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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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einatmen, lang ausatmen. Eine Regelmäßigkeit stellt sich ein. Sie nimmt eine Hand vom Mund und legt sie auf ihren Bauch – er hebt und senkt sich wieder. Sie versucht, ihre Atmung weiter zu drosseln und wirft die Tasche vor den Beifahrersitz.
    Sie nimmt ihre Magnetkarte aus dem Handschuhfach und fährt die Serpentinen hoch. Vor der Schranke atmet sie kräftig aus, wie sie es beim Laufen macht, wenn sie auf dem höchsten Punkt einer Steigung angelangt ist und schiebt die Magnetkarte in den Automaten. Ein paar Meter weiter bremst sie wegen eines Fußgängers. Räumer starrt sie an.
    *
    Als Jo zu den anderen zurückkehrt, hält ihm jemand eine soeben gefundene Münze unter die Nase. Die Sucher arbeiten jetzt gemeinsam und gehen systematisch, Stück für Stück, noch einmal den Abraum durch.
    »Tschöh, ich mache Schluß für heute«, ruft Jo in die Runde, als er das Suchgerät auseinandergenommen und zusammen mit der Hacke in der Tasche verstaut hat. Den Münzklumpen hat er in Klopapier eingewickelt, das er aus der Toilette des Hotels mitgenommen hat. Dort hat er auch den gröbsten Schmutz von Händen, Armen und Beinen abgewaschen.
    »Wie, du willst schon weg?« einer der Gräber schaut ihn verblüfft an. »Ja, was sollen wir denn machen, was ist mit dem Museum?«
    Jo zuckt mit den Schultern.
    »Wie kommst du denn überhaupt zurück?«
    »Zu Fuß, wir sehen uns am Dienstagabend beim Treffen, bis dann.«
    Als Jo sich zum Gehen wendet, schauen nicht einmal alle auf, das Licht ist schwach geworden. Einige wollen noch jede Minute des Tageslichtes ausnützen. Jo schlägt den Weg ein, der unterhalb des Hotels durch den Wald in die Stadt führt. Als er in einen Tannenwald kommt, ist es schon stockdunkel. Wie durch einen Tunnel sieht er in der Ferne einen schwachen Lichtschein, der eine Lichtung ankündigt. Der Weg führt anfangs steil bergab. Er muß aufpassen, daß er nicht über Baumwurzeln stürzt, die sich vereinzelt über den Weg schlängeln. Normalerweise ist er nicht ängstlich. Wovor sollte er sich auch fürchten? Er mißt 1,85 Meter, bringt knapp zwei Zentner Lebendgewicht auf die Waage, das nicht nur aus Fett, sondern auch aus ein paar kräftigen Muskeln besteht. In seiner Jugend hat er Leistungssport getrieben und war Dritter bei den Landesmeisterschaften im Speerwerfen geworden. Das breite Kreuz und die kräftigen Oberarme hat er sich bis heute bewahrt. Abgesehen davon ist um diese Zeit sowieso kein Mensch mehr im Wald unterwegs.
    Er ist auf einen breiten Weg gelangt, der durch einen Buchenwald führt, hier dringt noch ein wenig Licht durch die Baumwipfel. Es wird ihm bewußt, was er in seiner Tasche trägt. Etwa 50 Aurei, die gut und gerne eine viertel Million Mark wert sind. Was ist, wenn er bei der Entdeckung heimlich vom Wald her beobachtet wurde und jemand ihm jetzt womöglich folgt, um ihm seinen Schatz abzujagen? Jo setzt seine Schritte vorsichtig, damit er möglichst wenig Geräusche macht. Mit halb geöffnetem Mund lauscht er angestrengt. Vor ihm taucht der Weg wieder in einen dichten Tannenwald ein. Er öffnet langsam den Reißverschluß der Luxairtasche, tastet nach der Hacke und nimmt sie in die Hand.
    Der Baumbestand am Wegrand ist spärlicher geworden. Jo erspäht die rötlich gefärbte Dunstglocke über der Stadt. Nach der nächsten Kurve hört er schwaches Verkehrsrauschen. Ab und zu blitzen Scheinwerfer durch die Bäume. Vor ihm tauchen mitten auf dem Weg die Konturen eines Kleinwagens auf. Als sich Jo daran vorbeiquetscht, sieht er im schwachen Licht auf der Beifahrerseite einen breiten hellen Hintern sich auf und ab bewegen. Davor, dahinter und darunter ist nichts zu erkennen. Als er vorbei ist, schaut er auf das Kennzeichen, es ist ein amerikanisches. Eine Zirkusnummer auf dem Beifahrersitz dieses Miniwagens, denkt er amüsiert. Schneller Sex im Stehen in der Besenkammer, auf dem Damenklo oder auf dem Küchentisch sind Jo zu sehr reduziert.
    Er erreicht die dreispurige Bundesstraße, der er den letzten Kilometer hinunter in die Stadt folgt. Die Hacke hat er wieder in die Tasche gesteckt. Das rechte Schultergelenk schmerzt. Erst die Buddelei und dann die verkrampfte Haltung, mit der er die Hacke im Dunkeln vor sich gehalten hat.
    Er hängt sich die Tasche über den Rücken und legt das Trageband vor die Stirn. Jetzt hat er die Arme frei und macht während des Gehens ein paar Lockerungsübungen. Vor der Römerbrücke stärkt er sich in einer Imbißbude mit Currywurst, Pommes und Cola.
    Jedes

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