Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen
machbar ist.”
David blieb auf dem Bürgersteig stehen. „Okay, wir können nichts beweisen. Aber gehen wir einmal logisch vor. Ein Mann wie Decker, ein Außenseiter, der ein bisschen über Medizin weiß, wie würde der es anstellen, ins Krankenhaus zu kommen, um einen Patienten umzubringen?”
„Ich denke, er müsste …” Sie hielt plötzlich inne und bemerkte den Zeitungsjungen, der die Sonntagszeitung anpries. „Ellen wurde an einem Sonntag eingeliefert.” Sie blickte auf ihre Uhr. „Nur zehn Stunden später. Wir könnten Schritt für Schritt …”
„Warte mal, ich verstehe dich nicht. Was genau tun wir in zehn Stunden?”
„Einen Mord durchspielen.”
Der Besucherparkplatz war fast leer, als David seinen BMW um zehn Uhr an diesem Abend in die Krankenhauseinfahrt lenkte. Er parkte in einer Bucht neben dem Eingang, schaltete den Motor ab und blickte Kate an. „Damit beweisen wir gar nichts, das ist dir doch klar, oder?”
„Auch wenn ein Gericht den Beweis nicht anerkennt, David, ich muss wissen, ob es möglich ist.”
Sie schaute zu dem roten Zeichen der Notaufnahme hinüber, das wie ein Leuchtfeuer in die Dunkelheit schien. Daneben parkte ein Krankenwagen, dessen Fahrer auf einer Bank in der Nähe eine Zigarette rauchte.
Es war Sonntagabend, ruhig wie immer. Die Besucher waren längst fort, und die meisten Patienten schlummerten schon.
„Okay”, seufzte David, „fangen wir an.”
Da die Türen zur Halle verschlossen waren, gingen sie durch die Notaufnahme, durch einen Warteraum, in dem ein Baby schrie, ein alter Mann in sein Taschentuch hustete und ein Junge einen Eisbeutel gegen sein geschwollenes Gesicht drückte. Die Schwester in der Aufnahme telefonierte gerade, sodass sie einfach an ihr vorbei zu den Fahrstühlen eilten.
„So leicht kommt man hier herein?” wunderte sich David.
„Die Schwester kennt mich.”
„Aber sie hat kaum aufgeschaut.”
„Weil sie zu sehr damit beschäftigt war, dich anzustarren.”
„Du liebe Güte, hast du eine wilde Fantasie.” Er blieb stehen und sah sich um. „Wo ist der Sicherheitsdienst? Gibt es hier nicht eine Wache oder so etwas?”
„Er macht vermutlich gerade seine Runde.”
„Soll das heißen, es gibt nur einen Mann?”
„Kliniken sind ziemlich langweilig”, erwiderte sie und drückte einen Knopf im Fahrstuhl. „Außerdem ist Sonntag.”
In der vierten Etage traten sie auf einen antiseptisch weißen Flur hinaus, und das frisch gewachste Linoleum glänzte im Lampenschein. Kate deutete auf die Doppeltüren mit der Aufschrift: Kein Zutritt.
„Die OPs sind dahinter.”
„Können wir hinein?”
Sie machte versuchsweise ein paar Schritte, und die Türen öffneten sich automatisch. „Kein Problem.”
Nur eine schwache Lampe erleuchtete den Empfangsbereich. Eine halb volle Tasse mit lauwarmem Kaffee stand auf dem Tresen und wartete, dass seine Besitzerin zurückkehrte. Kate deutete auf eine Wandtafel, auf der die Eingriffe für den nächsten Tag aufgelistet waren.
„Hier siehst du mit einem Blick, in welchem Raum welcher Patient von welchem Chirurgen operiert wird. Der Name des Anästhesisten ist auch aufgeführt.”
„Wo war Ellen?”
„Der Raum ist um die Ecke.”
Sie führte ihn einen unbeleuchteten Flur hinunter und öffnete die Tür zu OP 5. Als sie das Licht einschaltete, schmerzte die plötzliche Helligkeit in den Augen. „Der Wagen mit den Anästhesiedrogen ist dort drüben.”
David ging hinüber und zog eine der Stahlschubladen auf. Die kleinen Ampullen schlugen klimpernd aneinander. „Sind diese Drogen immer unverschlossen?”
„Sie sind wertlos auf der Straße. Niemand würde sich die Mühe machen, sie zu stehlen. Die Narkotika sind dort im Wandschrank eingeschlossen.”
David schaute sich um. „Hier arbeitest du also … sehr beeindruckend. Sieht aus wie die Kulisse zu einem Science-FictionFilm.”
Kate lächelte. „Seltsam, ich habe mich hier immer sehr zu Hause gefühlt. Die vielen Apparaturen erschrecken mich vielleicht deshalb nicht, weil ich die Tochter eines Tüftlers bin. Ich kann mir allerdings denken, dass sie andere Menschen einschüchtern.”
„Und du fühlst dich nie eingeschüchtert?” fragte David und blickte sie durchdringend an.
„Nicht im OP”, antwortete sie leise.
David konzentrierte sich wieder auf den Wagen mit Medikamenten. „Wie lange braucht man, um die Ampullen auszutauschen?”
„Weniger als eine Minute. Er müsste sie nur herausnehmen und eine andere,
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