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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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zurückkehrten, bis auf das Sprechen.”
    „Er ist stumm?” fragte David.
    „Das nicht. Seine Stimmbänder waren gerissen. Er kann mit dem Mund Worte formen, aber seine Stimme klingt wie ein Zischen.”
    Die Erinnerung an dieses alptraumhafte Zischen im Treppenhaus ließ Kate schaudern.
    Pokie fuhr fort: „Vor einem Monat wurde Decker aus der Klinik entlassen. Er sollte seinen Psychiater namens Nemechek weiter konsultieren, doch das tat er nicht.”
    „Haben Sie mit diesem Nemechek gesprochen?” fragte Kate.
    „Nur am Telefon. Er ist auf einer Tagung in Los Angeles. Am Dienstag kommt er zurück. Er schwört allerdings, dass sein Patient harmlos sei. Aber der schützt sich nur selbst. Es sieht ja nicht gerade gut aus, wenn ein soeben entlassener Patient Leuten die Kehle durchschneidet.”
    „Dann wäre das Motiv: Rache für den Tod einer Frau”, sagte David.
    „Das ist die Theorie.”
    „Aber warum wurde Ann Richter getötet?”
    „Erinnern Sie sich, dass der Pförtner eine blonde Frau über den Parkplatz rennen sah?”
    „Sie meinen, das war sie?”
    „Offenbar war sie mit Tanaka … wie soll ich sagen, sehr gut bekannt.”
    „Bedeutet es das, was ich vermute?”
    „Sagen wir, Ann Richters Nachbarn hatten keine Mühe, Dr. Tanakas Foto zu identifizieren. Er wurde mehr als einmal in Ann Richters Apartment gesehen. Am Abend, als er getötet wurde, wollte sie ihrem Lieblingsdoktor einen kleinen Privatbesuch abstatten. Dabei stieß sie auf etwas, das sie in Panik versetzte. Vielleicht sah sie Decker, und er sah sie.”
    „Warum ist sie dann nicht zur Polizei gegangen?”
    „Vielleicht wollte sie vermeiden, dass ihre Affäre mit einem verheirateten Mann herauskam. Vielleicht fürchtete sie auch, dass sie der Tötung ihres Geliebten bezichtigt würde, wer weiß?”
    „Dann war sie also nur eine Zeugin so wie ich”, bemerkte Kate.
    Pokie sah sie an. „Es gibt einen großen Unterschied zwischen ihr und Ihnen. Decker kann nicht an Sie heran. Außerhalb dieses Raumes weiß niemand, wo Sie stecken. Dabei sollte es bleiben.” An David gewandt fragte er: „Es ist doch kein Problem, dass Sie bei Ihnen bleibt, oder?”
    David erwiderte mit unbewegter Miene: „Sie kann bleiben.”
    „Gut, und es ist besser, wenn sie nicht ihr eigenes Auto benutzt.”
    „Warum nicht?” fragte Kate.
    „Decker hat Ihre Tasche und Ihre Wagenschlüssel. Er weiß also, dass Sie einen Audi fahren, und wird danach Ausschau halten.”
    „Wie lange wird das alles dauern?” flüsterte Kate betroffen.
    „Ein Weilchen. Aber haben Sie Geduld, Doktor. Er kann sich nicht immer verstecken.”
    Wirklich nicht? dachte Kate und entsann sich der vielen Versteckmöglichkeiten auf Oahu: die Winkel von Chinatown, wo niemand Fragen stellte, die kleinen Fischerhütten auf Sand Island, die grauen Betonalleen von Waikiki. Irgendwo dort in einem stillen Winkel trauerte Charlie Decker um eine tote Frau.
    Sie standen auf, um zu gehen, als Kate plötzlich fragte:
    „Leutnant, was ist mit Ellen O’Brien?”
    Pokie, der gerade Akten in eine Mappe schob, blickte auf. „Was soll mit ihr sein?”
    „Hatte sie irgendeine Verbindung zu alledem?”
    Pokie schaute ein letztes Mal in Charlie Deckers Akte und schloss sie. „Nein, absolut keine Verbindung.”
    „Aber es muss eine Verbindung geben!” sagte Kate nachdrücklich, als sie in den morgendlichen Sonnenschein hinaustraten. „Irgendein Beweisstück, das er noch nicht gefunden hat.”
    „Oder über das er nicht spricht”, fügte David hinzu. „Warum sollte er?” fragte sie stirnrunzelnd. „Ich dachte, ihr wärt Freunde.”
    „Nun, ich habe den Staatsdienst schnöde verlassen. Für manche Polizisten ist ihre Arbeit eine Art heiliger Krieg gegen das Verbrechen. Pokie hat eine Frau und vier Kinder, trotzdem arbeitet er praktisch in seiner ganzen Freizeit. Er ist ein fähiger Polizist, gründlich, aber nicht unfehlbar. Vielleicht irrt er sich diesmal. Aber eigentlich stimme ich ihm zu. Ich sehe auch nicht, wie Ellen O’Brien in diese Sache hineinpasst.”
    „Aber Decker war immerhin in seiner früheren Laufbahn Sanitäter, Assistent des Schiffsarztes.”
    „Trotzdem passt Decker nicht ins Bild, Kate. Ein Psychopath, der wie Jack the Ripper arbeitet, hantiert nicht mit Drogen, falschen Ampullen und EKGs. Dazu ist ein anderer Kopf notwendig.”
    Niedergeschlagen erwiderte sie: „Ich weiß einfach nicht, wie ich beweisen soll, dass Ellen ermordet wurde. Ich bin nicht einmal sicher, dass es

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