Al Wheeler und die nackte Blondine
für Anita wie für mich. Wenn Sie Fragen an
sie zu richten haben, kann das doch sicher warten, bis...«
»Kommt nicht in Frage«, sagte
ich.
»Ich muß es ihm sagen«,
murmelte das Mädchen.
»Nein!« Madden fuhr von seinem
Stuhl hoch. »Sei nicht so dumm, Anita!«
»Vielleicht ist es besser so?«
sagte sie. »Sicherer? Er weiß wahrscheinlich bereits, daß ich es war, der
Thompson engagiert hat.«
»Das haben Sie mir doch gleich
am Anfang erzählt«, sagte ich.
»Ich rede nicht von Ihnen«,
erwiderte sie kalt.
»Wovon zum Kuckuck sprechen Sie
dann?« knurrte ich.
»Von Hardesty«, antwortete sie.
»Wer immer das ist.«
Meine Gedanken schwirrten umher
wie ein aufgescheuchter Fliegenschwarm. »Hardesty?« murmelte ich.
»Hardesty ist ein Alptraum«,
sagte sie. »Eine Stimme am Telefon. Jemand, der Zwangsvorstellungen auslöst.«
»Du bist albern, Anita.« Madden
wischte sich erneut die Stirn, stopfte das Taschentuch wieder in die
Brusttasche und stand auf. »Ich will mit alldem nichts zu tun haben, gar
nichts. Und ich warne dich, Anita — das wirst du entgelten müssen!«
Mit hängenden Schultern verließ
er das Zimmer und wirkte dabei plötzlich wie ein alter Mann.
»Wollen Sie sich nicht setzen?«
fragte ich das Mädchen.
»Das soll wohl ein Witz sein?«
zischte sie.
»Entschuldigung«, murmelte ich.
»Ich habe fast vergessen, was vorgefallen ist.«
»Sie können mir was zu trinken
bringen«, sagte sie. »Irgendwas, nur viel und ohne Eis.«
Ich ging zur Bar und goß Drinks
ein. Dann brachte ich ihr ein Glas. Sie nahm einen Schluck und erstickte
beinahe daran.
»Ich hätte es seit gestern
abend wissen sollen«, sagte ich.
»Ich auch!« keuchte sie. »Wo,
verdammt, soll ich eigentlich anfangen?«
»Wo Sie wollen«, sagte ich
hilfsbereit.
»Corinne war immer die
Ausgelassenere von uns beiden«, sagte sie. »So wie sie aussah und gewachsen
war, muß das wohl unvermeidlich gewesen sein.«
»Was war unvermeidlich?«
»Daß sie eine Nutte wurde.
Callgirl ist der höfliche Ausdruck dafür. Dann starb eines Nachts ein Kunde von
ihr in ihrem Apartment. Er kam durch einen Herzinfarkt um, aber wenn jemand
herausgefunden hätte, wo er gestorben und mit wem er zusammen gewesen war,
hätte das in dieser Stadt einen Heidenskandal ausgelöst. Deshalb rief Corinne
mich mitten in der Nacht an, halb außer sich, und der einzige Mensch, den ich
zu Hilfe rufen konnte, war Bruce. Irgendwie brachte er sie heil aus der Affäre
heraus. Die Details hat er mir nie erzählt, und ich habe ihn auch nicht danach
gefragt, weil ich ihm zu dankbar war. Aber er sagte, es sei wichtig, daß
Corinne wegfahren und wegbleiben würde. Also verschwand sie nach Los Angeles,
und ich dachte, alles sei in Butter. Das war es auch beinahe ein Jahr lang,
dann zog mir jemand den Teppich unter den Füßen weg.«
»Wie das?« fragte ich
aufmunternd.
»Eines Abends, als Bruce auf
Geschäftsreise war, meldete sich eine Stimme am Telefon«, sagte sie erschöpft.
»Ein Mann. Er sagte, er heiße Hardesty und es spiele keine Rolle, wenn ich noch
nie was von ihm gehört hätte. Aber über mich und meine kleine Schwester in Los
Angeles wüßte er alles. Dann erzählte er mir in allen Einzelheiten, was in der
Nacht, als der Kerl in Corinnes Apartment gestorben war, vorgefallen war. Aber
er behauptete, der Mann sei keineswegs an einem Herzanfall umgekommen. Er sei
ein Sadist gewesen und hätte angefangen, auf Corinne einzudreschen. Sie hätte
eine Flasche genommen und sie ihm über den Kopf geschlagen. Als er stürzte, sei
er mit dem Kopf gegen die Ecke einer Kommode geknallt und so ums Leben
gekommen. Natürlich, so sagte Hardesty, hätte sie damals Notwehr geltend machen
können, aber dazu sei es jetzt zu spät. Ich sagte, er sei total übergeschnappt
und ich hätte keine Ahnung, wovon er redete. Darauf behauptete er, er habe
Beweise und würde am nächsten Tag jemand vorbeischicken, der sie mir zeigen
könne. Dieser — dieser Halunke tauchte am nächsten Morgen tatsächlich auf.«
»Wie sah er aus?«
Ihre Beschreibung traf ziemlich
genau auf Joe Fennick zu.
»Er hatte einen kleinen
Projektor bei sich und einen Film«, fuhr sie mit matter Stimme fort. »Auf ihm
war zu sehen, daß alles so abgelaufen war, wie Hardesty behauptet hatte.
Corinne hatte den Mann tatsächlich mit der Flasche auf den Kopf geschlagen, und
er war mit dem Schädel gegen die Ecke der Kommode gestürzt.« Sie schüttelte
flüchtig den Kopf. »Es war scheußlich anzusehen.
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