieh ihm Kraft wie ein von den Göttern gebrauter Zaubertrank.
    Anfänglich hatte er diesen Trieb unterdrückt, war völlig in seinem Job aufgegangen. Er war verdammt gut in seinem Job, und das breitete sich wie eine Decke über seine Leidenschaften. Aber die Träume befriedigten ihn von Mal zu Mal weniger. Hunde und Katzen litten nicht genug. Sie ergaben sich in ihr Schicksal. Der Job geriet zum Störfaktor statt zur Ablenkung. Es war die Art Arbeit, die einen ständig mit dem Tod konfrontierte. Und jedes Mal wurde der Drang in ihm stärker … Bis es keinen anderen Gedanken mehr gab als Tod.
    Tod!
    Der bloße Gedanke daran versetzte die meisten in Angst und Schrecken. Ihm hingegen ersetzte es das Wort Liebe. Seit frühester Jugend (vielen Dank, Doris Johnston). Er hatte es verleugnet; es war, als wären er und seine Gedanken irgendwie fehl am Platze gewesen. Ungewöhnlich, ja, doch nicht im Geringsten fehl am Platze. Von nun an bildete
er die Elite. Sein Gott hieß Tod, und den Tod zu bringen war seine Form des Gebets. Ich bin der neue Messias. Ich verkünde eine neue Botschaft. Nicht die von Liebe und Frieden. Vielmehr die von Tod und Zerstörung.
    Auf dass es blute!
    Er ignorierte den Lichtschalter. Er brauchte ein kurzes Nickerchen, etwas, was ihm Kraft für später gab. Sein Verstand musste messerscharf sein, messerscharf wie seine Klinge. Er klappte sein Schrankbett aus und warf sich darauf, schloss die Augen und entschied, ungefähr eine Stunde zu schlafen. Die Fähigkeit, innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne zu schlafen, hatte er sich antrainiert. In seinem Job musste man jederzeit bereit sein. Man musste lernen, schlafen zu können, wenn sich die Gelegenheit dazu bot.
    Kurze Zeit später glitt er hinüber in einen Dämmerzustand, in dem sein bisheriges Leben und jenes, das er zu leben gedachte, Hand in Hand vorüberzogen. Doris Johnston, seine erste große Liebe, war eine Bewohnerin seiner Traumwelt. Und er liebte sie noch immer. Sie war sehr schön gewesen. Rank und schlank, dunkelbraunes Haar und große, sanfte Kinderaugen mit goldbraun gefleckter Iris. Er hatte sie niemals berührt … lebend.
    Er konnte sich erinnern, wie er sie um eine Verabredung gebeten hatte. So klar, als wäre es gestern gewesen. Sie hatte ein gelbes Kleid getragen. Ein kurzes Kleid. Ihre Beine waren sehr braun gebrannt, sehr schön. Die Strümpfe, die sie trug, hatten sie noch dunkler, noch schlanker, noch anziehender wirken lassen.
    Er hatte sich in Schale geworfen. Alles sauber, Körper, Haare, seine Sachen; seine besten Sachen - eine rot-blaue Weste, Cowboyhemd und knackige, noch kaum ausgewaschene
Jeans. Seine polierten Kragenspitzen hatten geglänzt wie das Metall eines Gewehrs.
    Ein paar beiläufige Worte vor ihrem Schließfach in der Schule. Er hatte sie ausgefragt. Über einen Film, soweit er sich erinnern konnte. Sie hatte ihn zurückgewiesen, und zwar nicht gerade freundlich. Er wusste noch genau, wie er sich plötzlich gefühlt hatte in seiner schlichten Kleidung. Eben noch gepflegt, wirkte sie durch Doris’ Arroganz schlagartig billig. Wie ein bedauernswertes Plastikprodukt, aufgemotzt mit Spucke und Politur und glänzender, roter Farbe, aber nach wie vor billig; eine japanische Zweidollarkamera aus einem mit zerbröselnden Erdnussriegeln, Minikakteen und Straßenkarten vollgestopften Andenkenladen an irgendeiner Ecke.
    Aber das Schicksal hielt kleine Überraschungen parat. Kaum eine Woche später überfuhr ein Auto voller Betrunkener eine rote Ampel, krachte in Doris’ Wagen wie ein flammender Meteor und zerquetschte ihr schönes Gesicht am Lenkrad.
    Er erinnerte sich an die Beerdigung. An die Tränen, Blumen, an die Beileidsbekundungen. Es waren zumeist junge Männer gewesen, die bedauert hatten, dass so ein reifes und niedliches Stück Arsch nicht länger unter den Lebenden und Willigen weilte. Anders bei ihm. Er

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