Akt der Liebe - Lansdale, J: Akt der Liebe - Act of Love
Werkzeug herbei, das auf den ersten Blick aussah wie eine Art Kettensäge. Barlowe erkannte es sofort. Es handelte sich um ein benzinbetriebenes Gerät mit dem Spitznamen »die Klauen des Lebens«, das in weniger als
drei Minuten die Tür des Grand Prix zerteilen konnte wie ein Messer weiche Butter.
Als die Männer bei der Fahrerseite ans Werk gingen, war die Luft plötzlich erfüllt vom Aufheulen der Maschine, und kurz darauf setzte das Kreischen ihrer metallfressenden »Kiefer« ein.
Nach noch nicht einmal drei Minuten trat der Feuerwehrmann zurück und stellte die Maschine ab. Die Tür war offen.
Ein Sanitäter rannte herbei, beugte sich in den Wagen und fühlte nach dem Puls des Jungen. Er steckte sich die Enden seines Stethoskops in die Ohren, legte es dem Jungen an den Hals und dann auf die Brust. Einen Augenblick später richtete er sich auf und entfernte sich vom Wagen.
»Machen Sie den Sicherheitsgurt los, und holen Sie ihn heraus«, rief er. »Der Junge ist tot.«
Zwei große Feuerwehrleute reagierten sofort. Als der Junge draußen war und neben dem Auto lag, kroch der Sanitäter über den Sitz zu dem Mädchen.
Einer der Feuerwehrleute sagte: »Ich glaube, der Junge hat sich das Genick gebrochen.«
»Sieht so aus«, sagte der andere.
Aus dem Wageninnern rief der Sanitäter: »Sie lebt noch.«
SONNTAG · 00.05 Uhr
Das Telefon klingelte. Hanson nahm sofort ab. Seine Stimme war ein trockenes Krächzen. »Hallo.«
»Bin ich da bei Hanson?«
»Ja, sind Sie.«
Rachel, die in der Küche über einer kalten Tasse Kaffee gebeugt gesessen hatte, kam im gleichen Moment ins Zimmer.
»Lieutenant, hier spricht Sergeant Fierd vom Pasadena Police Department.«
»Ja«, sagte Hanson schwach.
»Es hat leider einen Unfall gegeben.«
»Mein Gott. JoAnna?«
»Ja, aber sie ist gesund. Sie hat nur eine anständige Beule. Ich fürchte, der Junge ist tot. Der Wagen hat sich überschlagen.«
»Aber JoAnna geht es gut?«
Rachel sagte wieder und wieder: »Wer ist es, Marve, wer ist es?«
»Sie ist in Ordnung«, sagte Fierd. »Sie liegt im Bayshore.«
»Danke, Sergeant. Wir sind auf dem Weg.«
KAPITEL 5
SONNTAG · 1.30 Uhr
Die Krankenhausuhr zeigte 1.30 Uhr an. Hanson lief in den sterilen Gängen auf und ab wie eine Laborratte auf der Suche nach Käse. Rachel saß schweigend auf einem der Stühle im Besucherbereich und krampfte die Hände zusammen. Sie presste sie so fest, dass die Blutzufuhr nahezu unterbrochen wurde.
Rachel beobachtete Hanson. Er sah aus, als wäre er über Nacht um zehn Jahre gealtert, und ihre Bemerkung von vorhin hatte ihm sicherlich nicht weitergeholfen.
Sie fuhr mit der Zunge über ihre trockenen Lippen und sagte: »Marve.«
Er unterbrach seine Hin-und-her-Rennerei. »Ja?«
»Was ich vorhin gesagt habe. Es tut mir leid. Ich war zu aufgeregt. Ich hab es nicht so gemeint.«
Er lächelte: »Ist schon okay. Ich habe es verdient. Ich habe mich dumm benommen.«
»Ich hab gesagt, er sei wegen dir hinter uns her. Du machst nur deinen Job. Es tut mir leid.«
»Vergiss es.«
»Marve?«
»Ja?«
»Es tut mir wirklich leid.«
Hanson kam zu ihr herüber, setzte sich auf den Stuhl neben sie und nahm ihre kalte Hand.
»Es wird alles wieder gut. Du wirst sehen.«
»Glaubst du, dass der Hacker den Unfall provoziert hat?«
Hanson schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Ich weiß nur, was Fierd mir erzählt hat und was der Arzt gesagt hat.«
»Sie hat ihm erzählt, ein Mann habe sie gejagt. Ein Mann mit einem Regenmantel in einem blauen Van.«
»Das hat der Arzt gesagt. Aber sie war hysterisch, als sie zu sich kam. Sie hat sich den Kopf angeschlagen …«
»Das glaubst du doch nicht. Es war der Hacker.«
»Ja«, sagte Hanson. »Ich glaube, er war es.«
Bei dem Geräusch von Gummisohlen drehten sich beide um. Ihr Hausarzt, ein kleiner, stämmiger Mann in den Fünfzigern, kam den Gang entlang. Sein Gesicht war wie immer gerötet und die Nase erschien als der leuchtendste Teil davon.
Hanson stand auf und rief ihm noch außer Hörweite zu: »Wie geht es ihr?«
»Mr und Mrs Hanson«, sagte er zur Begrüßung und ignorierte Hansons Frage.
»Doktor Bran«, drängte Hanson, »wie geht es ihr?«
»Fein, fein, fein. Was für ein gesundes und starkes Mädchen. Natürlich hat sie einen kleinen Schock.«
»Weiß sie über Tommy Bescheid?«, sagte Rachel.
»Nein, nein. Natürlich nicht. Wollte das nicht ausgerechnet jetzt erwähnen. Ich hab ihr gesagt, der Junge sei auf der Intensivstation. Sie hat
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