Akte Atlantis
ihm über zerklüftete Felsen und die Wipfel der Bäume hinweghuschte, haarscharf über jäh aufragende Kämme schoss, bevor er sie überhaupt bemerkt hatte. Er konnte die Flugroute und das Gelände, durch das sie führte, am topografischen Bildschirm verfolgen, während das Skycar per Autopilot zu seinem vorprogrammierten Ziel flog, ruhig und stetig den Kurs hielt und gelegentliche Turbulenzen mittels der automatisch gesteuerten Stabilisatoren unter den Triebwerken ausglich.
Pitt fand es alles andere als beruhigend, mit verschränkten Armen dazusitzen, während das Flugzeug ohne jede menschliche Hilfe durch die stockdunkle Nacht huschte und Berge umkurvte. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als dem Computerleitsystem zu vertrauen und ihm das Fliegen zu überlassen. Giordino, der neben ihm saß, ließ sich nicht anmerken, ob er sich Sorgen darüber machte, dass der Computer versagen könnte, der sie zwischen den Felsen hindurchsteuerte.
Seelenruhig las er im Schein der Cockpitbeleuchtung einen Abenteuerroman, während Pitt sich die Seekarte vornahm, auf der die Wassertiefen des Fjords verzeichnet waren, der zur Wolfschen Werft führte.
Sie hätten auch in sicherer Höhe über die Berggipfel hinwegfliegen können, aber das kam nicht in Frage. Immerhin wollten sie sich heimlich anschleichen, und das Skycar mit seinen starken Turbinentriebwerken brachte sie so tief zu ihrem Ziel, dass sie mit Radar oder Laserortungsgeräten nicht erfasst werden konnten.
Beide Männer schwitzten fürchterlich in ihren Trockentauchanzügen vom Typ DUI CF200 und der wärmeisolierenden Unterwäsche, aber keiner beklagte sich. Sie hatten sie vor dem Flug angezogen, damit sie nach der Landung keine Zeit mit Umziehen verloren, ehe sie ins kalte Wasser stiegen.
Pitt gab einen Befehl ein und las die entsprechenden Ziffern am Computer ab. »Dreihundertvierzig Kilometer seit dem Start in Punta Entrada bei Santa Cruz.«
»Wie weit noch?«, fragte Giordino, ohne von seinem Roman aufzublicken.
»Noch knapp achtzig Kilometer. In etwa fünfzehn Minuten müssten wir in den Bergen oberhalb der Wolfschen Werft sein.«
Der genaue Landeplatz war anhand einer vergrößerten Luftaufnahme, die ein Spionagesatellit fotografiert hatte, in den Bordcomputer eingespeist worden.
»Das reicht gerade noch fürs nächste Kapitel.«
»Was ist denn so spannend daran, dass du dich nicht losreißen kannst?«
»Ich bin gerade bei der Stelle, wo der Held die hinreißende Heldin rettet, die jeden Moment von ein paar üblen Terroristen vergewaltigt wird.«
»Auch nicht direkt originell«, erwiderte Pitt gelangweilt. Er konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm, auf dem das Gelände vor ihnen in allen Einzelheiten zu erkennen war, so wie es von dem starken Nachtsichtgerät in der Nase des M400 erfasst wurde. Unverhofft tauchten Berge vor ihnen auf und huschten vorbei. Auf einem Gerät in der Ecke leuchteten rote und orangefarbene Ziffern auf, die Flughöhe und Geschwindigkeit, Treibstoffvorrat und Reichweite sowie die Entfernung bis zum Ziel angaben. So ein ähnliches Gerät, fiel Pitt wieder ein, hatten sie auch in der Maschine benutzt, mit der sie seinerzeit rund hundertfünfzig Kilometer weiter südlich die chilenischen Fjorde auf der Suche nach dem entführten Kreuzfahrtschiff abgeflogen hatten.
Pitt schaute aus der runden Glaskanzel auf den Gletscher unter ihnen, sah den Mondschein, der sich auf dem glatten, nur ab und zu von Spalten durchzogenen Eis spiegelte, das sich auf seinem Weg hinab zum Meer immer weiter ausbreitete.
Erleichtert stellte er fest, dass sie die schlimmsten Berge hinter sich hatten.
Am Horizont hinter dem Gletscher konnte er Lichter erkennen. Sterne konnten es nicht sein, dazu lagen sie zu dicht beieinander und zu tief am Boden. Er war sich aber auch darüber im Klaren, dass sie noch viel weiter entfernt waren, als es in der klaren, kühlen Nacht den Anschein hatte. Dann bemerkte er allmählich weitere, zunächst kaum wahrnehmbare Lichter am dunklen Himmel. Fünf Minuten später waren sie deutlich zu erkennen – vier gewaltige Schiffe, die gleißend hell wie kleine Städte in der Nacht lagen.
»Unser Ziel ist in Sicht«, sagte er ruhig und gelassen.
»Verdammt!«, brummte Giordino. »Gerade wenn ich zum Höhepunkt komme.«
»Nur die Ruhe. Du hast noch zehn Minuten Zeit. Außerdem weiß ich schon, wie’s ausgeht.«
Giordino schaute ihn an. »Tatsache?«
Pitt nickte. »Der Butler ist es gewesen.«
Giordino warf ihm einen
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