Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen
nicht.
„Weißt du, David, Noah wollte immer einen Bruder haben.
Vielleicht ist es Zeit, dass du ihm einen schenkst.”
David lächelte schwach. „Mutter, was redest du da?” „Nur Dinge, die selbstverständlich sind.”
„Vielleicht sollte ich vorher doch heiraten.”
„Oh ja, natürlich.” Nach einer Pause fragte sie hoffnungsvoll:
„Hast du schon jemand Bestimmtes im Auge?”
„Nein.”
Seufzend hakte sie sich bei ihrem Sohn unter. „Das habe ich mir gedacht. Da keine tolle Frau auf dich wartet, kannst du genauso gut eine Tasse Kaffee mit deiner alten Mutter trinken.” Sie gingen zusammen über den Rasen auf das Haus zu. Der Boden war uneben, und Jinx kam nur langsam voran, weigerte sich jedoch beharrlich, sich auf die Schulter ihres Sohnes zu stützen. Eigentlich sollte sie überhaupt nicht aufstehen, aber sie hatte sich noch nie an ärztliche Anweisungen gehalten. Eine Frau, die sich den Knöchel in einem wilden Tennismatch verstaucht, setzt sich nicht hin und dreht Däumchen.
David und seine Mutter traten durch eine Lücke in der Hecke aus falschen Jasminsträuchern und gingen die wenigen Stufen zur Küchenveranda hinauf. Gracie, Jinx Ransoms Gesellschafterin, eine Frau in mittleren Jahren, nahm sie an der Fliegendrahttür in Empfang.
„Da seid ihr ja!” Gracie seufzte und richtete ihre mausbraunen Augen auf David. „Ich habe absolut keine Kontrolle über diese Frau, nicht ein bisschen.”
Er meinte schulterzuckend: „Wer hat die schon?”
Jinx und David nahmen am Esstisch Platz. Die Küche glich einem dichten Dschungel aus Hängepflanzen. Durch die Veranda wehte jetzt eine Brise vom Tal herein, und das große Fenster bot einen ungehinderten Ausblick auf den Friedhof.
„Schade, dass man den Regenbaum zurückgeschnitten hat”, bemerkte Jinx, als sie hinausblickte.
„Es war nötig”, erklärte Gracie, während sie Kaffee einschenkte. „In seinem Schatten wuchs kein Gras mehr.”
„Aber der Anblick ist nicht mehr derselbe.”
David schob einen vorwitzigen Farn beiseite. „Dieser Anblick hat mir nie behagt. Ich kann nicht verstehen, wie du den ganzen Tag auf einen Friedhof sehen kannst.”
„Mir gefällt das. Ich sehe meine alten Freunde. Mrs. Goto ist dort bei der Hecke beerdigt, Mr. Carvalho neben dem Baum da. Und am Hang dort liegt unser Noah. Für mich schlafen sie alle nur.”
„Gütiger Himmel, Mutter!”
„Dein Problem ist, David, dass du nie die Angst vor dem Tod überwunden hast. Ehe du das nicht tust, kommst du auch mit deinem Leben nicht klar.”
„Und was schlägst du vor?”
„Mach dich unsterblich, setze noch ein Kind in die Welt.”
„Ich heirate nicht wieder, Mutter. Also wechseln wir das Thema.”
Jinx reagierte, wie sie es immer tat, wenn ihr Sohn einen ihrer Meinung nach lächerlichen Vorschlag machte: Sie ignorierte ihn. „Da war doch diese junge Frau, die du letztes Jahr in Maui kennen gelernt hast. Was ist mit ihr geschehen?”
„Sie hat jemand anders geheiratet.”
„Wie bedauerlich.”
„Ja, der arme Mann.”
„Oh, David!” empörte sie sich. „Wann wirst du endlich erwachsen?”
David lächelte und trank einen Schluck von Gracies teerschwarzem Kaffee, woraufhin er prompt hustete. Dies war ein Grund, warum er Besuche bei seiner Mutter mied. Sie weckte nicht nur schlimme Erinnerungen, sie zwang ihn auch, Gracies entsetzlichen Kaffee zu trinken.
„Also, wie war dein Tag, Mutter?” fragte er höflich.
„Wurde mit jeder Minute schlimmer.”
„Noch etwas Kaffee, David?” drängte Gracie und näherte sich bedrohlich mit der Kanne.
„Nein!” Er hielt schützend eine Hand über die Tasse. Als er Gracies erstaunte Miene bemerkte, bekräftigte er freundlicher: „Nein, danke.”
„So nervös?” meinte Jinx. „Ist etwas nicht in Ordnung, abgesehen von deinem Sexualleben?”
„Ich bin nur sehr beschäftigt. Hiro hat immer noch mit diesem Fall von organisiertem Verbrechen zu tun.”
„Du scheinst deinen Beruf nicht mehr so sehr zu mögen. Ich glaube, du warst viel glücklicher im Büro des Staatsanwaltes. Jetzt nimmst du deinen Job so verdammt ernst.”
„Es ist ein verdammt ernster Job.”
„Ärzte zu verklagen? Ha! Es ist nur eine weitere Abart, um schnelles Geld zu machen.”
„Mein Doktor wurde auch einmal verklagt”, erzählte Gracie. „Es war schrecklich, was sie alles über ihn sagten. Dabei war er fast ein Heiliger.”
„Niemand ist ein Heiliger, Gracie”, widersprach David finster. „Am wenigsten
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