Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
Schreibtisch, als wäre er eine zerbrechliche Ming-Vase. »Mein Gott, ich hätte nie …«
»Beruhigen Sie sich. Es könnte genauso gut eine Rechnung sein.«
»Der Absender fehlt.«
»Ja. Der Letzte war auch in einem Umschlag wie diesem. Danke, Sharon. Ich kümmere mich darum.«
»Okay. Mann, es tut mir leid.«
»Vergessen Sie’s. Gehen Sie wieder an Ihre Arbeit. Ich werde mich darum kümmern.«
Sharon, die sich jetzt richtig bescheuert vorkam, kehrte zu ihrem Schreibtisch zurück. Von dort beobachtete sie mit versteinertem Gesicht, wie Barlowe den Umschlag mit einem zusammengefalteten Blatt Schreibmaschinenpapier aufhob und ihn so in das Büro von Evans, dem Verleger, brachte.
»Chef«, sagte Barlowe, als er die Tür öffnete.
Evans, ein weißhaariger Mann mit fleischigem Gesicht, das gut zu seiner restlichen Statur, blickte auf. »Ja?« Er runzelte die Stirn, und seine Stimme klang ungeduldig. »Was gibt’s?«
»Das«, sagte Barlowe und ließ Brief und Schreibmaschinenpapier auf Evans’ Schreibtisch flattern. »Fassen Sie es nicht an, Chef.«
Evans zog die Hand zurück, die schon gezuckt hatte. Ein Ausdruck des Wiedererkennens huschte über sein Gesicht.
»Er?«
»Ich denke schon. Sharon brachte ihn mir. Sie hat ihn auf dem Empfangstresen gefunden … lag einfach da. Sie hat nicht gesehen, wer ihn reingebracht hat. Eins ist sicher.
Er ist nicht mit der Post gekommen. Es ist keine Briefmarke drauf.«
»Das seh ich selbst. Ich vermute, er ist ganz einfach hier hereinspaziert und hat das verdammte Ding auf den Tresen gelegt.«
Barlowe fuhr mit der Zunge über seine Lippen. »Sieht so aus … als wär’s von ihm. Ich hab so ein Gefühl. Ich meine, er sieht genauso aus wie der letzte. Der blaue Umschlag und alles. Mein Name vorne mit sorgfältig ausgeschnittenen Buchstaben. Von wem sonst könnte er sein?«
»Yeah.«
»Sollen wir ihn öffnen?«
»Besser nicht. Ich werde die Polizei verständigen. Sollen die entscheiden, was zu tun ist.«
»Es könnte sich aber auch herausstellen, dass es eine Nachricht von einem meiner Informanten bei der Polizei ist.«
»Künstlerpech. Dann ist die Katze eben aus dem Sack. Besser so, als Beweismaterial zu vernichten.«
»Ja, ich denke, Sie haben Recht … außerdem sieht er genauso aus wie der letzte.«
»Er ist es. Darauf verwett ich meinen Job. Setzen Sie sich, Phil.« Evans zeigte auf einen Stuhl. Barlowe setzte sich. Evans bediente die Tasten an seinem Telefon. Fünfzehn Minuten später war die Polizei da.
Hanson trug Gummihandschuhe, als er die schmale Klinge seines Taschenmessers ausklappte und den Umschlag an einer Seite aufschnitt. Er fischte den Brief heraus. Er war mit einzeiligem Abstand auf Schreibmaschinenpapier getippt.
Clark, der neben ihm stand, sagte: »Ich wette, er hatte keine Lust mehr, Papier auszuschnippeln. Vielleicht ist die Schreibmaschine ein Hinweis.«
»Darauf wette ich nicht«, sagte Hanson säuerlich.
»Was schreibt er?«, fragte Evans neugierig, ein bisschen überrascht über seinen Mangel an Selbstbeherrschung, eine Eigenschaft, auf die er sonst so stolz war.
Mit gedämpfter Stimme las Hanson vor.
Diese Zeile, gesungen zur Melodie von »Fun, Fun, Fun« von den Beach Boys: »Werde hacken, hacken, hacken, bis die Bullen kommen und mein Bajonett packen.« Und bei dem Tempo, mit dem diese Idioten arbeiten, werde ich grenzenlosen Spaß haben. Ich schicke diese Nachricht an Dich, Barlowe, denn ich mag es irgendwie, wie Du berichtest. Gutes, sensationelles Zeug, das Du da schreibst. Richte den Bullen aus: Ich werde alles zerhacken und aufschlitzen, was ich kriegen kann. Ich zerschneide jede Frau, die ich finden kann, vom Bauch bis zu den Kiemen. Sie werden leiden. Denk darüber nach. Denk richtig darüber nach. Es könnte Deine Schwester sein, Deine Geliebte, Deine Frau, selbst Deine Mutter. Und ich werde es sein, der gute, alte Houston Hacker, der sich über sie beugt mit seiner scharfen Klinge und wachsenden Leidenschaft. Und ich sage Dir, ich bin leidenschaftlich. Ich liebe meine Arbeit, und ich will Blut !
Der Hacker
»O Gott!«, entfuhr es Barlowe, als Hanson fertig war.
Hanson faltete den Brief zusammen und steckte ihn zurück in den Umschlag. Er gab ihn Clark, zog die Handschuhe aus und stopfte sie in die Tasche seines Jacketts.
Dann sagte er zu Barlowe: »Meiner Ansicht nach tragen Sie die Hälfte der Verantwortung.«
Barlowe runzelte die Stirn: »Verdammt nochmal, wovon reden Sie?«
»Von der scheiß
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