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Al Wheeler und die Nackte

Al Wheeler und die Nackte

Titel: Al Wheeler und die Nackte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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auf ihren langen und mühsamen Weg hinauf zur Straße machten.
    »Es muß sich um eine Art
Naturtalent handeln«, sagte er nachdenklich. »Vielleicht auch um übernatürliche
Fähigkeiten.«
    »Was reden Sie da nun wieder?«
wollte ich wissen.
    »Ich rede von Ihrer
unheimlichen Begabung, an den unwahrscheinlichsten Orten Leichen aufzugabeln«,
sagte er. »Vielleicht sind Sie der siebente Sohn eines siebenten Sohnes?«
    »Seit wann ist sie tot?«
    »Waschhaut«, sagte er. »An
beiden Händen.«
    »Sie reden schon wieder
chinesisch«, knurrte ich.
    »Nach ein paar Stunden im
Wasser beginnt sich die Haut zu runzeln, und zwar zuerst an den Fingerspitzen.
Nach achtundvierzig Stunden erstreckt sich das auf die gesamte Hand. Die Frau
muß also in jedem Fall seit mindestens achtundvierzig Stunden tot sein. Wenn
Sie genauere Angaben haben wollen, müssen Sie das Ergebnis der Obduktion ab
warten.«
    »Glauben Sie, daß sie ertrunken
ist?«
    »Hier kann ich Sie nur auf
meine soeben gegebene Antwort verweisen«, sagte er von ganz oben herab. »Die
Leiche weist eine Menge Quetschungen auf. Das ist nach achtundvierzig Stunden,
in denen sie fortgesetzt gegen Felsen geschleudert worden ist, kaum anders zu
erwarten.«
    »Ich stelle bei mir ein immer
wiederkehrendes Symptom fest«, sagte ich gedankenvoll. »Und zwar jedesmal , wenn Sie Ihr Mundwerk laufen lassen. Es beginnt
mit einem Gefühl großer Unruhe und Ungeduld. Nach einer Weile wird offenbar ein
erhöhtes Quantum Adrenalin ins Blut abgegeben, und der Bizeps beginnt zu
zucken. Schließlich entsteht dieser nahezu unwiderstehliche Drang, Ihnen eines
auf die Klappe zu geben. Glauben Sie, daß ich da irgendeine Krankheit
ausbrüte?«
    »Manischer Egotismus«, sagte er
prompt. »Das ist bei geistig Minderbegabten ein häufiges Symptom. Der
angeborene Respekt vor höherer Intelligenz verwandelt sich in ein Verlangen
nach dem Unerreichbaren und schließlich in den primitiven Wunsch, auf die einzige
Weise, die ein Schwachsinniger kennt, nämlich durch körperliche Gewalt, mit dem
anderen gleichzuziehen.«
    »Wie sind Sie bloß Arzt
geworden, ohne von irgendwas auch nur die geringste Ahnung zu haben?« fragte
ich in verwundertem Ton.
    »Es war nicht ganz einfach«,
gestand er. »In den ersten drei Jahren meiner Praxis wunderte ich mich
fortgesetzt darüber, daß jeder mich für einen Fußpfleger hielt, aber dann
merkte ich, daß ich bloß mein Schild am Haus unten verkehrt herum aufgehängt
hatte.«
    »Wann können Sie die Obduktion
vornehmen?« fragte ich, denn ich pflege gleich zu merken, wenn ich den Kürzeren
gezogen habe.
    »Heute am späten Nachmittag«,
sagte er. »Es sieht ganz so aus, als ob ich einen anregenden Tag vor mir
hätte.«
    »Ist es Ihnen jemals passiert,
daß Sie in einen Spiegel geschaut und festgestellt haben, daß Sie sich darin
gar nicht sehen?« murmelte ich.
    »Ja, und ich trinke auch Bloody Marys aus echtem Blut«, sagte er heiter. »Medizin
ist ein vergnüglicher Beruf. In jeder anderen Branche würden mir dauernd Leute
wie Sie Alpträume verursachen.«
    »Warum schlagen Sie dann nicht
endlich mit den Flügeln und fliegen davon?« fragte ich.
    Wir gingen den Strand entlang
an der Hütte vorbei und kletterten den langen, gewundenen Pfad zur Straße
hinauf. Murphy stieg in seinen Wagen, winkte mir mit einem Finger zu und fuhr
ab. Ich zwängte mich auf den Fahrersitz des Healey neben ein verkrampft
dasitzendes Bündel weiblichen Elends und ließ den Motor an.
    »Ich habe beobachtet, wie man
sie vom Strand heraufgebracht hat«, sagte Donna leise. »Es war entsetzlich. Als
ich sah, daß sie sie auf einer Bahre trugen, wußte ich, daß sie tatsächlich tot
war. Noch nicht einmal, nachdem du sie aus dem Wasser gezogen hattest und ich
sie auf dem Strand liegen sah, war ich wirklich überzeugt, daß sie nicht mehr
lebt. Verstehst du das?«
    »Sie muß seit achtundvierzig
Stunden tot sein«, sagte ich, während der Wagen anfuhr.
    »Zwei Tage?« Sie schauderte.
»Ich muß immer wieder an gestern nacht denken, Al. An
uns beide, meine ich. Schwimmen und im Wasser Unsinn treiben, miteinander
schlafen...und die ganze Zeit über trieb sie dort in diesem Felsenteich.«
    »Das konnten wir schließlich
nicht wissen«, sagte ich. »So was wie deine Einstellung bezeichnet man als
>negative Denkweise<.«
    »Mir ist völlig egal, wie man so
was nennt«, sagte sie heftig. »Ich habe ganz einfach das Gefühl, ich würde am
liebsten unter einen Felsen kriechen und sterben.«
    Damit

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