Al Wheeler und die letzte Party
Fernglas?« sagte sie. »Vielleicht hat er im
Gebüsch draußen vor dem Fenster gelauert.«
»Aber
wenn er nicht draußen gelauert hat, dann hast du kein Alibi.«
»Na
und?«
»Na
und? Darüber solltest du einmal nachdenken.«
Camille
— dieser Name paßte tausendmal besser zu ihr als
Sandra — schenkte mir ein süßes Lächeln. »Vergißt du dabei nicht etwas, mein Lieutnant ?«
»Zum
Beispiel?«
»Zum
Beispiel, daß Judy und ich zusammen aufgewachsen sind. Ich kenne sie seit
Kindheit. Wenn sie eine Zwillingsschwester hätte, würde ich ohne
Schwierigkeiten sagen können, welche von ihnen Judy ist. Und wenn ich sie hätte
umbringen wollen, dann wäre mir kein solches Versehen unterlaufen.«
»Vielleicht«,
sagte ich, »aber du kennst ihre Vergangenheit aus Oakridge besser als irgendein anderer lebender Mensch. Sie hat Drohbriefe erhalten, die
von jemandem geschrieben worden sind, der ihre Vergangenheit wie seine eigene
Hosentasche kennt.«
»Na
schön!« Ihre Augen blitzten vor Wut. »Was willst du tun — mich verhaften?«
Ich
blickte auf meine Armbanduhr und sah, daß es Viertel nach zwei war. Dann
schüttelte ich den Kopf. »Um diese Zeit — nein. Dazu fehlt es mir an Energie.«
»Okay«,
sagte sie. »Dann also gute Nacht!«
»Auf
bald, Shirl «, sagte ich mit einem deutlichen Unterton
des Bedauerns in der Stimme.
Ich
hatte schon die Wohnungstür erreicht, als ich das unterdrückte Kichern hinter
mir hörte. Ich drehte mich um, und Camille befand sich hinter mir.
»Du
weißt doch, wie ich auf Shirl reagiere«, gluckste
sie. »Die Nacht draußen ist schwarz und kalt, Al Bauer. Weshalb willst du
eigentlich nach Hause gehn ?«
»Nun,
wo du mich fragst, fällt mir kein einziger stichhaltiger Grund ein«, gab ich
zu.
»Und
jetzt bist du dir nicht sicher, ob ich der Mörder bin oder nicht, Bauer«, sagte
sie mit sanfter Stimme. »Sozusagen eine neue Sensation für dich.«
»Wieso?«
»Bist
du sicher, was im nächsten Augenblick passieren wird — plötzlich jage ich dir
ein Messer zwischen die Rippen!« Ihre Augen funkelten boshaft. »Natürlich suche
ich mir dafür den Augenblick
aus!«
»Tod
im Liebesrausch!« sagte ich. »Jedenfalls wird das eine tolle Schlagzeile
liefern.«
9
»Drei
Schüsse hat er auf Ravell abgegeben — und Sie haben
ihn laufenlassen?« fragte Lavers verblüfft.
»Bis
auf weiteres, Sheriff«, stimmte ich höflich zu.
»Und
wenn er Ravell umgebracht hätte, würden Sie ihm
wahrscheinlich einen Vortrag gehalten haben, bevor Sie ihn hätten
laufenlassen?« würgte Lavers mit erstickter Stimme
heraus.
»Ich
habe ihm seinen Revolver weggenommen«, sagte ich entschuldigend. »Und ich habe
ihn davor gewarnt, noch einmal mit Harkness zusammenzutreffen. Ich glaube
nicht, daß ich etwas getan habe, was irgendwelchen Schaden anrichten könnte.«
»Wenn
es aber doch der Fall sein sollte, werde ich dafür sorgen, daß Sie Ihre Portion
abkriegen!« Aus seinem Munde klang dieses Versprechen eher wie eine Drohung.
»Alles, was Sie mir erzählt haben, scheint die ganze Angelegenheit nur noch
komplizierter zu machen. Die früheren Vorfälle in Oakridge — diese Shane, die Ravells Geliebte geworden ist —,
Harkness mit seiner krummen Tour. Luther mit seinem Mordversuch. Es scheint,
als kämen wir überhaupt nicht weiter!«
»Nein,
Sir«, stimmte ich ihm zu.
»Sitzen
Sie nicht herum und sagen Sie nicht ja und amen zu allem, was ich sage!«
brüllte er. »Sehen Sie zu, daß Sie hinauskommen und etwas unternehmen!«
»Ja,
Sir.«
»Und
kommen Sie nicht zurück, bevor Sie etwas erreicht haben — andernfalls brauchen
Sie überhaupt nicht wiederzukommen.«
»Dann
werde ich meine Memoiren schreiben«, entgegnete ich mit Würde. »Ich habe
bereits einen zugkräftigen Titel: Vom Halbstarken zum Polizeichef.«
»Raus!«
brüllte Lavers .
»Vergessen
Sie nicht, Sheriff«, sagte ich ruhig, »daß ich Ihnen das Buch widmen könnte.«
Hastig schloß ich die Tür hinter mir, für den Fall, daß er mit festen
Gegenständen nach mir werfen würde. Annabelle Jackson hob ihr honigblondes
Haupt und blickte mich neugierig an.
»Manchmal
habe ich den Eindruck, Sie versuchen ihn umzubringen«, sagte sie nachdenklich.
»So wie Sie absichtlich seinen Blutdruck in die Höhe treiben. Ich werde ohne zu
zögern als Kronzeugin der Anklage gegen Sie auf treten.«
»Ein
sehr geschickter Schachzug«, sagte ich bewundernd. »Mich als Sündenbock
hinstellen zu wollen. Wo Sie ganz genau wissen,
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