Akte Atlantis
Giordino.
»Wir halten uns genau in Richtung Schiffsmitte und folgen den Schildern zur Sektion K«, sagte Pitt und zog in Richtung des mittleren Ganges los. »Die Wachstube wollen wir lieber meiden wie die Pest.«
Sie gingen den schier endlosen Korridor entlang, an nummerierten Türen vorbei, die zum Teil offen waren, weil die Zimmer gerade eingerichtet wurden. Sie schauten hinein und sahen geräumige Unterkünfte, die sich mit jedem Luxusappartement messen konnten. Jetzt wurde Pitt klar, weshalb der Wachmann von Wohneinheiten gesprochen hatte.
Die Menschen an Bord sollten so bequem und komfortabel wie möglich leben, während sie darauf warteten, dass sie sich wieder an Land niederlassen konnten.
Alle zehn Meter hingen Gemälde an den Wänden zwischen den Türen zu den einzelnen Wohneinheiten. Giordino blieb kurz stehen und betrachtete eine Landschaft in leuchtenden Farben.
Er beugte sich weiter vor und musterte die krakelige Signatur des Künstlers.
»Das kann nie und nimmer ein van Gogh sein«, sagte er ungläubig. »Es muss eine Fälschung oder eine Imitation sein.«
»Das ist echt«, sagte Pitt im Brustton der Überzeugung. Er deutete auf andere Kunstwerke an den Wänden. »Die Bilder stammen sicher aus Museen und den Privatsammlungen von Holocaust-Opfern und wurden von den Nazis im Zweiten Weltkrieg geraubt.«
»Wie nobel von denen, dass sie Kunstschätze retten wollen, die ihnen nie gehört haben.«
»Die Wolfs wollen die großen Meisterwerke in ihr gelobtes Land schaffen.«
Woher wollten die Wolfs so genau wissen, dass der Komet bei seiner Rückkehr die Erde traf?, fragte sich Pitt. Warum glaubten die nicht, dass er sie wieder verfehlte, sowie vor neuntausend Jahren? Derzeit wusste er darauf keine Antwort, aber er war fest entschlossen, eine Erklärung dafür zu finden, sobald sie Pat und ihre Tochter heil von der Werft weggebracht hatten.
Nach Giordinos Schätzung hatten sie rund einen halben Kilometer zurückgelegt, als sie zu einer großen Tür mit der Aufschrift »Sicherheitsdienst, Sektion K« kamen. Rasch gingen sie daran vorbei und stießen schließlich auf einen geschmackvoll ausgestatteten Empfangsbereich mit allerlei Tischen, Sesseln und Sofas, die vor einem großen offenen Kamin standen. Es hätte durchaus das Foyer eines Fünf-Sterne-Hotels sein können. Ein Mann und eine Frau in grünen Overalls saßen unter einem Bild der Arche Noah an der Rezeption.
»Irgendeiner von den Führungskräften muss einen Farbenfimmel haben«, grummelte Giordino vor sich hin.
»Frag sie, wo sich die amerikanische Epigrafikerin aufhält, die die alten Inschriften entziffert«, wies Pitt ihn an.
»Woher, zum Teufel, soll ich wissen, was ›Epigrafikerin‹ auf Spanisch heißt?«
»Denk dir was aus.«
Giordino verdrehte die Augen und wandte sich an die Frau am Schalter, weil er sich von ihr mehr versprach als von ihrem Kollegen.
»Wir sollen Dr. O’Connell und ihre Tochter in einen anderen Bereich des Schiffes bringen«, sagte er leise, darum bemüht, seinen amerikanischen Akzent zu dämpfen.
Die Frau, eine herbe, fast männlich wirkende Schönheit mit hellem Teint und einem strengen Dutt blickte zu Giordino auf und stellte fest, dass er die Uniform des Sicherheitsdienstes trug.
»Wieso hat man uns nicht vorher verständigt, dass sie verlegt werden soll?«
»Ich habe es auch erst vor zehn Minuten erfahren.«
»Ich sollte mir das bestätigen lassen«, sagte die Frau förmlich.
»Mein Vorgesetzter ist schon unterwegs. Ich schlage vor, Sie warten und regeln die Sache mit ihm.«
Sie nickte. »Ja, das werde ich tun.«
»Inzwischen können Sie uns ja schon mal sagen, in welcher Wohneinheit sie sich aufhält, damit wir sie auf den Umzug vorbereiten.«
»Wissen Sie das etwa nicht?«, fragte die Frau, die allmählich misstrauisch wurde.
»Woher denn?«, fragte Giordino unschuldig. »Als Sektionsleiterin sind doch Sie für sie zuständig. Mein Kamerad und ich wollten ja nur hö flich sein und uns erst bei Ihnen erkundigen, statt einfach reinzuplatzen und sie zu holen. Wenn Sie mir jetzt verraten würden, wo sie ist, warten wir, bis mein Vorgesetzter da ist und Ihnen die entsprechende Vollmacht vorlegt, falls Sie dann besser schlafen können.
Die Sektionsleiterin gab nach. »Sie finden Dr. O’Connell in Wohneinheit K-37. Aber ich kann Ihnen keinen Schlüssel für die Tür geben, solange ich keinen schriftlichen Befehl vorliegen habe.«
»Wir müssen ja nicht gleich rein«, sagte Giordino mit einem
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