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Al Wheeler und die Malerin

Al Wheeler und die Malerin

Titel: Al Wheeler und die Malerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die Leinwand. »Der Teufel soll dich holen !« sagte sie wütend. »Sieh, was du jetzt getan hast, du mißgestalteter kleiner Zwerg !«
    Ich sah, wie sich der Nebel
schnell über die dicken Brillengläser verteilte, und hatte den Eindruck, es sei
an der Zeit, zu Wort zu kommen.
    »Warten Sie doch bitte mit dem Zanken,
bis ich wieder weg bin«, schlug ich vor. »Ich bin gekommen, um noch ein paar
Fragen zu stellen, und bis jetzt habe ich nichts als unzutreffende Antworten
erhalten .«
    »Werden wir uns über den
verstorbenen und unbeweinten Gilbert Hardacre , Pfandleiher der Kunst und Verführer der
Einfältigen im Geiste, unterhalten, Lieutenant ?« fragte Pierce schwerfällig. »Ausgezeichnet! Es wird mir ein Genuß sein .«
    Bella Bertrand hatte ihre
Arbeit aufgegeben, nachdem sie die Leinwand durchstoßen hatte, und lag nun ausgestreckt
auf einer altertümlichen Couch, die Hände unter dem Kopf. Die nach oben
gereckten Arme hatten zugleich ihre Brüste um lebenswichtige zwei Zentimeter
angehoben, und ich dachte, ein tiefer Atemzug würde ausreichen, um den
dürftigen Verschluß des Bikinibüstenhalters zu
sprengen. Es war ein atemberaubender und irritierender Gedanke, und so blickte
ich wieder in Pierces abstoßendes Gesicht, während ich mir eine Zigarette
anzündete.
    »Sie waren heute
abend mit ihm zum Essen verabredet«, sagte ich leichthin. »Wir fanden
Ihren Brief in seiner Schreibtischschublade .«
    »Er bezahlte für das Essen, und
ich entschädigte ihn dadurch, daß ich so tat, als hörte ich dem widerwärtigen
kommerziellen Geschwätz zu, das er als die wohlüberlegten Ansichten eines
Kunstexperten ausgab. Ich ärgere mich über Gilbert Hardacre ,
Lieutenant. Im Leben habe ich ihn verabscheut, aber im Tod hat er mich
gezwungen, ihn zu beneiden .«
    »Wieso ?« fragte ich vorsichtig.
    »Daß einem Schwindler wie ihm
ermöglicht wurde, den äußersten Triumph, den es für einen wahren Künstler gibt,
zu erlangen .« Er schüttelte verzweifelt den Kopf. »Es
gibt keine Gerechtigkeit, Lieutenant, keine !«
    »Würden Sie mir das bitte näher
erklären ?« flehte ich.
    »Cézanne hat es mit einem Satz
verewigt: >Ich schwöre, malend zu sterben .< Worauf kann ein wahrer Künstler sonst noch hoffen?«
    » Lammie «,
sagte Bella, starr zur Decke aufblickend, »für heute abend reicht es mir. Geh jetzt nach Haus zu deinem Sumpf. Ja? Mehr Schlamm kann ich
im Augenblick nicht vertragen .«
    »Du weißt, ich bleibe niemals,
wenn meine Person beginnt, an Reiz zu verlieren, Baby .« Er kicherte vergnügt. »Der Spaß wird nie mehr so schön sein, nun, nachdem der
Lieutenant nicht darüber gelacht hat. Wie?«
    »Wir sind alle verrückt, Lammie , aber du bist am verrücktesten !« sagte sie, und in ihrer Stimme lag ein seltsamer Unterton, der nicht weit von
Zuneigung entfernt schien. »Geh und habe deine Halluzinationen irgendwo anders,
mein Bedarf an Verrücktheiten ist jetzt gedeckt .«
    »Jetzt habe ich dich mal
erwischt, Baby. Nicht wahr ?« sagte Pierce mit
gewaltiger Befriedigung. »Nun, nachdem du deinen eigenen Sumpf hast, ist es gar
nicht mehr so sehr zum Lachen. Auf der einen Seite ist es die Orchidee und auf
der anderen die robuste Beziehung, und zwischen beidem ist Blut verspritzt.
Deshalb zerschmilzt das Ganze auch zu einer einzigen süß riechenden verwesenden
Masse, weil...«
    »Verschwinde !« sagte sie mit dünner Stimme. »Noch ein einziges Wort, Lammie ,
nur eins!«
    »Was tust du dann, Baby ?«
    »Ich werde dir deine Brille zerschmeißen «, flüsterte sie mit rauher Stimme. »Und dann nehme ich dich an der Hand, führe dich in ein Klosett und
verschließe die Tür .«
    Sein Kopf machte eine
plötzliche ruckartige Bewegung; er wandte sich von mir ab und strebte in einem
ungeschickten Trott, halb Gehen, halb Rennen, der Tür zu. Zum Zeitpunkt, als er
dort angelangt war, befand er sich in vollem Lauf.
    Als seine Schritte verklungen
waren, stand Bella von der Couch auf und ging auf eine der beiden Türen des Ateliers
zu, wobei ihre Hüften betont rhythmisch hin und her schwangen, geradezu wie
eine Parodie auf ihren gewohnten Gang.
    »Danach brauche ich etwas zu
trinken«, sagte sie. »Wie steht’s mit Ihnen ?«
    »Scotch ?« sagte ich erwartungsvoll. »Auf Eis mit ein bißchen Soda?«
    »Ich habe Bourbon und kein
Eis«, sagte sie gleichmütig. »Wollen Sie etwas ?«
    »Ich glaube nicht, danke«,
sagte ich.
    »Zum Kuckuck!« Ihre Schritte
verlangsamten sich etwas. »Wie steht’s mit Kaffee? Ich brauche

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