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Al Wheeler und die Malerin

Al Wheeler und die Malerin

Titel: Al Wheeler und die Malerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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anders
aus als in der vorhergegangenen Nacht — noch immer war es ein nettes ruhiges
Appartementgebäude in einer netten ruhigen Gegend. Ich drückte auf den Summer
von vier B, erwartete, daß eine Wassernymphe die Tür öffnen würde, und erblickte statt dessen einen Wurm.
    Er war ein richtiger Wurm, der
aussah, als habe er ein Leben lang Abzugsrohre von innen repariert.
    Ein verkümmerter Zwerg, der
höchstens ein Meter sechsundfünfzig groß war. Was ihm an Größe fehlte, wurde
durch einen riesigen Kopf ausgeglichen, der wie ein Ballon an einer Stange
aussah. Der Gesamteindruck war ausgesprochen makaber, betont durch die dicken
Gläser seiner Hornbrille und das Dickicht weißblonden Haares, das nach allen
Richtungen wuchs.
    »Wollen Sie etwas ?« fragte der Wurm mit weichem und verblüffendem Baß .
    »Bella Bertrand«, sagte ich und
schob mich an ihm vorbei in das Appartement.
    Sie saß im Joga-Stil auf dem
Boden zu Füßen der Staffelei, auf der in der gestrigen Nacht die lepröse
Orchidee gestanden hatte. Der weiße Kittel war durch einen schwarzen, wegen
seiner Winzigkeit kaum existenten Bikini ersetzt. Neben ihr auf dem Boden lag
ein roh gezimmerter Holzrahmen, und über einem Knie war ein Stück Leinwand
drapiert. Sie hatte mit dem Lineal zwei Linien darauf gezogen und schnitt an
einem Rand mit einer Friseurschere herum.
    »Verdammter Mist !« sagte sie soeben zornig. Sie warf die Leinwand beiseite
und entwirrte ihre schlanken Beine, als sie mich sah.
    »Hallo, Bella !« sagte ich. »Die Zeiten müssen schlecht geworden sein, wenn Sie Ihre eigene
Leinwand zurechtschneiden müssen .«
    Sie lächelte mir strahlend zu.
»Hallo, Al !« sagte sie mit ihrer sinnlich-trägen
Stimme. »Ich würde Sie bitten, es für mich zu machen; aber mit dem Zeug könnten
Sie noch nicht mal Butter schneiden .« Sie war
aufgestanden. »Haben Sie neuerdings irgendwelche prima Mörder erwischt ?«
    Die Vorderansicht dieses
sonnengebräunten Körpers war ein atemberaubendes Panorama, kaum beeinträchtigt
durch die beiden schwarzen Stoffstreifen, die hilflos um die üppigen Rundungen
hingen. Ihre nackte Magengegend war mit einem Streifen purpurroter Farbe
verschmiert, die bereits getrocknet war. Vermutlich hatte sie vor noch nicht allzulanger Zeit geistesabwesend dort einen Pinsel
abgestrichen. Die langen rabenschwarzen Flechten hingen ihr über die Schultern,
so daß sich die Enden behaglich um die schwellende Rundung ihrer vollen Brüste
lockten.
    In ihren blauschwarzen Augen
glitzerte es amüsiert. »Sie haben wohl Ihre Ansicht geändert, Al? Sicher wollen
Sie jetzt einen Hinterteilvergleich anstellen und
sich nicht mehr länger auf mein Wort verlassen. Ich wette, deshalb sind Sie
zurückgekommen .«
    »He !« dröhnte hinter mir eine zornige Stimme, und dann packte eine Hand meinen
Ellbogen und drehte mich um. »Für wen halten Sie sich eigentlich, daß Sie hier
einfach hereinplatzen ?« fragte der Wurm wütend.
    »Er hält sich für einen Polizeilieutenant , Baby«, sagte Bella gut gelaunt, »und er
hat recht . Lieutenant Al Wheeler.«
    »Ja?« Die dicken Brillengläser
funkelten mich mißtrauisch an.
    »Das hier ist einer meiner
Freunde, Al«, fuhr sie fort. »Lambert Pierce.«
    »Bella hat eine Neigung, die
Dinge unterzubewerten , Lieutenant .« Pierce lächelte unangenehm. »Freund ist nicht der richtige Ausdruck
dafür .«
    »Wie wäre es dann mit
>Bekannter< ?« Ich erwiderte das unangenehme
Lächeln mit einigen zusätzlichen widerwärtigen Nuancen eigener Machart.
    » Lammie «,
sagte Bella kühl, »bitte errege dich nicht so. Ja? Du weißt, daß dann immer
deine Brille beschlägt .«
    »Na gut!« Er holte tief Luft.
»Sie scheinen ein gesundes Exemplar zu sein, Lieutenant. Das ist vermutlich die
vordringlichste Forderung, die an einen Gesetzeserzwinger gestellt wird: Muskelkraft ?«
    »Was tun Sie eigentlich sonst
noch, außer Leute beschimpfen ?« fragte ich
interessiert.
    »Ich bin zufällig Schriftsteller«,
sagte er in eisigem Ton, »einer dieser unheimlichen Leute, die Sie nicht
verstehen können — ein Intellektueller .«
    »Erzähl ihm von deinem Roman, Lammie .« Bellas warme Stimme hatte
einen unwiderstehlich eindringlichen Unterton. »Da wird er aus den Pantinen
kippen .«
    »Wenn ich ein entsprechend
primitives Vokabular finden kann«, sagte Pierce zweifelnd. »Haben Sie je ein
Buch gelesen, Lieutenant ?«
    »Sie meinen das Zeug, bei dem
sich zwischen den Worten keine Bilder befinden ?« Ich starrte
ihn an.

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