Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
»Immer auf die Spitze. Das macht einen Reporter aus. Davon verstehe ich was.«
»Das tun Sie sicher.«
»Ich lasse Sie nicht auffliegen. Wenn sich herumspricht, dass ich ein Anscheißer bin, versiegen womöglich meine anderen Quellen.«
»Ich bin überzeugt, Sie müssen keine Werbung dafür machen, dass Sie ein Anscheißer sind. Die Leute merken das ziemlich schnell.«
»Na wenn schon.«
Milo drehte sich um und ging den dunklen Weg entlang.
Barlowe schrie ihm hinterher: »Grüßen Sie Ihr Kind von mir, die Weichbirne.«
Milo zitterte vor Wut. Nein, dachte er, er will mich nur reizen. Ich bin fertig mit ihm. Er ging weiter dem Licht der Straßenlaternen entgegen.
DONNERSTAG ♦ 20.00 Uhr
Bevor er den Weg nach Hause einschlug, fuhr er den Astrodome Way herunter und hielt Ausschau nach einem Opfer. Er kam an dem monströsen Wahrzeichen der Stadt vorbei, und es erschien ihm wie eine riesige Brust. Eine von diesen Ausmaßen wäre amüsant. Es würde Ewigkeiten dauern, sie in rote, saftige Streifen zu zerschneiden. Ein unendlicher Spaß.
Ein blaues 68er Mustang Cabriolet fuhr rechts neben ihm. Lange braunes Haar wippte im Nachtwind. Die Straßenlichter, hell wie der Tag, tanzten auf ihrem nackten Rücken. Sie trug ein Bikini-Oberteil, dunkelgrün. Er fragte sich, was sie unten herum trug. Das Bikinihöschen? Shorts? Jeans? Bald würde er es wissen.
Sie nahm die nächste Ausfahrt.
Er wechselte schnell auf die rechte Spur und fuhr mit etwas zu viel Beschleunigung hinter ihr die Ausfahrt herunter.
TEIL DREI
DAS ENDE VON ALLEM
Rache ist ohne Weitblick.
- NAPOLEON I
Gerechtigkeit ist Wahrheit in Aktion.
- JOUBERT
Selbstverteidigung ist eine Tugend
und das alleinige Bollwerk jeglichen Rechts.
- BYRON
Kein Mensch hat je einem anderen
absichtlich eine Verletzung zugefügt,
ohne sich selbst eine größere zuzufügen.
- HENRY HOME
Ich glaube, es gibt bestimmte Verbrechen,
die sich dem Gesetz entziehen können
und die deshalb zu einem gewissen Grade
private Rache rechtfertigen.
- SHERLOCK HOLMES
KAPITEL 1
DONNERSTAG ♦ 20.00 Uhr
Patricia Quentin ahnte nicht einmal, dass sie verfolgt wurde.
Dieser Tag hatte sich für sie zu einem gelungenen Tag entwickelt. Wie ein riesiges Meer blauen Balsams hatte der See auf ihre verletzte, geschundene Seele gewirkt. Sie hasste Roger nun zwar nicht mehr, doch gleichzeitig wusste sie, dass sie ihn auch nicht mehr liebte. Es kam ihr so vor, als wäre dieser Tag der Schlusspunkt, an dem ihr Leiden endete.
Genau, wie mein alter Herr gesagt hat, dachte sie. »Roger taugt nichts. Er ist keinen vertrockneten Kuhfladen wert.« Wahrhaftig.
Vor mir liegt ein neues Leben. Wie das Sprichwort sagt: Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens.
So sehr, wie sie sich emotional befreit fühlte, fiel Patricia vor lauter Wohlbefinden nicht auf, dass ihr bereits seit etlichen Kilometern im Abstand von etwa drei Wagenlängen dasselbe Auto folgte. Erst als sie die Straße erreichte, in der sie wohnte, bemerkte sie die Scheinwerfer im Rückspiegel ihres Mustang. Es machte ihr jedoch nicht Angst. Noch nicht.
Sie fuhr ein wenig schneller als erlaubt, bog dann rasch in ihre Auffahrt ein, um den Wagen an ihrer Stoßstange loszuwerden, und stellte den Motor ab. Einen Arm über den Sitz gelegt, beobachtete sie den Wagen hinter sich.
Sie war neugierig, sonst nichts.
Der Wagen fuhr vorbei. Sie kannte ihn nicht. Sie war nicht beunruhigt, als er am Ende des Blocks langsamer wurde, länger als nötig am Schild mit dem Stop -Zeichen hielt und dann plötzlich nach vorn schoss, rechts abbog und schnell verschwand. Für einen kurzen Augenblick dachte sie, es sei Roger gewesen, der - wieder einmal betrunken - zurückgekehrt war, um seine Wollust zu befriedigen - oder es zumindest zu versuchen -, um dann ihre Gefühle mit spitzen Bemerkungen zu verletzen. Wenn dem so war, dann hatte er sich im letzten Moment anders entschieden.
Sie stieg aus dem Mustang und schloss die Tür. Sie trug nur einen Bikini. Ein scharfer Stein bohrte sich in ihren nackten Fuß und erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Mit der einen Hand auf die Motorhaube des Mustang gestützt, versuchte sie mit der anderen, den Stein zu entfernen.
An der Straßenecke blitzten Scheinwerfer auf und zerteilten mit ihrem Licht die Straße. War er einmal um den Block gefahren?, fragte sich Patricia.
Der Wagen fuhr langsam und war nun auf halber Höhe des Blocks. Fahr zur Hölle, dachte Patricia. Wenn es
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