Akte Mosel
Fernmeldetechniker aus Feyen, ledig, Einzelgänger, etwas verschroben, zum anderen ein 46-jähriger Bäcker, ledig, mit Mutter, hochbetagter Großmutter und zwei Tanten in Ruwer lebend. Beide Männer haben kein stichhaltiges Alibi und fahren seit mehr als 10 Jahren ein Mofa.«
Walde betrachtet die Bilder: »Den hier kenne ich, den habe ich schon mal gesehen, öfter sogar.« Er tippt auf einen Mann mit dunklen, schütteren Haaren.
»Das ist der aus Feyen«, erläutert Gabi.
»Was ist mit dem Bäcker?«
»Der redet nicht viel«, meldet sich Harry, »ich war bei ihm. Wohnt in einem Viermädelhaus. Mutter und Tante haben mich in sein Zimmer geführt und mir seine Plattensammlung gezeigt. Schätze, es sind ein paar tausend Singles querbeet von Udo Jürgens über Guildo Horn bis Traffic.«
»Und sonst?« fragt Walde.
»Zu jeder Person ist eine Notiz angelegt, ist alles hier draufkopiert«, Gabi Wagner hält eine Diskette hoch, »kannst du alles behalten. Wenn ihr so freundlich wärt, uns eure Unterlagen zukommen zu lassen.«
»Mach’ ich«, Harry klopft auf einen Stapel mit Notizen vor sich auf dem Tisch.
»Meine Sachen sind diktiert, Harry gibt sie ins Schreibzimmer.« Walde nimmt die Fotos in die Hand. »Das heißt, wir haben zweieinhalb Verdächtige. Was können wir unternehmen?«
»Hausdurchsuchungen sind nicht drin, wir können nochmals die Zeugen von den beiden Spielplätzen befragen und die Bilder vorlegen.«
»Kann ich mitkommen?« fragt Walde.
»Versprich’ dir nicht zu viel davon. Ich fange in der Asylunterkunft an, da muß ich sowieso eine Übersetzerin dabeihaben«, antwortet Gabi Wagner.
»Danke. Dann übernimmst du den schnellen Flitzer aus dem Baumarkt, Harry.«
»Hier, der zweite Preis«, sagt Harry halblaut und drückt Walde beim Hinausgehen ein Foto mit der Rückseite nach oben in die Hand.
Als Walde den Ansatz eines Schlüpfers unter dem hochgerutschten Rock erkennt und das Bild daraufhin schnell zusammenfaltet, ist es schon zu spät. Gabi hat das Foto gesehen und verdreht die Augen.
*
Vor der Tourist-Information an der Porta Nigra holt Doris Marie ab, die gerade eine Stadtführung beendet.
»Wie war’s?«
»Gut, französische Gaststudenten, die hier in den Ferien an einem Kurs an der Uni teilnehmen. Wie geht’s dir?«
»Geh’n wir zur Brotstraße?«
»Ich hab’ mir ein wenig Sorgen gemacht, als wir gestern gegangen sind.«
»Das war nicht nötig … ich habe bei Walde übernachtet.«
»Aha …«
»Bei Walde und nicht mit Walde!«
»Aha …«
»Es kam wieder ein anonymer Anruf, und da hat Walde angeboten, daß ich bei ihm übernachten kann. Ich wußte nicht einmal, daß er allein ist.«
»Anna ist schon ein halbes Jahr weg. Sie arbeitet in Süddeutschland. Das läuft wohl auf eine kalte Trennung hinaus.«
»Was ist denn eine kalte Trennung?« fragt Doris.
»Wenn man sich nicht mehr liebt und sich eine längere räumliche Trennung ergibt. Das war bei uns früher so, wenn Militärdienst oder Studienzeit kamen, dann gingen reihenweise die Beziehungen in die Brüche.«
»Da kann ich nicht mitreden, Leo mußte weder zur Bundeswehr, noch hat einer von uns auswärts studiert, wir haben immer wie die Kletten aneinander gehangen.«
Doris bleibt vor dem Schaufenster eines Schuhgeschäftes stehen und schaut durch die Auslage ins Ladeninnere.
»Ist das hier das Geschäft?« fragt Marie.
Doris nickt.
»Komm weiter, sonst erkennt er dich womöglich noch!« Marie zieht Doris am Arm.
»Moment, es kann nichts passieren.«
Zwei Verkäuferinnen unterhalten sich neben der Kasse, ansonsten ist der Laden leer. Ein Mann mit grauem Haar ist nicht zu sehen.
Sie sind an der Wohnung angekommen, wo Maries Auto vor der Tür parkt. Gemeinsam tragen sie einen großen Karton mit den Überresten des Einbruchs die Treppen herunter und verstauen ihn im Wagen. Sie müssen zweimal fahren, bis sie den gesamten Müll los sind. Auf der Rückfahrt kaufen sie eine neue Matratze, ein Sicherheitsschloß und eine Türkette.
»Ich muß noch einkaufen«, sagt Marie, als sie die Matratze in den Bettkasten in Doris’ Schlafzimmer gehievt haben.
»Trink’ doch noch einen Kaffee!«
»Soll ich bleiben?«
»Nein, du sollst mich nicht beschützen, ich dachte nur, du wolltest einen Kaffee nach der Plackerei.«
»Nein, danke, ich muß noch ein paar Sachen erledigen. Und Walde wird heute abend das Schloß einbauen?« wechselt Marie das Thema.
»Immer noch eifersüchtig? Ich verspreche, heute Nacht wieder daheim
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