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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Harry.
    »Danke, ich gehe lieber die paar Meter zu Fuß nach Hause.«
    Vor vielen Häusern in der Feldstraße liegen Papierstapel. An der Schwesterklinik überlegt Walde, ob er nicht einfach zur Hals-Nasen-Ohrenstation gehen und die Nasenkorrektur besuchen soll. Aber ohne den Namen zu wissen und mit der Möglichkeit, dem Ehemann in die Arme zu laufen oder, was noch schlimmer wäre, einem an einer Ohrenkorrektur interessierten Chirurgen … In der Windmühlenstraße macht er einen Abstecher zum Mephisto am Irminenfreihof. Die Kneipe liegt neben dem Gebäude der Staatsanwaltschaft, wird aber von den dort Beschäftigten gemieden, liegt vielleicht einfach zu nah. Der Biergarten ist gut besucht.
    Zwei junge Frauen, vermutlich Studentinnen, stöckeln hinter Walde über den Kiesweg an die Theke: »Gerard, kannst du uns noch was Kleines machen?«
    »Tut mir leid, Mädels, ich bin steril«, kommt seine trockene Antwort. Die beiden brauchen eine Weile, bis der Groschen gefallen ist.
    Ohne Bestellung schlurft Gerard mit einem Humpen zu Waldes Platz: »Wohin möchten Sie den Schuß?«
    »Wie immer, hinter die Binde.« Tradition ist doch was Schönes …
    *
    Der Tank des Fiat ist nur noch viertelvoll. Erst einmal nichts wie weg. Doris fährt stadtauswärts über die Konrad-Adenauer-Brücke durch Igel nach Wasserbillig. An der Brücke nach Luxemburg ist kein Zöllner zu sehen. Es gibt zwar keinen Zoll mehr, aber manchmal werden vom Bundesgrenzschutz Stichproben gemacht. Sie bleibt auf deutscher Seite und fährt entlang der Sauer nach Langsur.
    Hier ist bestimmt keiner an der Grenzbrücke, aber wenn … Wie lange dauert es wohl, bis die Polizei ihre Autonummer an den Grenzschutz weitergeleitet hat?
    In Rosport fährt sie über die Grenze. Hüben wie drüben sind keine Uniformierten zu sehen. An der Tankstelle mitten im Ort tankt sie und kauft mit ihrem letzten Geld einen Flachmann Cognac und ein Päckchen Ducal. An der Straße Richtung Echternach biegt sie in einen Betriebsweg zu einem einsamen Wasserwerk und parkt am Ufer der Sauer.
    Das ist doch alles nur ein schlechter Traum, sie will aufwachen. Sie dreht den Flachmann auf und trinkt die Hälfte, ohne abzusetzen. Dann zündet sie sich eine Zigarette, die erste seit Jahren, an. Räumer hat den Mann im Parkhaus gefunden. Er hat sie kurz vorher herausfahren sehen und sicher erfaßt, in welchem Zustand sie sich befand. Da brauchte er nur noch zwei und zwei zusammenzuzählen.
    Sie wirft die halb gerauchte Zigarette fort. Ihr ist schlecht. Die Dämmerung hat eingesetzt, das Wasserwerk wird nun von gelben Lampen angestrahlt. Ein Mückenschwarm nervt. Sie geht ans Wasser und wäscht sich Gesicht und Hände. Das Wasser ist angenehm kühl. So langsam bringt sie Ordnung in ihre Gedanken. Wenn sie sich sofort stellt, hat sie vielleicht eine Chance. Sie hat bisher ein unbescholtenes Leben geführt. Vor der Tat hat sie Alkohol getrunken. Es war heiß, in Bayern wird, soviel sie weiß, Föhnklima strafmildernd gewertet. Es sollte ja überhaupt kein Raub werden, eher eine Art Selbsthilfe. Hatte sie das Opfer verletzt? Eine Handvoll Pfeffer und ein gezielter Tritt, konnte das schon als schwere Körperverletzung ausgelegt werden? Wie hoch war die Beute?
    Doris setzt sich in den Wagen und zieht den Koffer aus dem Jutebeutel. Er ist abgeschlossen. Aus dem Bordwerkzeug fischt sie einen Schraubendreher und einen Radmutterschlüssel, dessen anderes Ende sie als Stemmhebel einsetzt. Der verdammte Koffer ist solide gearbeitet. Nach endloser Schufterei ist das erste Schloß aufgebrochen. Längst ist es dunkel geworden und sie muß aufpassen, daß sie nicht zu viel Lärm macht. Vielleicht hocken hier irgendwo Angler herum. Beim nächsten Schloß hat sie raus, wo sie den Stemmhebel ansetzen muß. Als sie den Koffer öffnet, ist sie darauf gefaßt, ein Dutzend Verträge über Lebensversicherungen oder einen Packen statischer Berechnungen für einen Neubau zu finden. Obenauf liegen von einer großen Büroklammer zusammengehaltene Schecks. Darunter liegen Bündel mit französischen, luxemburgischen, holländischen und deutschen Geldscheinen sauber geordnet nebeneinander. Das meiste ist in deutscher Währung: Fünfhunderter, Zweihunderter, viele Hunderter und Fünfziger. Keine Zwanziger, Zehner, Fünfer und auch kein Hartgeld. Wie Lösegeld für ein Entführungsopfer oder die Bezahlung für Waffen oder Drogen. In den Fächern des Deckels liegen verschiedene Papiere, Korrespondenzen. Die Adresse eines

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