Al Wheeler und die Malerin
ihn nur
aufzugießen .«
»Das klingt gut«, sagte ich,
»schwarz und ohne Zucker .«
»Sie sind ein Schlaumeier«,
sagte sie. »Sie tun, als ob Ihnen irgendeine Wahl bliebe .«
Sie verschwand in der Küche und
kam eine Minute später mit einem Tablett zurück. »Setzen Sie sich dort auf die
Couch«, sagte sie. »Wenn Sie die ganze Zeit stehen, werden Sie zu einem kleinen
Jungen zusammengeschrumpft sein, ehe Sie sich’s versehen .«
Ich gehorchte, und sie stellte
das Tablett auf einen dreibeinigen Hocker, der vor der Couch stand, und ließ
sich dann neben mir auf die Polster fallen, so nahe, daß sich ihr
wohlgerundeter Oberschenkel angenehm an dem meinen rieb.
»Sie sind die reine Nemesis«,
sagte sie mit düsterer Stimme, während sie Kaffee einschenkte.
»Nun stellen Sie schon Ihre
lausigen Fragen, Lieutenant. Ich weiß, daß ich ja doch nicht um sie herumkomme .«
»Erzählen Sie mir von Gilbert Hardacre «, sagte ich leichthin. »Was für ein Typ Mann war
er ?«
»Warum soll ich nicht gleich
die Frage beantworten, die Sie bis jetzt noch nicht gestellt haben ?« Sie blickte mich mit spöttischem Funkeln in den
Holzkohlenaugen an. »Natürlich hatte ich ein Verhältnis mit Gil — und es war
>robust<, wie Lammie der Wurm mit solcher
Lautstärke behauptet hat .«
Sie machte eine kurze Pause.
»Aber ich fürchte, ich kann Ihnen nicht schildern, was für ein Typ Mann Gil
war, denn ich habe mir nie die Mühe gegeben, dahinterzukommen. Als
gesellschaftlicher Umgang hat er mich gelangweilt .«
»Wie ?« sagte ich verdutzt.
»Wir alle haben unsere
speziellen Nöte, Al«, sagte sie mit gespielt verlegener Stimme. »Gil nahm sich dieser meiner Nöte in vorbildlicher Weise an —
er hatte eine gewisse vitale körperliche Anziehungskraft. Und es war alles so
bequem: Er wohnte ja gleich über dem Flur drüben. Ich brauchte noch nicht einmal
Schuhe anzuziehen, um ihn zu besuchen, wann immer ich dazu Lust hatte .«
»Wann haben Sie ihn
kennengelernt ?«
»An dem Tag, als er drüben in
das Appartement einzog. Er kam herüber, um sich zu einem Drink einladen zu
lassen, und redete gewaltig daher, daß wir doch beide Künstler seien und welch
ein Zufall es wäre, daß wir einander gegenüber wohnten. Dann kam er mit der
Bewunderungs-Masche: Ein Blick auf meine Orchidee, und er erkannte sofort, daß
ich ein wirkliches Genie sei, während er nur ein bescheidenes Talent hätte, das
ihm tausend Dollar pro Porträt einbrachte und dazu mehr Arbeit, als er
bewältigen konnte. Ich ertrug es etwa eine Viertelstunde lang, dann hielt ich
es nicht mehr aus. Ich packte seine Hand und führte ihn ins Schlafzimmer. Er
redete noch immer, als ich das Licht ausknipste. Aber nach diesem erstenmal war die Beziehung gefestigt, und er wußte, daß er
mich nicht mehr zu beschwindeln brauchte .«
»Was halten Sie von seiner
Arbeit ?«
Sie nippte an ihrem Kaffee und
zuckte dann ausdrucksvoll die Schultern. »Bis gestern abend habe ich überhaupt nichts von ihm gesehen. Wenn ich es mir recht überlege, so
war das einzige Bild, das er je ausdrücklich erwähnt hat, das Porträt, das er
von dieser Mayer malte. Die Leinwand war immer zugedeckt, wenn ich in seinem
Appartement war. Er sagte, er sei in diesem Punkt abergläubisch und niemand
dürfe seine Arbeit sehen, bevor er fertig sei .«
»Haben Sie in seinem
Appartement außer Janine Mayer jemals irgendwen angetroffen ?«
»Zweimal sagte er, er erwarte
Besuch, und so blieb ich an diesen Abenden hier. Er war aus Los Angeles
hierhergezogen — ich glaube, das wissen Sie? — , und
so kannte er nicht viele Leute. Da war ein Mann, den ich zweimal antraf. Einer
dieser zottigen Bärentypen, die es als das Äußerste an Kultur empfinden, wenn
sie einen die ganze Zeit mit > Babe < anreden und
so in den Hintern kneifen, daß es jeweils fünf Quadratzentimeter große blaue
Flecken gibt. Er war ein großes Tier — das sind solche Typen immer, und sie
erzählen auch fortgesetzt davon, damit man es ja keine Sekunde lang vergißt. Er
war in der Ölbranche oder etwas Schmuddeligem tätig .«
»Es war nicht George Mayer ?«
»Nein — es war irgendwas, das
an Schilfe erinnert .«
»Hal Dekker?«
»Ja, stimmt! Er und Gil waren
schrecklich miteinander befreundet. Sie wissen schon — sie waren Busenfreunde
seit...und so weiter .«
»Wie steht es mit Lambert
Pierce? Er war wohl auch mit Hardacre befreundet,
nicht wahr ?«
»Ich habe die beiden
miteinander bekannt gemacht«, sagte sie mit müder Stimme.
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