Akte Mosel
Vergleich zur Feuerwehr haben wir weit weniger Einsätze.«
»Im Moment liegt also nichts bei dir an, und du wartest auf einen neuen Fall?«
»Das wäre nicht schlecht, aber mein Chef und bestimmt auch der Bund der Steuerzahler sehen das etwas anders. Abgesehen davon habe ich noch genug zu tun, und wenn Not am Mann ist, helfe ich auch aus, das kann sogar die Sicherung des Castortransports sein, wenn der hier durchkommt.«
»Ist das jetzt indiskret, wenn ich frage, was du zur Zeit machst?«
»Bei dieser Frage habe ich erst kürzlich auf unsere Pressestelle hinweisen müssen.«
»Entschuldige, erst strapaziere ich deine Gastfreundschaft, und dann stochere ich in deinen Dienstgeheimnissen rum.«
»Nein, das kannst du ruhig wissen. Wir haben ein paar Routinefälle in Bearbeitung, aber nichts Akutes.«
»Alles Morde?«
»Nein, nur ein Mord ist dabei, und der ist auch schon einige Jahre her.«
»Einige Jahre?«
»Ja, den Fall habe ich von meinem Vorgänger übernommen. Vielleicht erinnerst du dich noch an den Mord an der zwölfjährigen Nicole.«
»Dunkel, und da ermittelst du noch?«
Walde seufzt: »Im Moment bin ich an einer Sache dran, die vor zwei Wochen auf einem Spielplatz in Föhren passierte. Ein Mofafahrer hat versucht ein Kind wegzulocken. Etwas Ähnliches ist kurz darauf im Nell’s Park und jetzt wieder in Kenn gelaufen.«
Er schenkt Kaffee nach: »Wir suchen die berühmte Nadel im Heuhaufen.«
»Besser als nichts zu tun«, sagt Doris.
»Das ist das Problem, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.« Walde seufzt wieder.
»Ich verstehe nicht.«
»Da draußen tickt irgendwo eine Zeitbombe, die jederzeit schreckliches Unheil anrichten kann, und ich kann sie nicht finden. Irgendetwas gibt mir das Gefühl, daß der Kerl im Begriff ist, wieder zuzuschlagen. Ich muß etwas tun, und wenn ich nur ein paar Spielplätze abfahre. Jeden Tag, das ist schon fast zum Zwang geworden …« Walde starrt vor sich auf die Tischplatte.
»Und das geht schon länger so?«
»Bei Nicole war es damals ähnlich. Wochen vorher ein paar gescheiterte Versuche, und dann ist es passiert.«
»Das hört sich so an, als ob du dich verantwortlich fühlst …«
Neben Waldes Tasse niest das Telefon.
»Ja.« Walde hört zu. Nach einer Weile sagt er: »Gut, ich bin gleich da, versuche bis dahin, Frau Wagner aufzutreiben.« Er steckt das Handy in die Hemdtasche: »Jetzt haben wir nur über meinen Kram geredet, was hast du jetzt vor?«
»Fahr’ los, ich ziehe die Tür hinter mir zu.«
»Du kannst einen Schlüssel haben, es hängt einer neben der Tür in der Diele.«
»Danke, ich treffe mich nachher mit Marie. Wir bringen noch Kram zum Müll und werden ein paar neue Sachen besorgen.«
»Wie du willst, aber denk’ daran, dir ein neues Schloß und zusätzlich einen Riegel für die Wohnungstür zu kaufen. Am Wasserweg ist ein Spezialgeschäft, laß’ dich dort beraten, ich kann dir heute abend beim Einbau helfen.«
»Danke, du hast schon genug getan.«
»Ich ruf heute abend an, bis dann.«
Doris macht nach dem Abwasch das Bett und sucht ihre Sachen zusammen. In der Diele betrachtet sie die Bilder.
Zum Zimmer, in das Walde gestern abend verschwunden ist, steht die Tür auf. Ein Kontrabaß fällt ins Auge, rechts von ihm lehnen akustische und elektrische Gitarren an der Wand. Daneben stehen auf einem schweren Schreibtisch zwei große Monitore.
Die Tür zum anderen Raum ist nur angelehnt. Bis auf ein Futon mit einer daraufgefalteten Wolldecke ist es leer. An der Wand hängt einsam ein gerahmtes Foto, Walde und Anna.
*
»Den ersten Preis haben wir schon an dich vergeben, Stefan«, Harry schwenkt ein Foto, und Gabi Wagner grinst.
Walde erkennt einen unscharf fotografierten Mofafahrer mit Helm: »Das ist der aus dem Baumarkt. Der hat mich mit seinem Mofa abgehängt – falls du auch dazu einen Kommentar loswerden willst, spar’ ihn dir. Tag, Gabi, entschuldige, hat Harry schon einen Kaffee angeboten?«
»Danke, ich habe meine Tasse von drüben mitgebracht.
Wir waren gerade dabei, die Ergebnisse der Aktion ›Rotes Mofa‹ zusammenzutragen. Hast du noch etwas?«
»Die Überprüfung des eben gezeigten Mannes mit Helm steht noch aus. Ansonsten habe ich nichts Auffälliges feststellen können. Und bei dir waren auch alle erreichbar, keiner in Urlaub?«
»Mofafahrer ziehen wohl den Winterurlaub vor. Bei uns sind, soweit man sie überhaupt so bezeichnen kann, zwei Verdächtige ermittelt worden. Zum einen ein 39-jähriger
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