Akte X
konnten, sah Bernstein mit einem tiefen Seufzer zur Uhr. »Es tut mir leid, aber ich muss in ein paar Minuten ein Gesichtslifting durchführen - wie üblich. Ich trage eben meinen Teil dazu bei, Amerika schön zu halten. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, finden Sie mich im OP 4 am anderen Ende des Ganges. Und sollte sich in dem Fall etwas Neues ergeben, so lassen Sie es mich bitte wissen. Teri Nestor war eine persönliche Freundin von mir - und Stanton war mein Patient. Ich weiß, dass das dumm ist, aber ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, bei seiner Behandlung versagt zu haben.«
Er entschuldigte sich und verließ den Waschraum. Als er gegangen war, wandte sich Scully zu ihrem Partner um. Obwohl es inzwischen nach ein Uhr morgens war, fühlte sie sich von einem Strom neuer Energie durchdrungen. Angesichts der Fakten, von denen sie in den vergangenen Stunden Kenntnis erlangt hatten, war sie sicher, dass sie der Lösung des Falles näher kamen. Hier gab es einen faszinierenden Unterschied in der Persönlichkeit der beiden Agenten: Mulder ließ sich von Geheimnissen elektrisieren, während Scully ähnlich auf die bevorstehende Klärung eines Falles reagierte. »Ich glaube, es steht außer Frage, was wir nun zu tun haben. Während Barrett ihre Fahndung vorantreibt, müssen wir die Spur zurück zu der Hautbank verfolgen und herausfinden, ob das Transplantat irgendeinen Erreger getragen hat, der Stantons Gewalttätigkeit ausgelöst haben kann. Und wir müssen schnell handeln - schließlich wollen wir nicht, dass von dieser Haut noch etwas in einem anderen Patienten landet.«
Mulder antwortete nicht gleich. Statt dessen ging er zu dem Waschtisch. Bernstein hatte den Wasserhahn nur nachlässig abgedreht, so dass ein dünnes Rinnsal leise in das Becken tröpfelte. Mulder hielt seine Handfläche in den Strom. »Scully, glauben Sie wirklich, ein Virus könnte eine Erklärung für die Vorkommnisse in dem Krankenzimmer liefern?«
Verwundert starrte Scully auf seinen Hinterkopf. Sie hatten beide die gleichen Beweise gesehen, hatten die Befragungen gemeinsam durchgeführt - dennoch führten ihre Gedanken offensichtlich in zwei verschiedene Richtungen. Wie immer. »Absolut. Dr. Bernstein hat meine Theorie noch erhärtet. Es ist möglich, dass Stanton sich durch das Transplantat eine Infektion geholt hat - eine Krankheit, die sich auf sein Gehirn ausgewirkt hat - und auf seine Persönlichkeit. Wenn wir die Spur des Transplantats verfolgen, werden wir Gelegenheit haben, Genaueres herauszufinden. Und dann werden wir auch wissen, wie wir mit Stanton umzugehen haben, wenn wir ihn gefunden haben - und welche Vorsichtsmaßnahmen Barrett und ihre Mitarbeiter treffen sollten, um ihn zu verhaften.«
Mulder drehte den Hahn ab und trocknete seine Hand mit einem Handtuch aus dem Regal. »Eine Mikrobe, Scully? So erklären Sie sich das?«
»Haben Sie eine bessere Idee?«
Mulder zuckte die Schultern. »Wann immer Ärzte auf ein Geheimnis stoßen, das sie nicht erklären können, behaupten sie, Mikroben wären die Auslöser. Irgendein Virus oder eine Art Bakterium, etwas, das man nur durch ein Mikroskop erkennen kann, und manchmal kann man es auch gar nicht sehen. Wenn Sie mich fragen, ist das eine ausgesprochen bequeme Denkweise. Das ist die wissenschaftliche Methode, vorzugeben, etwas zu begreifen, das sich jeglichem Zugriff entzieht.«
»Mulder«, unterbrach ihn Scully frustriert. »Wenn Sie einen besseren Plan für unser weiteres Vorgehen anzubieten haben, höre ich Ihnen zu.«
»Eigentlich bin ich ganz Ihrer Meinung, Scully. Wir müssen die Spur dieses Transplantats zurückverfolgen. Wir müssen herausfinden, was aus Perry Stanton einen gewalttätigen Mörder gemacht hat. Aber ich bin nicht so sehr davon überzeugt, dass wir ein Mikroskop brauchen, um zu finden, was wir suchen.«
Scully sah, wie er auf die Tür zuging. »Was wollen Sie damit sagen?«
Er blickte sich nach ihr um. »Man braucht schon ein ziemlich großes Mikroskop, um einer Krankenschwester den Schädel zu zerquetschen.«
Als Scully Mulder auf den Gang hinaus folgte, entging ihr der großgewachsene, kräftige Mann, der sie aus dem inzwischen verlassenen Operationsraum auf der anderen Seite des Sichtfensters beobachtete. Der Mann trug eine blaue Sanitäteruniform, und der größte Teil seines jungen Gesichts verbarg sich hinter einer sterilen weißen Chirurgenmaske. Seine Haut war dunkel, möglicherweise asiatisch, sein schwarzes, kurzgeschorenes Haar
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