Al Wheeler und das Komplott
Matrone
mittleren Alters her ist, die ihr Übergewicht in Brillanten wert ist.
Winterman hingegen machte den
Eindruck eines Gentlemans, eines gutaussehenden Gentlemans mit untadeliger
Bostoner Vergangenheit. Ein erstklassiges Examen an der juristischen Fakultät
von Harvard. Er hatte das gewisse Etwas, das Männer an sich haben, die zu
Höherem bestimmt und schon auf halbem Weg dahin sind.
Er war groß gewachsen, an den einsachtzig fehlte vielleicht ein Zentimeter, und sein
hagerer, sehniger Körper war in einen dunklen, ausgezeichnet sitzenden Anzug
gehüllt. Sein dunkelbraunes Haar war an den Schläfen grau meliert, und sein Gesicht
sah intelligent und aristokratisch aus. Er mißfiel mir auf den ersten Blick
nachhaltig.
»Wie weit sind Sie gekommen,
Wheeler?« fragte Lavers hoffnungsvoll. »Schon einige verläßliche Hinweise?«
Ich gab ihm einen Überblick
über die meisten Geschehnisse, die sich draußen in Hillside während des
Nachmittags ereignet hatten, während Winterman aufmerksam zuhörte. Meine
Verabredung mit Bella, heute abend mit ihr Forest zu besuchen, erwähnte ich nicht, weil es vielleicht
ihrerseits nur eine Masche war und ich erst abwarten wollte.
»Interessant«, brummte Lavers,
nachdem ich geendet hatte. »Es sieht also so aus, als könnten es Martens und
Barry zusammen gewesen sein — oder einer von beiden — oder vielleicht sogar
Woods.«
Ich beobachtete Wintermans
Gesicht, während der Sheriff sprach, und sein schwaches selbstzufriedenes
Grinsen, das einen gerade dann, wenn es gerechtfertigt ist, doppelt ärgert.
»Ich würde der Möglichkeit, daß
einer von den dreien möglicherweise Kowski umgebracht haben kann, keine allzu
große Bedeutung beimessen, Sheriff«, murmelte Winterman, nachdem Lavers geendet
hatte. »Das würden sie nicht riskieren. Kowski wurde von einem gedungenen
Mörder umgebracht, von einem Profi — davon bin ich überzeugt. Mit Martens und
seinen Beziehungen konnte Woods sich einen bezahlten Killer aus jedem
beliebigen Bundesstaat der USA für diese Sache besorgen. Ich vermute, daß der
Killer Kowski, als dieser das Flugzeug verließ, erwartete und mit der nächsten
Maschine schon wieder wegflog. Inzwischen kann er Tausende von Kilometern von
hier entfernt sein.«
Mit dem präzisen Klicken seines
Platinfeuerzeuges zündete er sich eine Zigarette an. »Offen gesagt, ich glaube,
Sie haben nicht die geringste Aussicht, den Mann zu erwischen, aber ich weiß, Sie
müssen es natürlich weiter versuchen. Von meinem Standpunkt aus betrachtet, ist
das die Gelegenheit, auf die ich gewartet habe. Wir haben sie in die Defensive
gedrängt — das beweist die Tatsache, daß sie Kowski umgebracht haben. Ich werde
Woods kommenden Monat Stück für Stück auseinandernehmen, wenn er vor dem Untersuchungsausschuß steht — so auseinandernehmen, daß das
Sägemehl herausrieselt!«
Sein Lächeln wurde breiter. »Es
sind jetzt zwölf Monate her, seit ich hinter Woods her bin, Sheriff. Ich muß sagen,
daß es ein Vergnügen sein wird, die Sache endlich hinter uns gebracht zu haben.
Er ist ein ziemlich widerwärtiges Geschöpf, wenn man ihn näher kennenlernt.«
Die darauf folgende Stille
wurde schließlich durch ein vages Grunzen Lavers ’
beendet.
»Sagen Sie, Lieutnant«, wandte
sich Winterman mit der erhabenen Nachsicht des Professors gegenüber Studenten
im ersten Semester an mich. »Wie fanden Sie Stensen?«
»Ich machte die Augen auf«,
sagte ich betont, »und da stand er.«
Das Lächeln erstarrte auf
seinem Gesicht, aber seinen Augen sah ich an, daß er im Geist bereits die
vertraulichen Empfehlungen hinsichtlich des Sheriff-Büros an denjenigen
entwarf, der vier Etagen über dem Sheriff stand.
»Machte er einen beunruhigten
Eindruck?« fragte er höflich weiter, als wäre nichts geschehen. »So als
bedrücke oder belaste ihn etwas?«
»Mir gegenüber jedenfalls
nicht«, sagte ich. »Er war die ganze Zeit auf Draht, achtete auf alles, und als
er der Ansicht war, ich hätte genug gefragt, brach er das Interview einfach
ab.«
»Das klingt ganz nach Harry!«
lachte er aufrichtig. »Er hat immer alles unter Kontrolle.«
Winterman sah mich sekundenlang
mit eisigen Blicken an, dann wandte er sich betont ab und an Lavers.
»Harry Stensen ist wirklich ein
brillanter Mann«, sagte er, »aber ich glaube, daß ich diesmal am längeren
Hebelarm sitze. Die bevorstehende Auseinandersetzung wird ein amüsantes
Feuerwerk werden — ich kann es kaum erwarten! «
Lavers murmelte
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