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Akte X

Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruinen
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wußte sie, daß die Zirkulation funktionierte.
    Sie winkte ihnen, ihr zu helfen, in die Cenote hinabzusteigen; und betete im stillen, daß Generator und Anzug lange genug durchhalten würden, um sich unter der Wasseroberfläche umzusehen. Die Indios starrten sie aus dunklen Augen an, als nähmen sie für immer Abschied von ihr.
    Scully packte dieselben Seile, an denen Mulder die zerklüfteten Kalksteinwände hinabgeklettert war, und machte einen mühseligen Schritt nach dem anderen. Sie brauchte etliche Minuten für den beschwerlichen Abstieg, und der Anzug schien ihr mit dem Gewicht eines Lastwagens an den Schultern zu hängen – als sie jedoch den Rand des scheinbar friedlichen Teichs erreicht hatte, spürte sie einen starken Widerwillen hineinzutauchen. Ihr Magen rumorte, ihre Muskeln wurden weich wie Gummi.
    Doch Scully hielt sich nicht mit ihren irrationalen Ängsten auf, sondern ließ die Wand los: sie fiel ins Wasser und sank wegen der Gewichte an ihrem Gürtel wie ein Sack Blei in die Tiefe.
    Das trübe Wasser saugte sie in sich auf wie Sirup, wie eine Art Urschleim, der sie von Kopf bis Fuß einhüllte. Wasser gluckste um ihren geschlossenen Helm. Das Gewebe des Anzugs preßte sich gegen ihre Arme und Beine und schmiegte sich dicht an sie, je tiefer sie sank. Die Tiefe und das undurchsichtige Wasser erstickten das Licht und raubten ihr für lange Momente jede Sicht.
    Kleine Blasenfontänen stiegen von den Verschlüssen ihres gummierten Anzuges auf. Scully atmete tief durch und überprüfte noch einmal, ob auch kein Wasser eindrang und sie immer noch durch die Schläuche mit der lebenswichtigen Luft versorgt wurde. Allmählich gewann sie an Zuversicht.
    Unter dem Sog der Schwerkraft sank sie weiter und weiter auf den Boden zu... falls die Cenote einen Boden hatte.
    Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, nahm das Wasser einen schlammigen, grünlichen Ton an, wie schwaches Sonnenlicht, das durch dicke, getönte Glasscheiben fällt. Versuchsweise paddelte sie mit Händen und Beinen und spürte, daß sie noch tiefer fiel. Und tiefer.
    Der Druck um sie herum nahm zu, und sie fühlte den Schmerz in den Ohren, als das Wasser ihren Helm wie ein Schraubstock umspannte. Ihr kam Dr. Rubicons Geschichte von Thompson in den Sinn, der durch einen schadhaften Anzug bei seinen Tauchgängen in der Cenote von Chichen Itza einen dauerhaften Gehörschaden erlitten hatte.
    Sie schüttelte diesen Gedanken ab und versuchte sich umzuschauen, indem sie ihren Kopf im Helm herumdrehte. Meter für Meter fiel sie weiter hinab... Sie konnte sich nicht vorstellen, wie tief dieser Schacht war. Vermutlich war sie schon über die zehn Meter des Brunnens von Chichen Itza hinaus.
    Der Lichtkreis über ihr war zu einem schwächlichen Widerschein des strahlenden mexikanischen Himmels verblaßt. Ihr eigener Atem hallte ihr in den Ohren wie eine ferne Brandung, und die Luftzirkulation durch die Schläuche wurde immer schwächer.
    Noch einmal holte sie tief Luft und schmeckte den Gestank der alten Schläuche und Chemikalienrückstände wie den Hauch eines lange verendeten Kadavers. Es war schrecklich heiß und stickig in dem Anzug, und der Helm schien immer enger zu werden. Einen Moment lang verschwamm ihr alles vor den Augen... ihr wurde schwindelig, als sie versuchte, einen weiteren Atemzug zu tun... doch dann zwang sie sich zur Ruhe: es war nur ein imaginäres Problem – sie hatte angefangen zu hyperventilieren.
    Scully bemerkte ein schwaches, flackerndes Leuchten unter sich, viel weiter weg, als sie herabsinken wollte – ein blauweißes Licht, das vom Boden des Opferbrunnens heraufzudringen schien, ein leuchtender Nebel, der aus dem porösen Kalkstein hervorsickerte.
    Als sich ihre Augen darauf eingestellt hatten, sah Scully, daß sie sich nicht geirrt hatte – das unscharfe Leuchten pulsierte und pochte, als würde es eine Art Signal aussenden, ein blitzendes SOS-Feuer in ganz langsamen Intervallen.
    Das schwache Leuchten unter ihr wirkte kalt und in seiner Fremdartigkeit bedrohlich. Eine Gänsehaut kroch ihr über den Rücken, obwohl Scully sich selbst dafür tadelte, daß sie sich so töricht erschrecken ließ... daß sie sich dieser irrationalen Nervosität hingab, die das Erzählen von Horrorgeschichten so reizvoll macht. Mulder hätte es gefallen.
    Ihr Partner hätte vielleicht die Ansicht vertreten, daß das Licht von einer Ansammlung von Geistern stammte, den Überresten der rituellen Opfer der Maya. Scullys

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