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Akunin, Boris - Pelagia 01

Akunin, Boris - Pelagia 01

Titel: Akunin, Boris - Pelagia 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelagia und die weissen Hunde
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fünfzehn, und die hässlichen Viecher neu züchten.«
    Ganz kurz nur war Mitrofani stolz, dann fand er wohl, dass es genug sei. Er blickte Pelagia prüfend an und schüttelte den Kopf.
    »Na, die Kirchenbuße ist wohl nicht ganz einfach? Du hast vielleicht gedacht, es ist eine Kleinigkeit, den Tod von solch lächerlichen Hunden aufzuklären, da hast du schon ganz andere Knoten entwirrt, stimmt’s? Aber du siehst, die Sache hat sich von selbst erledigt. Ich habe immer von einem Schurken gesprochen. Dabei handelt es sich um eine Frau. Das Bild ist klar. Die Witwe Tatistschewa war ihren rechtmäßigen Erben böse und hat ihnen zum Schur das Testament zu Gunsten der Engländerin geändert. Nicht im Ernst, nur zur Abschreckung. Da hat sich bei der Lutheranerin aus Habgier der Verstand verfinstert, in ihrer Situation sehr verständlich. Auf ihre alten Tage konnte sie von der Kostgängerin zur reichen Frau werden. Das würde jeden um die Vernunft bringen.«
    »Miss Wrigley ist nicht alt«, sagte Pelagia. »Um die fünfzig.«
    »Umso mehr. Es ist das Alter, wo die Kräfte allmählich nachlassen und die Angst vor dem morgigen Tag einsetzt. Jetzt wird man sie natürlich wegjagen, und zu Recht. Undank ist eine schwere Sünde und Verrat die allerschlimmste.«
    »Man darf sie nicht wegjagen«, erklärte Pelagia entschlossen. »Miss Wrigley hat die Hunde nicht getötet. Als Saguljai und Sakidai vergiftet werden sollten, war das Testament noch nicht zu ihren Gunsten geändert. Ich meine, das Vermächtnis spielt hier gar keine Rolle.«
    »Wieso nicht? Weshalb wollte man die alte Frau sonst ins Grab bringen? Und wer soll das Ganze ausgeheckt haben, wenn nicht die Engländerin?«
    Mitrofani sah seine geistliche Tochter verwundert an. Sie hob die von der Sonne ausgebleichten rötlichen Brauen, und dann platzte sie heraus:
    »Weshalb, weiß ich nicht, aber wer die Hunde umgebracht hat, weiß ich wohl.«
    An der Tür klopfte es zaghaft, aber beharrlich, im unpassendsten Moment. Der Subdiakon Alexi schaute herein.
    »Euer Bischöfliche Gnaden, die Gesellschaft ist im Salon versammelt und bittet Sie zu kommen. Ich habe gesagt, der Bischof ruhen aus von der Reise, aber ich soll Sie sehr bitten. Der Adelsmarschall wartet nur noch auf Sie, seine Kutsche ist schon angespannt, aber ohne Ihren Segen fährt er nicht. Vielleicht kommen Sie?«
    Der Bischof ließ den Blick von Vater Alexi zu Pelagia gleiten. Auf seiner Stirn bildeten sich drei steile Falten.
    »Wir werden wohl ein langes Gespräch haben, Pelagia. Jetzt komm mit in den Salon. Ich werde meiner Pflicht nachkommen, dann reden wir weiter.«
    Im Salon war in der Tat die ganze Gesellschaft versammelt, und sie empfing den Bischof mit begeistertem Stimmengewirr, das vielleicht in Applaus ausgeartet wäre ohne die Achtung vor seinem hohen Rang. Bubenzow trat vor und sagte gefühlvoll:
    »Ewigen Dank, Bischöfliche Gnaden, für die Tante.«
    Dazu hatte er guten Grund – nun konnte er sich wieder um das Testament kümmern. Mitrofanis zufriedenes Gesicht verfinsterte sich für einen Moment (wohl bei diesem Gedanken), und er wandte sich von dem unangenehmen jungen Mann ab.
    Von der anderen Seite schlich schon Selig herzu, er sagte weinerlich:
    »So geht unser Leben: Blumen und Rauch und Morgentau wahrlich. Eure heilige Hand bitte, zum Kusse . . .«
    »Meine Herrschaften!«, rief Krasnow laut. »Soeben wurde ein Gedicht geboren. Bitte um Gehör, Herrschaften, aus dem Stegreif. Im Stil des großen Dershawin (Gawrila Dershawin (1743-1816) - klassischer russischer Dichter. D.Ü.) ! › Ode auf die wundersame Errettung der Königin von Drosdowka, Marja Tatistschewa, aus der Todesgefahr ‹ .
    Ich blas die jubelnde Schalmei
Und sing in aller Russen Namen
Das glückerfüllte Hosianna
Für unsrer Herrin frohe Rettung.
    Vom bösen Gift der schwarzen Schlange,
Das deine undankbare Magd
Den weißen Engeln eingegeben,
Erlitten sie den tück’schen Tod.
    Allein, die Vorsehung hat nicht gewollt,
Dass solche Schurkerei gelänge,
Des Bischofs Hand, sie zog entschlossen
Den gift’gen Stachel aus der Wunde.«
    »Kirill Nifontowitsch!«, rief Miss Wrigley mit zitternder Stimme, unterbrach damit die Deklamation und streckte die mageren Hände nach dem Dichter aus. »Haben auch Sie sich von mir abgewandt?«
    Bubenzow lächelte giftig.
    »Ausgezeichnet! Der vorlaute Dieb verrät sich selbst.«
    Es hatte sich ergeben, dass die Engländerin in der Mitte eines leeren Kreises stand, wie mit Absicht der allgemeinen

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