Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
mehr, als Sie ahnen. Es hat mich nachdenklich gemacht. Das ist schon was. Es hat mich davon überzeugt, ein paar Bäume zu verpflanzen, so dass ich den Wald jetzt sehen kann.«
»Das hoffe ich.«
»Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Marvin.«
Als Hanson schon am Wagen war, rief Warren ihm nach: »Seien Sie vorsichtig, Marvin. Passen Sie auf sich auf.«
Hanson drehte sich um: »Das werde ich.«
Besser ist es, dachte Warren, aber er sprach es nicht aus.
Hanson stieg in seinen Wagen, startete, schaltete das Licht ein und fuhr davon.
Warren sah ihm nach, bis der Wagen außer Sichtweite war.
DONNERSTAG ♦ praktisch zur gleichen Zeit, 19.05 Uhr
Der Herman Park hüllte sich in angenehme Dunkelheit. Milo fühlte sich im Dunkeln wohl wie ein Baby im Mutterleib. Es beruhigte ihn und gab ihm Zeit zum Nachdenken. Im Hintergrund unterhielt ein Open-Air-Konzert sein abendliches Publikum. Und immer näher kam das nächtliche Treiben der Tiere im Zoo, ihr Gebrüll und Gejammer wegen einer verlorenen Welt und einer Freiheit, die die meisten von ihnen niemals kennengelernt hatten. Wenn sie frei wären, würden sie nichts damit anfangen können, dachte Milo. Er fühlte sich ebenso eingesperrt, nicht durch Gitterstäbe, sondern durch seine Unfähigkeit, den Ehrenkodex zu befolgen, an dem er früher so festgehalten hatte. Er hatte die Redlichkeit über Bord geworfen. Nun begriff er es. Es hatte immer einen guten Grund für dies und einen guten Grund für jenes gegeben. Und er konnte nicht einmal mehr zu seinem Wort stehen. Nie wieder, hatte er zu Barlowe gesagt. Als aber der grüne Lappen unter seiner Nase tanzte, war sein Wort brüchiger geworden als das Leichentuch einer ägyptischen Mumie. Charakterlos, das bin ich. Charakterlos.
Am Ende des Weges, der zu seiner Parkbank führte, sah Milo den Umriss eines Menschen aus der Dunkelheit auftauchen und seine Richtung einschlagen. Allein
schon der schaukelnde Gang hätte den Mann verraten, selbst wenn er versucht hätte, nicht aufzufallen. Doch das wollte er nicht. Milo sah auf seine Uhr. Sie waren um 19.15 Uhr verabredet. Wie immer war Barlowe pünktlich.
Barlowe vergrub die Hände in den Taschen seiner Jeans, und das T-Shirt, das er trug, ein armeegrünes Teil, löste bei Milo Überraschung aus, enthüllte es doch Barlowes kräftigen Körperbau. Irgendwie hatte er immer angenommen, dass dieser Mann ein Schwächling sei.
»Haben Sie was für mich?«, fragte Barlowe und setzte sich neben Milo auf die Bank.
»Sie haben mich erwischt, besser gesagt, Joe Clark.«
»Der Partner von dem Nigger?«
»Hören Sie auf damit.«
»Es sind ja wohl nicht unbedingt Ihre Kumpel.«
»Sie sind Cops, genau wie ich«, knurrte Milo, »mit dem einen Unterschied, ich bin bestechlich, sie nicht.«
»Soweit Sie das beurteilen können.«
»Nein, sie sind es nicht. Ich weiß es.«
»Sitzen Sie in der Klemme?«
»Möglich. Clark ließ mich gehen. Er sagte, er würde nichts sagen.«
»Dann haben Sie nichts für mich?«
Milo sah Barlowe direkt ins Gesicht. »Man hat mich erwischt, Arschloch. Ich habe es doch gerade gesagt. Ich bin froh, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Ich hasse mich dafür, mein Wort gebrochen zu haben. Nie wieder, hab ich letztes Mal gesagt.«
»Schon gut. Sie sind erwischt worden. Er hat Sie nicht angezeigt. Sie sind erst mal aus dem Schneider. Lassen Sie es für eine Weile einfach ruhig angehen, und wenn die
glauben, Sie hätten aufgehört, fangen Sie eben wieder an. Das Geld wird weiter fließen.«
»Nein, das wird es nicht.«
»Mein Verleger …«
»Das meine ich nicht. Ich will Ihr Geld nicht. Wischen Sie sich den Arsch damit. Mir reicht’s.«
»Ich könnte der Polizei einen kleinen Brief schicken und meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen für das, was Sie für mich getan haben.«
Milo packte Barlowes T-Shirt. »Dann legen Sie mal los.«
»Ich werde Sie dazu bringen, dieses T-Shirt von sich aus loszulassen. Wenn nicht, werde ich Ihnen dabei helfen.«
»Sie können mich nicht einschüchtern, Barlowe. Ich scheiß auf Ihr T-Shirt.« Milo ließ ihn los und stand auf. »Schreiben Sie doch Ihren kleinen Brief, Arschloch. Sie werden ja sehen, ob es mir was ausmacht. Ich bin fertig mit Ihnen. Von mir kriegen Sie nichts mehr.«
»Keine Sorge, Milo. Ich habe nur versucht, etwas Boden gutzumachen.«
Milo schüttelte den Kopf. »Sie treiben’s immer auf die Spitze, nicht wahr?«
»Richtig«, sagte Barlowe und legte beide Arme über die Lehne der Parkbank.
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