Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
Vom Netzwerk:
gekriegt, ohne Pension. Eine interessantere Figur ist aufgetaucht. Aber ich lasse mich nicht behandeln wie ein Rotzjunge! Wenn sie wüsste, was für Frauen mir zu Füßen gelegen haben! Ich werde sie in den Schmutz treten! Ich werde sie zwingen, mit mir abzureisen!«
    »Du Schuft, wage nicht, ihr zu drohen! Ich zertrete dich wie einen Wurm!«
    Mit diesen Worten packte Schirjajew seinen ehemaligen Studienkollegen an der Gurgel, diesmal noch würgender als zuvor. Die Staffeleien fielen zu Boden, die beiden Männer stürzten verklammert ins dichte Grass.
    »O Gott, lasse es nicht zu«, wehklagte Pelagia leise und sprang auf, denn das Rascheln brauchte sie unter diesen Umständen nicht mehr zu fürchten. Sie lief ein Stückchen zurück und schrie:
    »Sakussai! Machst du da solchen Krach? Du ungezogener Bengel! Schon wieder bist du weggelaufen!«
    Das Getümmel auf der Lichtung hörte augenblicklich auf. Pelagia ging nicht dorthin, sie wollte die Männer nicht in Verlegenheit bringen, sondern rief noch ein paarmal, trampelte durchs Gebüsch und entfernte sich. Es genügte, dass die Streithähne sich besonnen hatten und sich wieder wie Menschen benahmen.
    Sie beschloss, den Park künftig zu meiden und Stattdessen friedlich in der Bibliothek zu sitzen.
    Sie kam vom Regen in die Traufe.
    Kaum hatte sie sich in dem großen Zimmer mit den hohen Schränken voller Bücher in anheimelnden goldgeprägten Einbänden niedergelassen, hatte sich mit hochgezogenen Füßen in den gewaltigen Ledersessel gekuschelt und den duftenden alten Band der »Lettres provinciales« von Pascal aufgeschlagen, da quietschte die Tür, und jemand kam herein – wer, konnte sie hinter der hohen Lehne nicht sehen.
    »Hier können wir uns aussprechen«, sagte die ruhige, selbstsichere Stimme von Donat Sytnikow. »In die Bibliothek schaut kaum mal jemand, da stört uns keiner.«
    Pelagia wollte sich räuspern oder sich zeigen, aber sie kam nicht dazu. Eine andere Stimme (von Naina Teli-anowa) sprach ein paar Worte, wonach Pelagia, hätte sie sich gemeldet, alle Beteiligten in eine peinliche Lage gebracht hätte.
    »Wollen Sie mir wieder Herz und Hand antragen, Donat Abramowitsch?«
    Wie sie hier alle verzaubert hat, dachte Pelagia kopfschüttelnd und bedauerte den gesetzten, kaltblütigen Industriellen, der, nach der spöttischen Frage zu urteilen, nicht auf Gegenliebe hoffen durfte.
    »Nein«, antwortete Sytnikow wieder ruhig. Leder knarrte, man hatte wohl auf dem Sofa Platz genommen. »Zurzeit kann ich nur mein Herz anbieten.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Ich erklär’s Ihnen. In den letzten Tagen habe ich Sie besser kennen gelernt als in all den Monaten, in denen ich wegen Ihrer schwarzen Augen immer wieder hergekommen bin. Ich sehe, ich habe mich geirrt. Als Ehefrau eignen Sie sich nicht für mich, und ich bin auch nichts für Sie. Ich bin kein Schwätzer, sondern geradeheraus, ohne Umschweife. Aus meinen Gefühlen für Sie habe ich kein Geheimnis gemacht, aber ich habe mich auch nicht aufgedrängt. Ich gab Ihnen Zeit einzusehen, dass außer mir hier niemand als Partner für Sie in Frage kommt. Schirjajew ist ein Phantast und ein Langweiler, da würden Sie mit Ihrem Charakter sich nach einem halben Jahr entweder aufhängen oder sich der Ausschweifung ergeben. Poggio, der taugt allenfalls zum Spaß. Sie haben ihn doch nicht etwa ernst genommen, oder? Ein kleines Menschlein, ein Garnichts. Und jetzt Ihre neue Passion. Ich habe eigentlich nichts dagegen. Amüsieren Sie sich, ich kann warten, bis diese Laune vergeht. Aber diesmal spielen Sie mit dem Feuer, dieser Herr hat mächtige Zähne. Nur bedeuten Sie ihm nichts, er hat andere Interessen. Sie sind jetzt nicht ganz bei sich, meine Worte langweilen Sie – hören Sie dennoch auf Donat Sytnikow. Ich bin wie eine steinerne Mauer, auf die kann man sich stützen, hinter ihr sich verstecken. Ich bitte Sie um eines: Wenn Ihr Plan platzt, gehen Sie nicht ins Wasser. Es wäre schade um solche Schönheit. Kommen Sie lieber zu mir. Zur Ehefrau nehme ich Sie nicht, das hat keinen Zweck, aber als Geliebte sehr gern. Sie brauchen mich gar nicht so anzufunkeln, ich mache Ihnen ein sachliches Angebot. Als meine Geliebte haben Sie es besser und angenehmer – keine Sorgen mit der Hauswirtschaft, keine Kinderaufzucht, und vor Klatsch brauchen Sie sich nicht zu fürchten. Es wird keinen geben. Ich plane derzeit, mein Hauptkontor nach Odessa zu verlegen. Mir ist es hier am Fluss zu eng, ich will aufs Meer. Odessa

Weitere Kostenlose Bücher