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Akte Mosel

Akte Mosel

Titel: Akte Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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wieder funktionsfähig. Die Matratze mit den herausquillenden Innereien steht in der Diele neben dem aufgeschlitzten Sofa und dem Müll für den Abtransport bereit. Marie rüttelt Philipp, der auf dem Teppich vor dem Bücherregal eingeschlafen ist: »Komm, wir fahren!«
    Marie und Jo nehmen ihren taumelnden Sohn in die Mitte.
    »Kommst du mit, Doris?« fragt Marie.
    »Danke, ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ihr mir geholfen …«
    »Schon gut, laß’ stecken«, unterbricht sie Jo.
    »Kommst du mit?«
    »Ich glaube, ihr solltet mal wieder einen Tag unter euch sein.«
    »Wie du willst.«
    Die Korridortür fällt ins Schloß. Walde sammelt Werkzeug ein. Das Telefon läutet. Doris geht ran und legt gleich wieder auf.
    »So, ich bin auch weg.« Walde hat seine Kiste in der Hand und steht in der Wohnzimmertür: »Ist was?«
    »Da hat jemand am Telefon gesagt, das wäre nur der Anfang gewesen«, flüstert Doris mehr zu sich selbst als zu Walde.
    »Was ist damit gemeint?« Walde setzt die Kiste ab.
    Sie schüttelt den Kopf: »Wer hier war, kann jederzeit wiederkommen.«
    »Wenn du willst, kann ich hierbleiben.« Walde schaut sie nicht an.
    »Ich kann dir ja nicht mal einen halbwegs vernünftigen Schlafplatz anbieten.« Doris hat das Gefühl, in dieser Wohnung nie wieder schlafen zu können.
    »Dann komm doch mit zu mir, ich habe genug Platz!«
    »Das macht zu viel Umstände, du hast schon soviel getan, da …«
    »Kein Problem, bei mir belästigt dich auch keiner am Telefon.«
    »Na gut, ich nehme nur ein paar Sachen mit.« Als Walde sich in der Diele an die Wand lehnt, fällt ihm ein, daß er vergessen hat, Marie die e-Mail aus Neufchâteau zum Übersetzen zu geben. Vor dem Haus ist niemand zu sehen.
     
    »Hoffentlich mache ich euch nicht zu viele Umstände«, flüstert Doris, als sie mit Walde die Wohnung betritt.
    »Anna ist nicht da.« Walde flüstert ebenfalls und fährt in normalem Tonfall fort: »Hier ist das Bad, da ist dein Zimmer, das ist die Küche, und da drüben schlafe ich. Ich hole Bettzeug, möchtest du noch was essen?« Jetzt denkt sie wohl, er wolle sie anmachen. Im Nu hat er Bettzeug aus dem Schrank genommen und zieht das Bett ab.
    Doris ist in der Diele zurückgeblieben und betrachtet die Bilder. Sie hätte in ein Hotel gehen sollen. Nach neuen Peinlichkeiten steht ihr heute nicht mehr der Sinn. Schöne Bilder hat er hier hängen, alles Trierer Motive, ein paar renommierte Künstler sind darunter. Sie folgt Walde ins Zimmer. Dort hängt über der Kommode gegenüber dem Bett ein Chagall, einer von der freundlicheren Sorte.
    »Ein Selbstporträt mit Muse?« fragt sie.
    »Oder ein Engel der Verkündigung, aber ich denke auch, daß es sich um eine Muse handelt.« Walde hat den Kampf mit dem Spannbettuch gewonnen und rollt einen Nylonschlafsack auf dem breiten Bett aus. »Falls es dir kalt wird, der Schlafsack ist frisch gewaschen.«
    »Danke, ist das die Brücke von Mostar?«
    »Ja, der Architekt hat sich aus Angst vor einem Einsturz umgebracht, und dann hat die Brücke über 500 Jahre gehalten, und jetzt haben ein paar Idioten sie gesprengt.« Walde macht gegenüber eine Tür auf: »Schlaf gut. Ich muß morgen früh weg, komm’ aber nach neun wieder zurück und bringe Frühstück mit.«
    »Vielen Dank, aber mach’ dir bitte keine Umstände.«
    »Kein Problem, fühl’ dich wie zu Hause, ich lege noch frische Handtücher auf die Badewanne, gute Nacht.«
    »Gute Nacht!«
     
    Holzdielen knarren. Der Engel schaut dem Maler über die Schulter. Draußen regnet es. Doris schlüpft aus dem Bett und geht ins Bad. Als sie etwas später in die Küche kommt, ist der Tisch gedeckt, und der Kaffee duftet.
    Walde läßt die Zeitung sinken: »Gut geschlafen?«
    »Mmh, wie spät ist es?«
    »Gleich zehn, greif zu!«
    Doris schneidet ein Brötchen auf, zupft den weichen Teig aus der Mitte, und legt ihn, mit einem verstohlenen Blick auf Walde, an den Tellerrand. Walde liest weiter und bietet Doris wortlos die bereits gelesenen Seiten an, indem er sie über den Tisch schiebt. Wenn jetzt Anna zur Tür hereinkäme, geriete er in Erklärungsnot.
    Es wird nichts über den Überfall im Parkhaus berichtet.
    »Bist du im Dienst, ich meine, kannst du einfach so tagsüber nach Hause gehen?« Doris schaut über die Zeitung hinweg.
    »Ich habe eigentlich immer Dienst.«
    »So wie die Feuerwehr oder der Notarzt.«
    »Im Prinzip schon.«
    »Ich dachte, das läuft bei euch im Schichtdienst, wie bei der Feuerwehr.«
    »Im

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