Akte X
erwachten auch noch die winzigen, juwelenähnlichen Teile im Inneren des Glasbehälters surrend zum Leben.
Jetzt erstaunte es ihn noch mehr, daß dieses Artefakt in der Morgendämmerung der Geschichte von den alten May a gebaut worden war. Sie hatten Getriebe und primitive Maschinen verwendet, um ihre Kalender zu konstruieren... doch dieser Kasten hier erschien ihm selbst für moderne Verhältnisse verblüffend hochentwickelt, ohne erkennbare Zahnräder, Hebel, Knöpfe...
Im Kern des diamantenen Quaders wuchs das Licht weiter, kalt und doch von blendender Helle – als flamme eine Lache Quecksilber zu Weißglut auf.
Salida trat erneut zurück, jetzt von Angst und Schrecken erfüllt. Was hatte Aguilar ihm da gebracht? Wie konnte er das Ding stoppen?
Was...?
Draußen schrien die Hunde und Pfauen, als würden sie bei lebendigem Leibe zerrissen.
Das Licht im Inneren des Kristalls wurde unerträglich grell und erreichte einen unvorstellbaren Gipfel. Das letzte, was Salida sah, war sein Weinglas, das neben dem glühenden Objekt einen wilden Tanz aufführte. Die dunkelrote Flüssigkeit kochte brodelnd.
Dann erreichte das Licht seinen kritischen Punkt... und sprang auf eine andere Ebene. Hitze und Energie überspülten Salida mit solcher Schnelligkeit, daß ihm keine Zeit mehr blieb, die infernalische Explosion auch nur zu erahnen.
Er verlosch, bevor der Schmerz ihn einholte.
11
Cancuen
Freitag, 8.05 Uhr
Sanfte, weiße Wolken wanderten hoch oben der Sonne entgegen, und das Meer schimmerte so türkis wie ein Swimmingpool in Beverly Hills. Reisegruppen strömten aus den Hotels entlang dem schmalen Landstreifen zwischen Ozean und Lagune, um auf die Busse zu warten, die regelmäßig zu den berühmten Maya-Ruinen in Chichen Itza, Tulum, Xcaret und Xel-Hae fuhren.
Marmorspringbrunnen, deren Böden mit mexikanischen Münzen übersät waren, schickten am Rande des Vorplatzes vor dem Caribbean Shores Resort ihre Fontänen in den strahlenden Himmel. Knatternd näherte sich ein verbeulter Jeep mit drei Insassen und steuerte um alte Taxis und Reisebusse herum, bevor er vor dem Hoteleingang hielt. Der Fahrer drückte auf die Hupe, winkte mit der Hand und hupte noch einmal ungeduldig, zum Ärger der weiß uniformierten Türsteher. Mit finsteren Blicken maßen sie den Jeep, doch der Fahrer fuhr näher an die Bordsteinkante, parkte und hupte noch einmal, ohne auf die Empörung der Hotelangestellten zu achten.
Mulder, der gleich hinter dem Foyereingang neben den Touristen wartete, die zu ihren Tagesausflügen aufbrechen wollten, schulterte seinen Seesack und wandte sich grinsend an Scully. »Ich wette, das ist unser Wagen.«
»Das habe ich befürchtet.« Sie stellte ihre StyroporKaffeetasse neben einen mit Sand gefüllten Aschenbecher und griff ebenfalls nach ihrer Tasche. Vladimir Rubicon folgte ihnen mit seinem Rucksack und vor Erregung gerötetem Gesicht.
Im Jeep erkannte Scully Fernando Victorio Aguilar mit seinem Schlapphut und seinem dunklen Pferdeschwanz. Aguilar winkte ihnen zu und ließ seine weißen Zähne aufblitzen. »Buenos dias, amigos!«
Mulder nahm Scullys Gepäck und warf es zusammen mit seinem eigenen in den Laderaum, während Rubicon seine persönliche Ausrüstung mit ins gedrängte Innere des Wagens nahm. Zwei dunkelhaarige, braunhäutige junge Männer saßen mit Aguilar im Wagen, um sie als Helfer zu begleiten. Rubicon achtete kaum auf die Fremden und zwängte sich auf den Rücksitz. Mulder setzte sich neben ihn.
Aguilar sah Scully schelmisch an und klopfte einladend auf den Beifahrersitz. »Für Sie, Señorita – neben mir, wo es sicherer ist, eh?« Dann drehte er sich zu Mulder und Rubicon um. »Bereit zum Aufbruch? Sind Sie richtig gekleidet, passend für den Dschungel?«
Rubicon zupfte an seinem dünnen Spitzbart. »Sie sind gut genug vorbereitet«, teilte er Aguilar seinen Eindruck mit.
Mulder beugte sich vor. »Ich habe sogar meine Wanderstiefel und das Insektenabwehrmittel dabei.«
Scully schloß für einen Moment die Augen. »Ja, Mulder, die wichtigsten Dinge.«
Der drahtige Expeditionsführer sah frisch rasiert aus – Wangen und Kinn schimmerten glatt wie Glas. Deutlich nahm Scully sein Aftershave wahr. Als hätte er ihre Gedanken erraten, rieb er sich mit den Fingern prüfend über das Gesicht. »Wir werden etliche Stunden brauchen, um zu der Stelle zu kommen, wo wir von der Straße abbiegen... ab dann geht es in den Dschungel.«
»Und wer sind unsere Begleiter?« fragte Mulder und deutete
Weitere Kostenlose Bücher