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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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schieben.”
    Guy raunte Kate brummig zu: „Und sie hat geschworen, es würde eine Halbtagspraxis werden. Ha! Dreimal darfst du raten, wer praktisch jeden Abend zu Notfällen gerufen wird.”
    „Du beklagst dich ja nur, weil deine Hemden nicht gebügelt sind.” Susan tätschelte ihrem Mann liebevoll die Wange. Mütterliche Gesten dieser Art erwartete man von Susan Santini. Guy hatte sie einmal liebevoll seine Glucke genannt. Und der Name passte. Susans Schönheit lag weder in ihrem sommersprossigen, eher unauffälligen Gesicht noch in ihrer untersetzten, bäuerlich wirkenden Gestalt. Ihre Schönheit lag in ihrem ruhigen, geduldigen Lächeln, das sie jetzt ihrem Sohn schenkte.
    „Daddy, lass mich noch einmal fliegen!” bat William und hopste um die Beine seines Vaters herum.
    „Bin ich denn eine Startrampe?”
    „Einmal noch!”
    „Später, Will”, sagte Susan. „Wir müssen erst Daddys Auto aus der Garage holen, bevor sie schließt.”
    „Bitte!”
    „Hast du das gehört”, japste Guy. „Er hat das Zauberwort gesprochen.” Mit dem Gebrüll eines Löwen warf er den kreischenden Jungen noch einmal in die Luft.
    Susan warf Kate einen nachsichtigen Blick zu. „Ich habe zwei Kinder, nur wiegt eines eben zweihundertvierzig Pfund.”
    „Das habe ich gehört!” Guy schlang besitzergreifend einen Arm um seine Frau. „Und dafür, Lady, musst du mich jetzt heimfahren.”
    „Tyrann! Wie war es mit McDonald’s?”
    „Aha, dann hast du also keine Lust zum Kochen.”
    Guy winkte Kate zu und schob seine Familie Richtung Ausgang. „Also, Kleiner, worauf hast du Lust?” hörte Kate ihn William fragen. „Auf Cheeseburger?”
    „Auf Eiscreme.”
    „Eiscreme? An die Möglichkeit habe ich gar nicht gedacht.”
    Wehmütig blickte Kate den Santinis nach. Sie konnte sich vorstellen, wie deren Abend heute weiter verlief: zuerst das Essen im Restaurant, und dann brachten sie zu Hause den Kleinen zu Bett, der mit seinen dünnen Ärmchen Mom und Daddy umschlang, um ihnen einen Gutenachtkuss zu geben.
    Und was erwartet mich, wenn ich heimkomme? dachte sie.
    Guy drehte sich noch einmal um und winkte ein letztes Mal, bevor er mit seiner Familie aus der Tür verschwand. Kate seufzte neidvoll.
    Nachdem er an diesem Nachmittag sein Büro verlassen hatte, fuhr David Ransom die Nuuanu Avenue entlang und bog auf die Lehmpiste ein, die durch den alten Friedhof führte. Er stellte den Wagen im Schatten eines Baumes ab und ging über den frisch gemähten Rasen, vorbei an marmornen Grabsteinen mit grotesken Engeln und den letzten Ruhestätten der Doles, Binghams und Cookes. Dann gelangte er in einen Bereich, in dem nur noch eingelassene Bronzeplatten die Gräber markierten, eine traurige Konzession an moderne Grabgestaltung. Unter einem Regenbaum blieb er stehen und blickte auf die Platte zu seinen Füßen.
    Noah Ransom Sieben Jahre
    Es war ein schöner Platz, leicht abschüssig, mit Blick auf die Stadt. Der Wind kam manchmal von der See und manchmal vom Tal herauf. Wenn man die Augen schloss, ließ sich allein am Geruch feststellen, aus welcher Richtung der Wind wehte.
    David hatte diesen Platz nicht ausgesucht. Er konnte sich nicht erinnern, wer es getan hatte. Vielleicht war es auch die einzig verfügbare Grabstelle gewesen. Wenn einem das einzige Kind stirbt, achtet man nicht auf Aussicht, Windrichtung oder Schatten spendende Bäume.
    Er beugte sich nieder und wischte einige Blätter von der Grabplatte. Dann richtete er sich wieder auf und stand eine Weile ganz still. Er bemerkte kaum das Rascheln des Rockes oder das dumpfe Aufsetzen des Stockes auf dem Gras.
    „Hier steckst du also, David”, sagte eine Stimme. Er drehte sich um und sah die weißhaarige Frau auf sich zuhinken. „Du solltest nicht hier draußen sein, Mutter. Nicht mit dem verknacksten Knöchel.”
    Sie deutete mit dem Stock auf das weiße Haus am Rande des Friedhofs. „Ich habe dich durch das Küchenfenster gesehen. Da dachte ich, ich komme besser her und sage hallo. Schließlich kann ich nicht ewig warten, bis du mich besuchst.”
    Er küsste sie auf die Wange. „Tut mir Leid, ich hatte viel zu tun. Aber ich war wirklich auf dem Weg zu dir.”
    „Ja, natürlich.” Sie richtete ihre blauen Augen auf das Grab.
    Die Augenfarbe war eines der vielen Dinge, die Jinx Ransom mit ihrem Sohn gemeinsam hatte. Auch mit achtundsechzig war ihr Blick noch durchdringend. „Manche Gedenktage sollte man besser vergessen”, meinte sie leise.
    Er antwortete

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