Akte X
auffällige Gebilde in Schulterhöhe. Mulder entdeckte einen schwachen Lichtschimmer auf einem Kameraobjektiv. Womit filmten die Leute? Mit Infrarotkameras?
Einige der Polizisten hatten eine Kette gebildet und hielten die Reporter und Zuschauer zurück. Dieser abgesperrte Teil des Platzes war völlig verwaist. Die Schritte von Mulder und Janus hallten hohl von den nackten Betonwänden wider.
Irgend etwas ließ Mulders Blick nach oben gleiten. Im schwachen Mondschein konnte er undeutlich einen menschlichen Umriß vor dem Sternenhimmel entdecken, der sich über eine Brüstung gebeugt hatte und offensichtlich nach unten spähte.
Einer von Brems Scharfschützen, dachte Mulder. Sie waren fast an der verschlossenen Tür des Travel Time-Reisebüros angelangt, hinter der eine Jalousie heruntergezogen war.
Bringen Sie ihn nahe genug an die Tür oder ein Fenster heran, daß uns ein Schuß reicht...
Genau zwischen seinen Schulterblättern begann es zu jucken. Die Zielgenauigkeit der FBI-Geiselbefreiungseinheit war legendär, aber es war dunkel. Die Straßenbeleuchtung funktionierte immer noch nicht. Nur ein paar Autoscheinwerfer und das Warnlicht auf den Streifenwagen erhellten die Szenerie mehr schlecht als recht. Das waren nicht gerade günstige Bedingungen für einen gezielten Schuß.
Und der Türeingang, den sie gleich erreichen würden, lag im tiefsten Schatten. Mulder fuhr zusammen, als er glaubte, in der Ferne ein scharfes Klicken zu hören... wie das Entsichern eines Gewehrs...
Zum Teufel damit! Er atmete tief durch und stieß die Luft langsam wieder aus. Die Tür war jetzt direkt vor ihm. Er hob eine Hand, ballte sie zur Faust und klopfte.
Nichts geschah.
Er klopfte erneut. Wer würde ihm antworten? Würde überhaupt irgend jemand antworten?
Als ein paar Finger zwischen den Blättern der Jalousie hinter der Glastür erschienen, machte er beinahe einen Satz zurück. Die Finger bewegten sich und schoben die Blätter zu einem Spalt auseinander. Zwei glitzernde Augen spähten aus der Dunkelheit heraus. Ein leises metallisches Rasseln und dann das kratzende Schaben eines Schlüssels, der in ein Schloß geschoben wurde...
Ein Klicken...
Die Tür wurde einen Spalt weit aufgestoßen. Jeder Muskel in Mulders Rücken krampfte sich zusammen. Ein scheinbar endloser Moment folgte...
Das lange Haar der Frau schimmerte im gedämpften Licht hinter ihr. Mulder spürte, wie sein Herz einen Schlag lang aussetzte, bevor es seine Arbeit wieder aufnahm. Er lächelte der Frau zu. Sie wich zurück und zog die Tür dabei weiter auf.
Als Mulder ihr in die Augen sah, entdeckte er dort nichts außer einer Art betäubten Entsetzens. Ihr Mund war schlaff und stand offen, schloß sich ruckartig und klappte dann wieder auf, offensichtlich ohne ihr bewußtes Zutun.
Mulder nickte ihr zu und trat vorsichtig ein.
»Duane...?« fragte er behutsam.
Drittes Kapitel
1 Travel Time-Reisebüro
Vereinzelte trübe Lichtpfützen tauchten das Büro in ein unheimliches Zwielicht. Mulder blieb direkt in der Tür stehen und beobachtete die Frau, die wie eine Marionette wieder in den Schatten untertauchte.
Er spürte Agent Janus unmittelbar hinter sich, trat einen weiteren Schritt vor und versuchte, das Halb dunkel mit den Blicken zu durchdringen.
»Hände hoch! Stellen Sie die Tasche auf den Boden! Ganz langsam...«
Die Stimme klang rauh, vor Anspannung gepreßt und vertraut. Mulder hob die Hände, als Duane Barry hinter einem Schreibtisch hervor in einen trüben Lichtkegel der Notbeleuchtung trat, die Automatik Kaliber 9 Millimeter in fachmännischem Doppelhandgriff vor sich hingestreckt. Seine Augen waren leer und kalt.
Er bewegte sich mit wachsamer Geschmeidigkeit. Mulder kannte diese Körperhaltung. Was Duane auch immer während der letzten zehn Jahre zugestoßen war, er hatte seine FBI-Ausbildung nicht vergessen. Die Pistole schien beinahe wie ein Teil seines Körpers zu sein. Für Mulder bestand nicht der geringste Zweifel, daß Duane sie notfalls benutzen würde, und zwar sehr effektiv.
»Wir sind unbewaffnet, Duane«, rief er schnell. »Wir möchten nur dem Verwundeten helfen.«
Verwickeln Sie ihn in ein Gespräch, hatte man ihm eingeschärft. Lassen Sie sich nicht auf seine Phantasievorstellungen ein. Bestärken Sie ihn nicht in seinem Irrglauben. Aber Duane wirkte keineswegs so, als sei er in einer Phantasiewelt verloren. Seine Konzentration war genau auf den richtigen Punkt gerichtet, auf das Zentrum von Mulders
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