Akte X
die widernatürlichen Epidermal-zellen an, die in pulsierenden Schüben über den roten Hintergrund wanderten. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Sie muss synthetisch sein, Mulder. Irgendeine chemische Verbindung, die mit dem Blutkreislauf des Patienten in Interaktion treten kann und auf diese Art auf das motorische Kontrollzentrum des Gehirns einwirkt. Eine extrem elastische und haltbare Substanz, die lediglich auf elektrischen Strom empfindlich reagiert.
Elektrischer Strom kann sie ungehindert durchdringen, das Nervensystem beeinträchtigen und zu einer kardialen Reaktion führen.«
Mulder zog die Brauen hoch. Stanton und John Doe waren beide an einem Stromschlag gestorben, doch bisher hatte Scully einen Zusammenhang stets abgestritten.
»Ich hatte ebenfalls eine Begegnung mit einem dieser Männer«, beantwortete sie seine stumme Frage. »In meinem Hotelzimmer. Er hatte einen Herzstillstand, nachdem er die Nadel einer Subkutanspritze in eine Lampenfassung gerammt hat.«
Mulder nickte. Nun wusste er, warum sie bereit gewesen war, seine Prämissen, wenn auch nicht seine Schlußfolgerungen, zu akzeptieren. Auch sie hatte einem dieser Drohnen von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden.
»Aber wenn diese Männer erst der Anfang sind«, griff Scully Mulders frühere Bemerkung auf, »was kommt dann als nächstes?«
Dessen war sich auch Mulder nicht sicher, doch ein flaues Gefühl in seiner Magengegend sagte ihm, wohin sie ihre Schritte lenken mussten. »Wenn Emile Paladin Experimente mit zweitausend vermißten Soldaten durchführt, dann braucht er einen geheimen, einsam gelegenen Platz, an dem er arbeiten kann. Einen Platz, an dem er ungestört ist.«
Mit einem leisen Stöhnen quittierte Scully die unausgesprochene Nebenbedeutung von Mulders Worten. Dennoch war Mulder überzeugt, dass sie zu einem ähnlichen Schluß gekommen war: Sobald er sich wieder allein auf den Beinen halten konnte, mussten sie die Berge rund um Alkut durchkämmen.
Sie würden sich durch die grüne Hölle kämpfen . . . auf der Suche nach einer geheimen Intensivstation
- und der Höhle von Gin-Korng-Pew.
Kapitel 25
Scully stützte sich neben Mulder auf den Stamm eines umgestürzten Baumes und beobachtete aus respektvoller Entfernung, wie die drei Thailänder mit ihren gewaltigen, gekrümmten Macheten eine Bresche durch das dichte Unterholz schlugen. Alle drei Männer arbeiteten mit entblößten Oberkörpern, und ihre sehnigen Körper glänzten schweißnaß in der drückenden Hitze. Einige Schritte entfernt leitete der ausgemergelte jugendliche Mönch ihre Arbeit mit raschen Gesten seiner knochigen Hand, aber selbst nach sieben Stunden mühsamster Kletterei in bisweilen undurchdringlichem Dickicht, zeigten weder er noch die angeheuerten Helfer Zeichen der Ermüdung. Schon vor beinahe einer Stunde war die Farbe des Himmels von Orange zu Grau übergegangen, und immer noch quälten sie sich vorwärts, weigerten sich, die Hoffnung aufzugeben, den Stützpunkt in den Bergen noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.
»Ganz nah«, rief der Mönch über seine Schulter, während seine Augen den Himmel begutachteten. »Weg endet nach Hügel.«
Scully gab sich wenig enthusiastisch. Ganz ähnliche Verlautbarungen hatte Malku bereits im Laufe der letzten drei Meilen von sich gegeben. Was der Junge als Hügel bezeichnete, waren kleinere Berge, dichtbewachsen von immergrünen Gehölzen, Eichen, Lorbeerbäumen und Dipterocarpen, einer Baumart, die nur im südöstlichen Asien vorkam. Und soweit es Scully betraf, war der >Weg< kaum mehr als eine Reihe unzusammenhängender Breschen im Unterholz, die durch das üppige Grün der tropischen Fauna voneinander getrennt wurden.
Als Mulder einen seiner Kampfstiefel auszog und Steine von der Größe durchschnittlicher Murmeln auf die Erde schüttete, fiel ihm der abgespannte Gesichtsausdruck seiner Partnerin auf. Eine Moskitowolke umschwärmte seinen Kopf, und er blinzelte heftig, um die aufdringlichen Insekten von seinen Augen fernzuhalten. »Er kennt den Weg, Scully. Schließlich ist das seine Religion.«
Scully bedachte ihn mit einem skeptischen Blick. Der Anblick war sonderbar: Mulder in militärischer Tarnkleidung, mit Kampfstiefeln und einem Sturmgewehr über der rechten Schulter. Sie hatten Uniform und Waffe in einem Geschäft gleich neben dem Verwaltungsgebäude der Stadt entdeckt. Wie der Jeep waren auch sie Souvenirs aus dem Vietnamkrieg - und beide befanden sich in erstaunlich gutem
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